SpaceX-Rakete: Elon Musks Marsfähre steht vor Feuerprobe

Über den Bahamas konnten die Inselbewohner Anfang März ein eigenartiges Spektakel verfolgen: Flammenschweife zogen über den Nachthimmel, ein kosmisches Feuerwerk. Es war das jähe Ende des achten Flugversuchs des Starship – jener Riesenrakete, mit der Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX die Raumfahrt revolutionieren will. Schon bei Flug Nummer sieben Mitte Januar regnete das Starship als brennender Schrotthaufen über der Karibik herab.
Am 27. Mai 2025 steht der neunte Testflug bevor. Und er ist für Musk wichtiger denn je. Die Serie an missglückten Starts weckt Zweifel an Musks hochtrabenden Plänen für die Riesenrakete. Ende 2026 wolle er sie ohne Crew zum Mars fliegen, kündigte Musk unlängst an. Schon Mitte 2027 soll das Raumschiff Nasa-Astronauten auf dem Mond absetzen, zu dem in diesem Frühjahr schon verschiedene Frachtfähren aufgebrochen sind. Im Jahr 2029 sollen dann schon Astronauten mit dem Starship auf dem Mars landen.
Der Multimilliardär ist für seine großspurigen Ankündigungen bekannt. Im Jahr 2020 erzählte er der Presse, die ersten Astronauten wolle er mit etwas Glück schon 2024 zum Mars schicken. Nachdem das Starship im Mai 2023 mal wieder explodiert war, plauderte Musk, er sehe eine fast hundertprozentige Chance für die nächsten zwölf Monate, mit dem Starship die Erdumlaufbahn zu erreichen. Also bis Mitte Mai 2024.
Elon Musks großspurige Marspläne
Daraus wurde nichts. Mitte Januar sollen es Lecks in Treibstoffleitungen gewesen sein, die das Raumschiff zur Explosion brachten. Klar ist: Musks Raumfahrtprogramm kommt nicht voran. „Vielleicht sollte Musk aufhören zu versuchen, die US-Verfassung, die westliche Allianz und das weltweite Freihandelssystem zu zerstören, und sich stattdessen auf SpaceX fokussieren“, kommentierte Robert Zubrin, Präsident des Raumfahrtverbands Mars Society.
Glaubt man SpaceX-Gründer Musk, dann gehört Scheitern zum Lernprozess: Starten, Fehler machen, Daten sammeln, korrigieren – so soll die Entwicklung der Riesenrakete schneller vorankommen als in üblichen Entwicklungsprogrammen. Auch einige Beobachter haben noch Vertrauen in das Vorgehen – trotz der jüngsten Explosion.
„Das Starship ist die komplexeste Rakete aller Zeiten“, sagt Stefanos Fasoulas, Direktor des Instituts für Raumfahrtsysteme an der Universität Stuttgart. Allein die große Zahl der Triebwerke sei eine Herausforderung, alle müssten funktionieren. „Dass die Rakete bei den ersten Starts explodiert, ist sehr wahrscheinlich.“ Nun komme es darauf an, dass SpaceX aus den Fehlern so schnell lerne wie bei den ersten Flügen der kleineren Falcon-9-Rakete.
Die Frage dürfte nun sein: Wie viele Explosionen braucht das SpaceX-Team noch zum Lernen? Gerade erst hat die US-Aufsichtsbehörde FAA dem Raumfahrtunternehmen 25 Starship-Starts für dieses Jahr am Startplatz in Texas genehmigt. Dabei hatte die britische Regierung Bedenken gegenüber der Flugbahn der Tests geäußert. Bei den vergangenen beiden Flügen Schrotteile auf die Turks- und Caicosinseln herabregneten und sogar ein Auto demolierten.

Schon jetzt hinkt das Starship-Programm dem Zeitplan hinterher. Ursprünglich sollten die ersten Nasa-Astronauten im Jahr 2026 auf dem Mond landen – drei Milliarden Dollar erhält SpaceX dafür. Doch schon im Dezember 2023 kam die Weltraumbehörde in einer Untersuchung zu dem Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit, dass das Starship bereit für die Mondlandung sei, liege bei 70 Prozent – für Februar 2028.
„Außergewöhnliche Herausforderungen“ für SpaceX
Die Riesenrakete soll gleich alles auf einmal revolutionieren: Beide Teile sollen wieder auf der Erde landen, die erste Stufe dabei auch noch vom Startturm wieder aufgefangen werden wie mit zwei Sushi-Sticks. Die zweite Stufe soll ein bisher unerprobtes Landemanöver leisten, bei dem sie bäuchlings zur Erde saust, sich mit kleinen Flügeln stabil hält und erst im letzten Moment aufrecht kippt. So soll die massive Beschleunigung bei Flügen aus dem tiefen All großteils durch den Luftwiderstand gebremst werden.
Bei alledem soll das Starship lauter Superlative erfüllen: größer sein als die Mondrakete Saturn V (121 vs. 111 Meter), mit neun Metern Durchmesser breiter als jede Rakete zuvor, bis zu 250 Tonnen Fracht ins All hieven (Saturn V: 130 Tonnen).
Die Landung am Startturm ist dem Schiff zwar geglückt, auch das Bauchflug-Manöver klappte aus geringer Höhe. Doch viele Hürden stehen noch bevor. „Es bleiben jedoch außergewöhnliche Herausforderungen“, heißt es in einem jüngsten Sicherheitsreport der Nasa.
Etwa der Nachweis, dass das komplexe Betriebskonzept funktioniere und dass Flüge mit Crew sicher seien. „Darüber hinaus müssen die Betankung im Orbit, das kryogene Auftanken und die Langzeitlagerung von Treibstoff im Weltraum erfolgreich demonstriert werden.“ Denn für den Flug zum Mond muss das Starship im Orbit nachtanken – ein noch nie erprobtes Manöver.
Und das gilt nur für den fünftägigen Flug zum Mond. Die Reise zum Mars, sechs bis neun Monate in eine Richtung, ist eine noch viel gewaltigere Herausforderung, vom Strahlenschutz für die Astronauten bis zu den Lebenserhaltungssystemen.
Forscher, die Musks Marspläne in einer Studie im Fachmagazin Nature Scientific Reports untersucht haben, kommen zu dem Ergebnis: „Wir waren nicht in der Lage, ein realisierbares Szenario für eine Marsmission mit Starship zu finden, selbst wenn wir von optimalen Bedingungen ausgehen.“
Auf der Erde hat SpaceX beim Startversuch im März erst einmal für Flugverspätungen gesorgt: Zahlreiche Flüge wurden umgeleitet oder starteten verspätet, um dem Weltraumschrott nach dem Testflug auszuweichen. Gut möglich, dass es für die Reise zum Mond und zum Mars bald auch lautet: Der Abflug verspätet sich.
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