Hormone in Kosmetika Viele Hersteller setzen noch immer auf Parabene

Vor einem Jahr startete die "ToxFox"-App: Kosmetika mit schädlichen Chemikalien können überprüft werden. Einige Hersteller reduzierten die Stoffe - doch bei anderen erhöhte sich die Zahl der belasteten Produkte.

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Hormone in Kosmetika: Manche Hersteller wollen einfach nicht darauf verzichten. Quelle: Fotolia

Täglich reiben wir uns mit allerlei Cremes und Duschschaum ein - nicht immer ist das gut für uns. Denn viele Kosmetika enthalten Stoffe, die unseren Hormonhaushalt durcheinander bringen können. Dazu zählen etwa die Parabene, die in vielfältigen chemischen Formen in den Produkten stecken. Sie wirken im Körper wie Hormone und können so bestimmte Entwicklungsprozesse stören.

Rund ein Jahr, nachdem der BUND 2013 auf die Problematik aufmerksam machte und die Smartphone-App "ToxFox" startete, zieht er eine durchwachsene Bilanz. Zwar ist der Anteil der mit hormonell wirksamen Substanzen belasteten Produkte gesunken. Waren es zum Start der App im Juli 2013 30 Prozent, reduzierte sich der Anteil bis September 2014 auf 27 Prozent. Neu erfasst wurden in diesem Zeitraum rund 20.000 Produkte. Von ihnen wiesen nur noch 18 Prozent eine Belastung auf.

Anteil der belasteten, neu erfassten Produkte der zehn größten Kosmetikhersteller

Bei einigen Herstellern zeigten sich aber auch deutliche negative Entwicklungen: So ist Procter & Gamble der neue Spitzenreiter bei den belasteten Kosmetika. Der US-Konzern stellt unter anderem die Marken Wella und Gilette her. Im Laufe des Jahres hat sich der Anteil der belasteten Produkte von 46 auf 48 Prozent erhöht. Auch beim deutschen Henkel-Konzern (Schwarzkopf, Schauma, Drei Wetter Taft) stieg sie leicht von 30 auf 31 Prozent an.

Diese Paraben-belasteten Kosmetika wurden am häufigsten gesucht

Gute Nachrichten gibt es dagegen von allen anderen Herstellern (etwa Beiersdorf, L'Oréal oder Unilever): bei ihnen war ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Am deutlichsten war der Rückgang bei Cosnova (Marken: essence, catrice) von 44 auf 36 Prozent und bei der Drogeriemarktkette Rossmann von 27 auf 19 Prozent. Am geringsten ist der Anteil der belasteten Produkte der zehn größten Kosmetikhersteller bei der Drogeriemarktkette DM, hier sind es aktuell 13 Prozent (Vorjahr: 17 Prozent).

Die Baby-Pflegeproduktserie Penaten verzichtet nach eigenen Angaben seit Mitte dieses Jahres komplett auf hormonell wirksame Inhaltsstoffe. Zudem gibt es zwei Siegel für Naturkosmetik, die zeigen, dass auf Parabene verzichtet wird: Das NATRUE- und das BDIH-Siegel.

Kinder und Pubertierende besonders gefährdet

Am häufigsten wurden Parabene in den Kosmetika gefunden. Methylparaben ist in 21 Prozent der untersuchten Kosmetika enthalten, Propylparaben in zehn und Butylparaben in acht Prozent der Produkte. Sie werden den Cremes, Duschgels und dergleichen als Konservierungsstoff zugesetzt. Der UV-Filter Ethylhexyl Methoxycinnamate kommt in gut fünf Prozent der Produkte vor und ist damit der fünfthäufigste eingesetzte hormonell wirksame Stoff.

Hormonell wirksame Chemikalien sind zwar meist nicht akut giftig. Gerade in Zeiten des Wachstums können sie aber für Störungen im Körper sorgen. Das bedeutet, dass ungeborene Kinder im Mutterleib, kleine Kinder und auch Pubertierende besonders gefährdet sind.

Anteil der belasteten Produkte in verschiedenen Produktgruppen

Einige Parabene wirken zum Beispiel wie das weibliche Sexualhormon Östrogen und können schon in geringen Mengen das Fortpflanzungssystem schädigen. Der BUND bezieht sich auf eine Studie im Auftrag der EU-Kommission, die Parabene mit Problemen wie einer verfrühten Pubertät bei Mädchen, Brustkrebs, Schilddrüsenkrebs und Störungen in der Entwicklung des Nervensystems in Verbindung bringt.

Die Parabene gelangen über die Pflegeprodukte, die wir auf unsere Haut reiben, in den Körper. Bei Schwangeren können sie auch über die Nabelschnur den Fötus belasten. Zwar sind sie oft nur in geringen Mengen in den einzelnen Kosmetika. Jedoch können sie sich gegenseitig verstärken, etwa wenn parabenhaltiges Shampoo, Duschgel, Bodylotion, Rasierschaum und dergleichen benutzt werden.

Der BUND fordert von den Kosmetikkonzernen, auf die Chemikalien zu verzichten und auf ungefährliche Alternativen umzustellen. Die EU-Kosmetikverordnung erlaubt den Einsatz von Parabenen und Co. in gewissen Grenzen. Allerdings weist der BUND darauf hin, dass bei der Risikobewertung die "Cocktail-Wirkung" durch den Einsatz einer ganzen Reihe von parabenhaltigen Pflegeprodukten nicht berücksichtigt wurde.

Als positives Beispiel zeigt sich Dänemark: Hier ist der Einsatz von Parabenen in Produkten für Kinder unter drei Jahren verboten.

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