Fotografie Die neuen Edel-Kompakt-Kameras sind Meister des Augenblicks

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Kreativfunktionen bleiben Mangelware

Blendensteuerung, Zeitvorwahl, Belichtungskorrektur, all das sind Funktionen, die Fotografen mit Faible fürs Kreative bei Smartphones zumeist vergeblich suchen. Wer gerne mit dem Fokus arbeitet, mit Unschärfen in Vorder- und Hintergrund oder Wischeffekten beim Mitziehen sich schnell bewegender Objekte, der muss nach Alternativen suchen. Selbst die jüngste Generation von Foto-Fonen, mit hohem Aufwand auf die Simulation von Tiefenschärfeeffekten getrimmt, schafft das eher schlecht als recht.

Das ist nicht Unvermögen der Entwickler, sondern schlichte Physik. Die erschwert es ihnen schon bei einfachen Kompaktkameras massiv, Kreativfunktionen zu integrieren. Die Designer der Handys haben’s noch schwerer. Denn für gute, lichtstarke und möglichst scharfe Aufnahmen gilt der alte Entwicklerspruch: Am Ende zählt nur die Größe – mehr Raum für Linsen und Sensor. Und zwar in gleich mehrfacher Hinsicht:

Bildchip Je größer die Pixel genannten helligkeits- und farbempfindlichen Punkte auf dem Bildchip sind, desto mehr Licht können sie aufnehmen, und desto eher liefert die Kamera auch ohne Blitz und Stativ scharfe, rauscharme Bilder.

Dummerweise hat die Jagd nach Auflösungsrekorden bei Kompaktkameras dazu geführt, dass die Pixel der einfacheren Kameras immer winziger wurden – und damit lichtschwächer.

Blende Es ist immer wieder überraschend, welch Objektivrüssel beim Einschalten aus mancher Westentaschenknipse herausfährt. Die Entwickler wollen mit dem langen optischen Rohr einen möglichst großen Zoombereich abdecken, vom starken Weitwinkel bis zum großen Tele. Doch das geht wieder zulasten der Lichtstärke. Denn zum einen schlucken die einfachen Linsensysteme viel Helligkeit. Zum anderen dringt durch die winzigen Öffnungen kaum noch Licht.

Damit kommt so manche Kompakte im Weitwinkelbereich auf maximal Blende 3,6, mitunter gar nur auf Blende 4,0. Und versucht sich der Fotograf an einer Tele-Aufnahme, halbiert oder drittelt sich die Lichtstärke oft genug. Edel-Kompakte wie Canons G7 X oder Sonys RX 100 III sind dagegen mit Einstiegsblende 1,8 doppelt so lichtstark.

Die Folge: Romantische Aufnahmen in der Dämmerung oder bei Kerzenschein sind nicht mehr grässlich verrauscht oder hoffnungslos überblitzt, sondern landen knackscharf und emotionsstark im Kameraspeicher.

Beugung Bei einfacheren Kompaktkameras und Smartphones müssen die Lichtstrahlen auf ihrem Weg durchs Objektiv eine oft nicht einmal streichholzkopfgroße Blende passieren. Dabei werden sie durch die kleine Öffnung so zusammengestaucht, dass es zu einem gefürchteten physikalischen Effekt kommt: der Beugung. Die Strahlen produzieren nicht mehr sauber einen Bildpunkt neben dem anderen. Sie fallen stattdessen teils auf mehrere angrenzende Pixel und sorgen so für die ungeliebte Unschärfe.

Völlig vermeiden lässt sich der Effekt nie. Aber auch hier gilt, je größer Objektiv und Bildsensor sind, desto besser. Ein Plus mehr für die Edel-Kompakten.

Und noch etwas spricht für die Abkehr von den Billigknipsen: „Die Lebenszyklen der Modelle werden wieder merklich länger, der Gerätekauf wieder eine Investition von Dauer“, verspricht Yoshiyuki Nogami, der bei Sony das weltweite Marketing der Fotosparte verantwortet.

Für Bilderprofi Ritschel ist es auch eine Rückbesinnung auf alte Werte: „Die Kameras sind heute so gut, die kannst du wieder an deine Kinder vererben.“

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