Kürzlich recherchierte ich für einen Beitrag, wie es eigentlich um die mittlerweile recht zahlreichen Startups für Dokumentenmanagement steht. Schon jetzt zeigt sich: Erste Ansätze sind da und sehr viel versprechend, aber einen lange gehegten Traum von mir löst erst einmal noch keiner der Dienste: meine Steuererklärung automatisch zu erledigen. Ist natürlich auch nicht wenig, was ich da verlange. Aber parallel zu meinen Recherchen stellte Google neue Karten seines “Mitdenkdienstes” Google Now für Android 4.1 und 4.2 vor. Was viele womöglich nur nebenbei wahrgenommen haben: Das ist der Beginn dessen, was wir vor einigen Jahren als “Web 3.0” bezeichnet haben.
Zunächst nur in den USA, bald aber auch in Deutschland, soll Google Now etwa Bordkarten so pünktlich aus dem E-Mail-Postfach herausfischen, dass man damit direkt einchecken kann. Vorher wird mir noch angezeigt, wie ich am schnellsten zum Flughafen komme und wie lange die Fahrt dahin dauern wird. Reisen meine Lieblingsbands zu Auftritten an, erhalte ich Nachricht darüber, wann und wo genau. Wann muss ich aus meinem Hotel eigentlich auschecken? Wann trifft meine online bestellte Ware bei mir ein? Läuft ein Film, nach dem ich gesucht habe, bald in einem Kino in meiner Nähe? Wie viele Kilometer habe ich im vergangenen Monat eigentlich zu Fuß oder mit dem Auto zurückgelegt?
Google Now weiß es und zeigt es ohne Nachfrage gleich an. Und Google kann über seinen Knowledge Graph künftig auch in Deutschland genauer zwischen Suchbegriffen unterscheiden. Im offiziellen Blogpost wird Dschingis Khan genannt, was einmal die 70er-Jahre-Band oder der Mongolenfürst des 13. Jahrhunderts sein kann. Semantische Suche, ein Netz, das mitdenkt: Wir sind jetzt so weit.
Geschickte Verknüpfung der Funktionen
Viele dieser Dinge, die Google da vereint, sind für sich genommen nicht neu. Bordkarten archivieren? Apple PassBook. Wie viele Minuten ich bei aktueller Verkehrslage zum Flughafen brauche? Nokia Drive. Wann meine Lieblingsbands in meiner Nähe spielen? Songkick. Neu ist allerdings die Verknüpfung und Sammlung dieser Möglichkeiten in nur einem Dienst. Ich muss nichts aufrufen, es wird mir angezeigt, wann ich es brauche. So heißt es zumindest in der Werbung. In der Praxis ist der Beweis noch schuldig, dass das funktioniert. Lange dürfte es aber nicht mehr dauert, bis Google und sicher auch andere Anbieter unsere Alltagsprobleme auf diese oder ähnliche Weise erfolgreich lösen werden.
Um auf das Anfangsbeispiel mit den Steuern zurückzukommen: Ich bin sicherlich kein fauler Mensch, aber wenn es um die Themen Steuererklärung, Versicherungen und Buchhaltung geht, ist mein Terminkalender plötzlich prall mit anderen Dingen wie “WC reinigen” gefüllt. Die Steuererklärung für 2011 habe ich dem Finanzamt vor einer Woche geschickt. Voraus gingen Wochen, in denen ich mich ärgernd, fluchend und die wenigen noch verbliebenen Haare raufend vor den Anträgen des Finanzamtes saß. Elektronische Steuererklärungen mit Elster-Schnittstelle sind in den vergangenen Jahren sehr viel besser geworden, aber ein roter Faden fehlt noch immer und lästige Aufgaben werden einem nicht abgenommen. Mobile Apps werben mit Screenshots in hübscher iPhone-Optik, in denen ich meine Pendlerpauschale jetzt auch mit dem Smartphone erfassen kann. Startups wie Reposito werben mit der Möglichkeit, dass ich Kassenzettel, Garantieerklärungen und Gebrauchsanweisungen jetzt auch elektronisch erfassen kann. Das löst das Problem aber nicht: Ich will überhaupt nichts erfassen. Ich will meine Ruhe vor Belegen und Rechnungen haben.