
Nur 24 Stunden lagen zwischen den beiden spektakulären Biotech-Meldungen: Gerade erst hatte die US-Schauspielerin Angelina Jolie in der „New York Times“ berichtet, dass ein Gentest ihr mit 87-prozentiger Sicherheit voraussagte, an Brustkrebs zu erkranken. Ihre Brüste habe sie deshalb entfernen lassen, bekannte die Lara-Croft-Darstellerin. Ob das medizinisch sinnvoll war, darüber diskutieren seither Menschen auf der ganzen Welt.
Dann legte das renommierte Fachmagazin „Cell“ nach: Forschern der Oregon Health & Science University in Portland war es 17 Jahre nach der Geburt des Klonschafs Dolly gelungen, auch menschliche Zellen zu klonen. Zwar wollten die Forscher nur Therapien für schwerkranke Menschen entwickeln. Doch die Debatte über das ebenfalls mögliche identische Duplizieren von Menschen brandete sofort wieder auf.
Künstliches Befruchtungserfahren
Derweil bereiten Forscher und Politiker in Großbritannien schon den nächsten Paukenschlag vor: Dort wird über ein Gesetz beraten, das ein ganz neues künstliches Befruchtungsverfahren gestatten soll. Jedenfalls bei Familien, die von einer bestimmten Form von Erbkrankheiten betroffen sind, bei denen die Mitochondrien – die Kraftwerke der Zellen – geschädigt sind. Diese Erkrankungen, die Nerven und Muskeln unterschiedlich stark schädigen und manche Kinder sehr früh sterben lässt, geben nur die Mütter an die Nachkommen weiter.
Um ein gesundes Kind zu zeugen, vereint die neue Technik die gespendete Eizelle einer gesunden Frau mit dem Eizellenkern der kranken Frau sowie der Samenzelle ihres Mannes zu einem Embryo: Aus drei mach eins. Damit gewinnt der Begriff Patchwork-Familie eine ganz neue Bedeutung. Und jetzt schon ist klar: Auch diese Technik wird der Debatte über den Sinn und Unsinn von Gentechnik eine neue Qualität verleihen.





Aber was steckt hinter den Debatten über geklonte menschliche Zellen, Designerbabys und Gentests? Inwiefern wird die Medizin davon tatsächlich profitieren? Mit welchen Biotech-Therapien können Ärzte schon heute heilen? Und welche Ängste sind begründet, welche nicht?
Kaum ein neues Medikament, das heute auf den Markt kommt, ist ohne das Wissen aus der Gen- und Bioforschung denkbar. Startpunkt dieser Entwicklung war der gentechnische Nachbau menschlicher Botenstoffe wie etwa des Blutzucker regulierenden Hormons Insulin.
Die Klon-Debatte
17 Jahre nach der Geburt des Klonschafes Dolly ist es US-Forschern gelungen, auch menschliche Zellen zu klonen. Mit Affen, Pferden, Katzen und vielen anderen Tierarten klappte es schneller.
Der Erfolg lässt die Debatte über die ethischen Grenzen und einen möglichen Missbrauch der Klontechnik erneut aufflammen.
Forscher hoffen Krankheiten zu heilen, indem sie mit dem therapeutischen Klonen embryonale Stammzellen gewinnen und daraus neues, gesundes Gewebe züchten.
Ausgereifte Körperzellen lassen sich heute aber auch sehr gut und ohne ethische Probleme in embryonale Stammzellen zurückprogrammieren.
In Deutschland wäre derzeit jegliches Klonen verboten - sowohl das therapeutische Klonen als auch das Duplizieren von Menschen mithilfe des reproduktiven Klonens.
Bakterien umpolen
Die Idee dabei: Statt zuckerkranken Menschen das Insulin von Rindern oder Schweinen zu spritzen, polten Forscher Bakterien so um, dass sie das menschliche Insulin herstellen konnten. Dazu bugsierten sie die Bauanleitung aus dem menschlichen Erbgut – das Insulin-Gen – in biotechnische Produktionsorganismen wie Hefen oder Darmbakterien. Das klappte so gut, dass Biotech-Unternehmen bald auch Wachstumshormone, Blutgerinnungsfaktoren und Interferone gentechnisch produzierten.
Im Kampf gegen Krebs designten Biotechnologen bald sogenannte Antikörper, die in die Regulations- und Abwehrmechanismen des Körpers eingreifen. Sie sollen die körpereigenen Abwehrtruppen – die Immunabwehr – gezielt auf die Tumore lenken, damit sie diese zerstören.