
Commodore-Comeback: 31 Jahre nach dem Commodore-Crash: Der C64 kehrt zurück
LOAD“*“,8,1.: So lautet die Zeile, die Jugendliche und auch viele Erwachsene ab 1982 im Schlaf aufsagen können. In diesem Jahr brachte der US-Computerhersteller Commodore das Modell C64 auf den Markt. Wer nach dem ersten Zeilencode noch den Befehl RUN eingibt, hat die Möglichkeit, in zuvor nicht gekannte Computerwelten einzutauchen.
Das vom Holocaust-Überlebenden Jack Tramiel gegründete Unternehmen spezialisierte sich lange auf Taschenrechner, doch Mitte der 1970er-Jahre widmeten sich die Mitarbeiter immer mehr dem Bau von Desktop-Computern. Etwa 3000 Mark kostete der Pet 2001, ein Computer für den Heimgebrauch, der auch für private Haushalte erschwinglich wurde. „Wir müssen Computer für die Massen bauen, nicht für die Klassen“, sagte Tramiel. Der endgültige Durchbruch gelang aber nicht mit dem Pet 2001, sondern mit einem neuen Modell: dem C64.
Der „Brotkasten“ geht um die Welt
Das wegen seines Designs als Brotkasten bezeichnete Gerät verkauft sich kurz nach der Einführung mehr als vier Millionen Mal. Weltweit gehen insgesamt etwa 17 Millionen Computer über den Ladentisch – auch weil Softwarehersteller immer spektakulärere Spiele auf den Markt brachten. „Der Commodore 64 war ein Wunder aus Kostenersparnis und cleverem Marketing“, sagt Technik-Journalist Steven Levy.
Internationale Titel wie Summer Games, Maniac Mansion oder Defender of the Crown genießen bei vielen C64-Besitzern heute noch Kultstatus. Dazu kamen Spiele aus Deutschland wie Turrican, Great Giana Sisters, Hanse oder Kaiser, die zum Ärger der Entwickler oft nicht gekauft, dafür aber kopiert und auf Schulhöfen getauscht wurden.

Der Bekanntheitsgrad des Computerherstellers stieg in dieser Zeit auch durch eine große Marketingkampagne. Von 1984 bis 1989 war Commodore Hauptsponsor des Fußball-Bundesligisten FC Bayern München, der in dieser Zeit etwa 2,5 Millionen vom US-Unternehmen erhielt. Dafür prangte das Commodore-Logo auf der Brust der roten Bayern-Trikots. Mit Dieter Hoeneß war sogar ein ehemaliger Bayern-Profi für das Marketing bei den Amerikanern verantwortlich.
Der Erfolg mit dem C64 hielt aber nicht lange an. Commodore spürte schnell die Konkurrenz, die neue Rechner entwickelten: IBM brachte den Personal Computer auf den Markt, Atari entwickelte das Modell ST. Commodore benötigte einen erschwinglichen Nachfolger für den C64.
Rasanter Abstieg einer Kult-Marke
Entstanden ist der Amiga 500, der aufgrund seines im Vergleich zur Konkurrenz günstigen Preises besonders in Deutschland ein Massenphänomen wurde – und vor allem bei Spielern beliebt war. Mehr als eine Million Geräte wurden in deutschen Kaufhäusern oder über Versandhändler verkauft – und der Amiga wurde zum Kult-Computer. Der Erfolg hielt nicht lange an, denn mit den immer leistungsstärker werdenden PCs konnten auch immer neuere Amiga-Modelle – wie die Version mit CD-Laufwerk – nicht mehr mithalten.

31 Jahre nach dem Aus erlebt Commodore plötzlich ein Comeback. Vor wenigen Wochen übernahm der Youtuber Christian Simpson das Unternehmen Commodore Corporation und erwarb damit auch die Rechte für 47 Marken. Dabei wollte er ursprünglich nur eine Lizenzvereinbarung abschließen, um Fanprojekte umzusetzen. Doch die Markeninhaber von Commodore schlugen Simpson vor, gleich das gesamte Unternehmen zu kaufen. Der genaue Kaufpreis ist nicht bekannt, soll jedoch im niedrigen siebenstelligen Bereich liegen.

Gemeinsam mit ehemaligen Mitarbeitern des Computerherstellers vermarktet Simpson derzeit einen neuen Commodore 64. Der Clou: Dir Software lässt sich nicht nur per USB-Stick, sondern auch mit Original-Disketten- oder Kassetten-Laufwerken aufspielen. Und auch alte Joysticks oder ein Floppy-Laufwerk lassen sich anschließen. Der neue C64 lässt sich in drei Versionen vorbestellen, die günstige Variante kostet 299 US-Dollar.
Retro-Boom in Deutschland
Damit das Projekt gelingt, heuerte Simpson in den vergangenen Wochen zahlreiche ehemalige Commodore-Experten an. Darunter sind unter anderem Michael Tomczyk, der einst als Assistent von Firmengründer Jack Tramiel arbeitete oder Bil Herd, der als Chefingenieur von 1982 bis 1986 beim Computerhersteller tätig war.
Christian Simpson ist nicht der erste Computerspiele-Fan, der mit Retro-Hardware Geld verdienen möchte. Bereits seit einigen Jahren vertreibt das Unternehmen Retro Gamer aus England Nachbauten verschiedener Computer: darunter auch die Modelle C64 und Amiga von Commodore, den 400 von Atari und den ZX Spectrum von Sinclair. Demnächst soll eine Amiga-Version auf den Markt kommen.
In Deutschland beschäftigen sich mittlerweile auch mehrere Magazine mit Retro-Hardware und alten Videospielen. So gibt Jörg Langer, der in den 1990er-Jahren die Spielezeitschrift Gamestar entwickelte, das Magazin Retro Gamer heraus. Jedes Quartal bringt der Journalist etwa 15.000 Hefte an den Kiosk. Daneben schauen Journalisten des Magazins Return regelmäßig auf Computer und Konsolen der 80er- und 90er-Jahre.
Das Interesse an Retro-Computern und dem Commodore wächst wieder – Jack Tramiel wäre wohl stolz auf seine Nachfolger.
Hinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 9. August. Wir zeigen ihn aufgrund des hohen Interesses erneut.
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