Marktwirtschaft „Wir brauchen eine liberale Gegenwehr“

Der Unternehmer und Kinderbuchautor Enno Samp kritisiert die marktfeindliche Haltung. Vor allem stört sie ihn in vielen Kinderbüchern. Quelle: imago images

Der Unternehmer und Kinderbuchautor Enno Samp kritisiert die marktfeindliche Haltung in vielen Kinderbüchern – und hat ein Gegenprojekt gestartet. So bekannt wie Pippi Langstrumpf oder die Kleine Hexe ist es noch nicht.

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Enno Samp ist studierter Ökonom und Musikwissenschaftler. Von 2003 bis 2010 leitete er die Public-Relations-Abteilung der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Derzeit arbeitet er freiberuflich als PR- und Eventmanager für Musikprojekte. Seit 2017 übersetzt und vertreibt er zudem die Kinderbücher über die Abenteuer der Tuttle-Zwillinge in Deutschland.

Herr Samp, Sie übersetzen, drucken und vertreiben illustrierte Kinderbücher, in denen den Kleinen die Vorzüge einer freien Marktwirtschaft und privaten Unternehmertums erklärt werden. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Mir ist beim Verschenken und Vorlesen von Kinderbüchern aufgefallen, dass dort freier Handel, Marktwirtschaft und Unternehmertum häufig negativ konnotiert sind, während staatliche Eingriffe in die Wirtschaft, aber auch Dinge wie der Euro grundsätzlich positiv dargestellt werden. Viele Kinderbücher transportieren Inhalte, die der politischen Korrektheit geschuldet sind. Es fehlt eine kritische Sicht auf Dinge wie Staat, Regierung und Eingriffe in die Wirtschaft. Mir hat das nicht gefallen, denn seit ich die Österreichische Schule der Nationalökonomie kennengelernt habe, bin ich von einer möglichst freien Marktwirtschaft überzeugt. Diese hat im Übrigen auch soziale Vorteile. Also habe ich nach Kinderbüchern mit klassisch-liberalem Inhalt gesucht und bin im Internet auf die Bücher der Tuttle-Zwillinge von Connor Boyack gestoßen.

Der Autor der Kinderbücher ist und in den USA eine marktwirtschaftliche Denkfabrik gegründet hat.
Ich habe Boyack kontaktiert und ihm vorgeschlagen, seine Bücher ins Deutsche zu übersetzen und sie hier zu vertreiben. Mittlerweile sind sieben Bücher der Tuttle-Zwillinge auf dem deutschen Markt erhältlich.

Enno Samp ist studierter Ökonom und Musikwissenschaftler. Von 2003 bis 2010 leitete er die Public Relations-Abteilung der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Derzeit arbeitet er freiberuflich als PR- und Eventmanager für Musikprojekte. Seit 2017 übersetzt und vertreibt er zudem die Kinderbücher über die Abenteuer der Tuttle-Zwillinge in Deutschland. Quelle: PR

Ihre Bücher vertreiben Sie unter anderem über Ihre Website „Kinder der Freiheit“. Der Name scheint Programm zu sein.
Durchaus, die Bücher über die Tuttle-Zwillinge sollen Kindern im Grundschulalter eine freiheitlich-marktwirtschaftliche Sicht auf die Welt nahebringen. Grundlage eines jeden Buches ist ein großer Klassiker der liberal-libertären Literatur. Boyack hat die Kernaussage der Werke in bebilderte Kindergeschichten übertragen, in deren Mittelpunkt die Erlebnisse der Tuttle-Zwillinge stehen.

Welche Werke dienen den Büchern als Vorlage?
Das Buch „Die Suche nach Atlas“ zum Beispiel basiert auf dem Kultroman „Atlas shrugged“ von Ayn Rand. Anhand einer Zirkusgeschichte erfahren die Leser, wie wichtig Leistungsträger für eine Gesellschaft sind und was passiert, wenn man sie nicht als solche behandelt, sondern einem sozialistischen Gleichheitsideal hinterherläuft. Dann kommt es zum wirtschaftlichen Niedergang. Das Buch „Der Weg nach Surfdom“ beruht auf dem Werk „Der Weg in die Knechtschaft“ des Wirtschaftsnobelpreisträgers Friedrich August von Hayek. Die Tuttle-Zwillinge erleben darin am Beispiel des Baus einer neuen Straße zu einem Badeort, wie staatliche Planwirtschaft das Leben der Menschen ruinieren kann. Das Buch „Das Gesetz“ beruht auf einem Essay des französischen Ökonomen Frédéric Bastiat und ist eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Rolle des Staates in der Gesellschaft.

