Mobilitätsstudie: Das autonome Fahren kommt – doch viele Deutsche wollen nichts davon wissen

Bald Alltag? In einigen amerikanischen Städten werden autonom fahrende Autos schon länger getestet.
Schon an diesem Donnerstag könnte es so weit sein. Mitte August, so hatte die zuständige kalifornische Aufsichtsbehörde es festgelegt, wolle sie entscheiden, ob die beiden Unternehmen Waymo und Cruise, hinter denen die Konzerne Google und General Motors stehen, die Zulassung für den Einsatz vollständig autonomer Autos bekommen. Zweimal hatte sie die Entscheidung vertagt, jetzt wird sie aller Voraussicht nach zu einem Schluss kommen. Noch sind die Routen und Fahrzeiten der Dienste beschränkt: Cruise ist bislang lediglich nachts verfügbar, Waymo nur in einigen Stadtbezirken.
Vorerst geht es nur um die generelle Genehmigung für den Einsatz im Stadtraum San Francisco. Doch die Bedeutung der Entscheidung dürfte weitreichend sein. Was in der kalifornischen Metropole genehmigt ist, könnte – zumindest, wenn es danach keine größeren Probleme mit der Technik gibt – bald in vielen anderen Städten erlaubt sein.
Damit würde das autonome Fahren, seit Jahrzehnten die Vision von Autoingenieuren in aller Welt, endgültig zur Realität. So stellt sich, ebenso wie vor Jahren, als die ersten Elektroautos in die Straßen kamen, die Frage, wie die Gesellschaft die neuen Verkehrsteilnehmer empfangen wird. Je größer die Akzeptanz einer Technik ist, desto schneller setzt sich diese durch. Wie es nicht geht, zeigt sich derzeit an der Wärmepumpe, die sich trotz schlagender technologischer Argumente erstaunlich schwertut in deutschen Städten.
Auch die autonomen Autos stoßen in den USA, wo sie in größeren Tests eingesetzt werden, auf Widerstand. Und in Deutschland, das legt jetzt eine große Studie nahe, dürfte es ihnen nicht besser ergehen. Einmal im Jahr erstellt die Autoversicherung HUK Coburg eine große Mobilitätsstudie, in diesem Jahr wurden dafür gut 4000 Menschen im Land interviewt. Im Mittelpunkt der diesjährigen Sonderauswertung: das autonome Fahren.
Jeder Dritte ist generell dagegen
Die Ergebnisse der Befragung dokumentieren, wie weit verbreitet die den Deutschen unterstellte Technikskepsis ist: Nur neun Prozent der Befragten würden demnach der Zulassung autonom fahrender Autos zustimmen, wenn dadurch die Unfallgefahr auf dem gleichen Niveau bliebe wie heute.
Auch die weiteren Antworten zeigen, dass die Akzeptanz von Autos ohne Fahrer entscheidend davon abhängen wird, wie oft diese in Unfälle verwickelt sein werden. So sprechen sich weitere 18 Prozent für die Zulassung aus, wenn die Unfallgefahr niedriger ist als bei menschlichen Fahrern. 20 Prozent fordern hingegen, die Unfallgefahr müsse „gegen null“ gehen, bevor der Einsatz vertretbar sei. Insgesamt kann sich somit weniger als die Hälfte der Deutschen (47 Prozent) vorstellen, autonomes Fahren überhaupt zuzulassen. Auffällig ist zudem, wie groß neben den vielen Unentschlossenen (21 Prozent) der Kern derer ist, die das autonome Fahren grundsätzlich ablehnen. 32 Prozent aller Befragten würden sich dem autonomen Fahren unter allen denkbaren Umständen verweigern.
Frauen skeptischer als Männer
Dabei gibt es signifikante Unterschiede zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. So sind Frauen deutlich skeptischer als Männer: Vom weiblichen Teil der Bevölkerung stimmen nur 39 Prozent einer Zulassung in irgendeiner Form zu, unter den Männern sind es 55 Prozent.
Unter den radikalen Gegnern der Technik sind derweil besonders viele Ältere: Von den Teilnehmern über 55 Jahren lehnen 43 Prozent das autonome Fahren grundsätzlich ab. Zudem zeigen sich Zusammenhänge mit der allgemeinen Affinität zu Autos und der Offenheit gegenüber neuen Formen der Mobilität. So ist die Ablehnung des autonomen Fahrens unter Menschen ohne Führerschein deutlich geringer (24 Prozent) als in der Gesamtgesellschaft. Noch offener sind Fahrer von Elektroautos (17 Prozent Ablehnende), während unter den Fahrern von Diesel- und Benzin-Autos die Ablehnung leicht überdurchschnittlich ausfällt (36 Prozent).
Wie sich diese Werte weiter entwickeln, dürfte entscheidend davon abhängen, welche Ergebnisse die ersten großen Zulassungen erbringen. Jörg Rheinländer, Vorstand bei der HUK Coburg, resümiert: „Autonomes Fahren hat nur dann eine Chance auf breite Akzeptanz in der Bevölkerung, wenn es das Fahren sicherer macht.“
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