
Elektronische Bauteile im Gehirn können heute schon Menschen mit schweren Erkrankungen an Nerven und Gehirn helfen – etwa Parkinson-Patienten: Hier lindern die Stromimpulse deren typische Lähmungen und Zuckungen. Auch bei Menschen mit Epilepsien oder Depressionen setzen Hirnchirurgen solche Elektroden ins Gehirn ein. Bisher greifen diese Implantate aber nicht in die Gedächtnisleistung ein. Das soll nun anders werden.
Forscher der University of Southern California und dem Wake Forest Baptist Medical Centre gaben auf einem Fachkongress in Mailand bekannt, dass ein von ihnen entwickelter Hirn-Chip nun auch bei Menschen implantiert werden kann. Das elektronische Bauteil soll Patienten mit Gedächtnisstörungen dabei helfen, sich Dinge wieder merken zu können.
Mensch 2.0 - Welche Techniken und Implantate uns besser leben lassen
Ein Mikrochip im Innenohr (38.000 Euro) lässt Taube wieder hören.
Hirnschrittmacher (ab 31.000 Euro) senden elektrische Impulse ins Gehirn, um epileptische Anfälle, das Zittern von Parkinson-Kranken und Depressionen zu heilen.
Ein Chip erfasst Nervenreize. Denkt ein Proband "Greifen", kann er eine Prothese fernsteuern.
Werden kleine Magnete unter die Haut der Fingerkuppen implantiert (200 Euro), können Menschen elektromagnetische Felder wahrnehmen.
Mit einer vollelektronischen Orthese (60.000 Euro) können Menschen gelähmte Gliedmaßen wieder benutzen.
Mikroelektronik in modernen Prothesen (30.000 bis 40.000 Euro) kontrolliert und steuert innerhalb von Millisekunden die Position des Kunstbeins beim Gehen, Rennen oder Treppensteigen.
Mit superleichten Karbonfedern (8.000 Euro) spurten Sportler besser als mit normalen Fußprothesen.
Implantate nahe dem Rückenmark (etwa 20.000 Euro) stoppen die elektrischen Nervensignale - und damit das Schmerzempfinden.
Elektronische Schrittmacher kontrollieren die Funktion von Magen, Blase und Darm (ab 14.400 Euro).
Der Brustmuskel wird in mehrere Segmente unterteilt, mit denen Arm und Kunsthand präzise gesteuert werden (60.000 Euro).
Schrittmacher (ab 5.100 Euro) und implantierbare Defibrillatoren (ab 15.500 Euro) halten geschädigte Herzen mit elektrischen Impulsen auf Trab.
Exakt geschliffene Kunststofflinsen (je 3.000 Euro) heilen den grauen Star. So erreichen viele Patienten anschließend 180 Prozent Sehschärfe.
Blinde können mit einem Computerchip (73.000 Euro ohne Operation), der in die Netzhaut implantiert wird, wieder sehen. Eine Kamerabrille überträgt Bilder zum Chip, der das Signal an den Sehnerv weiterleitet. Der Akku am Gürtel liefert den Strom.
Über zehn Jahre lang haben die Forscher mit Unterstützung des Forschungszentrums des US-Verteidigungsministeriums (DARPA) an so einem Chip getüftelt und zunächst an Affen erprobt. Bei neun Patienten mit Epilepsien haben die Forscher den Gedächtnis-Chip noch einmal für das menschliche Gehirn optimiert. Dabei arbeitet der Chip wie eine Art Übersetzungsprogramm: Er kann Eindrücke aus dem Kurzzeitgedächtnis so modifizieren, dass das Gehirn sie auch wieder im Langzeitgedächtnis ablegt.
Das Übermitteln und Speichern von Erinnerungen erfolgt im Gehirn über typische elektrische Reizmuster – denn Nerven unterhalten sich vor allem auf dem Wege von elektrischen Signalen. Der Chip versteht zum einen die Sprache der Elektroreize. Und außerdem beherrscht er einen Algorithmus, der genau diese elektrische Übersetzungsleistung von einem neuen zu einem erinnernswerten Eindruck übernimmt. Genau dieser Prozess klappt bei Menschen mit Gedächtnisstörungen nicht mehr.
Gerade Menschen, die etwa traumatisiert aus einem Krieg heimkehren, haben oftmals solche Gedächtnisstörungen: Sie können sich zwar an Vergangenes erinnern, aber keine neuen Informationen mehr speichern. Weil davon auch vielfach Soldaten betroffen sind, unterstützt das US-Verteidigungsministerium mit der DARPA neben vielen anderen Projekten in der Prothetik und Hirnforschung auch solche Forschungsvorhaben.
Aber auch für zahllose andere neurologische Erkrankungen, die das Erinnern betreffen wie etwa Altersdemenz oder Alzheimer, könnte der neue Hirn-Chip eines Tages hilfreich sein, sagt Robert Hampson, einer der beteiligten Wake-Forest-Forscher.
Allerdings müssen die Wissenschaftler nun noch unter Beweis stellen, dass der Chip beim Menschen auch wirklich funktioniert. Dann wird sich zeigen, ob die Muster, die bei Affen und Menschen als relevant für die Übersetzung vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis erkannt und dann als Algorithmus nachgebaut wurden, auch die richtigen waren.