Enno Samp hat nach Kinderbüchern mit klassisch-liberalem Inhalt gesucht und ist im Internet auf die Bücher der Tuttle-Zwillinge von Connor Boyack gestoßen. Quelle: PR

Wie viele Leser haben Sie mit Ihren Büchern bisher erreicht?
Wir nähern uns im deutschsprachigen Raum der Marke von 10.000 verkauften Exemplaren. Das ist zwar noch längst nicht so viel wie in den USA, wo sich die Bücher schon weit mehr als 500.000 Mal verkauft haben. Aber es geht auch hierzulande aufwärts. Und das Projekt schreibt von Anfang schwarze Zahlen.

Welches Buch der Reihe hat sich am besten verkauft?
Unser Bestseller ist „Der wunderbare Bleistift“, ein Buch, das auf dem berühmten Essay „I, the Pencil“ von Leonard Read beruht. Es erklärt anhand der Herstellung eines Bleistifts, welche ausgefeilten Wertschöpfungsketten hinter einem so täglichen und – so betrachtet nur auf den ersten Blick – simplen Produkt stehen, wie menschliche Arbeitsteilung funktioniert und wie Handel und friedliche Kooperation den Wohlstand erhöhen.

von Malte Fischer, Bert Losse

Sie sagen, die Bücher richten sich in erster Linie an Kinder im Grundschulalter. Dann müssen Sie erst deren Eltern davon überzeugen, die Bücher zu kaufen.
Die Hauptadressaten sind Kinder im Alter zwischen fünf und zehn Jahren. Aber ich habe auch schon von Erwachsenen die Rückmeldung erhalten, dass sie die Bücher mit großem Gewinn lesen. Wo sonst bekommt man durch eine halbstündige Lektüre einen Einblick in die Kernaussagen eines 1000-Seiten-Wälzers wie den von Ayn Rand? Aber klar, der Absatz unserer Bücher lebt davon, dass Erwachsene auf uns aufmerksam werden und die Bücher für ihre Kinder bestellen. Noch sind wir nicht so bekannt wie Pippi Langstrumpf oder die Kleine Hexe, aber wir arbeiten daran. Viele Eltern wollen dem etatistisch-kollektivistischen Zeitgeist, der in vielen Kinderbüchern herrscht, etwas entgegensetzen. Unsere Bücher bieten da so etwas wie eine liberale Gegenwehr.

Haben es Ihre Bücher schon bis in den Schulunterricht geschafft?
Bisher noch nicht. Obwohl sich gerade ein Buch wie „Der wunderbare Bleistift“ dazu eignen würde, den Kindern die Grundlagen unseres Wohlstandes zu erklären. Und das anhand eines Produktes, das sie kennen und jeden Tag in die Hand nehmen. Dazu kommt, dass wir auf unserer Website zu jedem Buch ein Arbeitsheft anbieten. Für kleinere Kinder gibt es darin Bilder zum Ausmalen, für die größeren verschiedene Rätsel, in denen die wesentlichen Begriffe des Buches noch einmal rekapituliert werden sowie Diskussionsfragen und Aufsatzvorschläge zum Inhalt des Buches, die das Thema weiter vertiefen.

von Malte Fischer, Dieter Schnaas, Julian Heißler, Max Haerder

Welche Buchprojekte stehen als Nächstes an?
Das nächste Buch wird auf dem Werk „Competition and Entrepreneurship“ von Israel Kirzner beruhen, einem Schüler von Ludwig von Mises. Darin geht es um die Bedeutung des freien Unternehmertums für unsere Gesellschaft. Die Tuttle-Zwillinge werden als Unternehmer tätig und lernen, worauf man dabei achten muss. Geplant ist zudem ein Buch basierend auf dem Werk „Die Anatomie des Staates“ von Murray Rothbard. Als Fortsetzung der Kinderbücher hat Connor Boyack gerade ein 400 Seiten umfassendes Taschenbuch veröffentlicht, das sich an Jugendliche wendet. Und auch das wird selbstverständlich auf Deutsch erscheinen. Darin sind die Tuttle-Zwillinge im Teenager-Alter und erleben entsprechende Abenteuer. Auch hier wird es darum gehen, den Lesern zu erklären, warum nicht der Staat, sondern freie Märkte und Arbeitsteilung die Grundlagen unseres Wohlstands sind und zudem auch die sozialen Herausforderungen am besten lösen.

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