Mousse T. „Wenn Du das zum ersten Mal hörst, bekommst Du Gänsehaut“

Mousse T. Quelle: imago images

DJ, Musikproduzent und TV-Juror Mousse T. über neue Audiotechnik und den Qualitätssprung durch 3D-Sound.

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Mousse T., als Sie 1999 den Hit Sex Bomb für Tom Jones schrieben, waren CDs unangefochten der wichtigste Tonträger für Musik, der Absatz klassischer LPs auf rund 900.000 Stück in Deutschland gesunken. Knapp 20 Jahre später macht die Musikbranche hierzulande erstmals mehr Umsatz mit Musik-Streaming als mit dem CD-Verkauf, während zugleich der Absatz von Schallplatten mit zuletzt gut 3,3 Millionen einen neuen Verkaufsrekord erreicht. Einerseits die komplette Digitalisierung des Musikkonsums, andererseits die Wiedergeburt des Analogen – wie passt das zusammen?
Ich glaube, das eine hängt mit dem anderen zusammen. Es gibt halt eine ganze Menge Leute, denen ist es wichtig, Musik auch mal in Form einer Platte in der Hand halten zu können. Und je mehr die Musik in Form von Audio-Streams virtualisiert wird, desto mehr Menschen begeistern sich auch wieder dafür, dass sie etwas besitzen können. Nicht umsonst verkaufen sich Fan-Boxen mit mehr als einer Schallplatte drin so gut. Als alter Vinyl-Fan freut mich das natürlich und ich stelle mir die Platten auch gerne hin. Aber wenn man ehrlich ist, dann ist das vor allem Geschmackssache – und weder das eine noch das andere `ne echte Innovation im Musikgeschäft.

Naja, es geht doch auch weniger um die Tonträger als um die Musik, oder?
Klar, zu allererst muss Dich der Titel packen und nicht der Vertriebsweg. Aber es ist schon so, dass die Leute eben immer stärker Musik auch als Event erleben wollen. Und da hat sich – außer natürlich bei Live-Konzerten – beim Klangerlebnis zuhause seit Jahren nicht viel Neues getan. Klar, nach Stereo- kam vor ein paar Jahren der Surround-Sound, den Du jetzt zusammen mit dem Video eines Live-Konzerts anhören kannst. Aber das gibt es schon lange. Während Auflösung und Brillanz der Bilder auf Flachbildfernsehern in den vergangenen Jahren immer besser wurden, ist beim Sound nicht viel passiert. Aber jetzt ändert sich das zum Glück mit dem 3D-Sound.

Immer mehr Hersteller von Audiotechnik bieten Verstärker oder Soundbars für den neuen 3D-Raumklang an. Auf der IFA in Berlin ist das Thema auf den Ständen der Spezialisten allgegenwärtig. Aber ist das mehr als Marketing. Frage an den Sound-Experten: Bietet das Klangerlebnis wirklich so viel mehr als eine gute Surround-Anlage?
Ja, 3D-Sound ist ein echter Qualitätssprung. Unbedingt. Wenn Du diesen Raumklang zum ersten Mal hörst, bekommst Du Gänsehaut. Dieses Gefühl, dass Dich der Klang aus allen Richtungen umhüllt, das ist ein unfassbares Sounderlebnis. Das ist, womit Labels und Streaming-Dienste den Musikfans ein wirklich neues Angebot machen können. Eines das wirklich mal darüber hinaus geht, statt LPs nun CDs zu verkaufen, Aufnahmen dann auf DVDs statt auf CDs zu veröffentlichen und das Ganze dann, statt auf DVDs auch noch mal auf Blu-ray-Disks rauszubringen. Das war jeweils in erster Linie eine neue Vertriebsform, aber nicht, was die Leute heute haben wollen: Musik zu erleben.

Was heißt „erleben“ konkret?
Du hörst nicht bloß Musik, Du bist wirklich mittendrin. Aus dem Kino kennen wir das ja schon eine Weile: Da kommen Klänge hörbar aus ganz unterschiedlichen Richtungen. Von vorne links unten oder hinten rechts oben. Oder sie bewegen sich durch den Raum. All das lässt sich mit 3D-Musik jetzt auch machen. Oder Du hörst Dir ein Live-Konzert an und hast die Band nicht einfach vor und den Jubel des Publikums hinter Dir, sondern es wölbt sich der Klang und damit die richtige Atmosphäre über Dich. Das hat einfach eine ganz andere Qualität. Wer Musik mag und das mal gehört hat, will es nicht mehr anders haben.

Aber was nützt der ganze technische Aufwand, wenn die Musik in aller Regel doch bloß in Stereo oder bestenfalls in Surround-Sound abgemischt ist?
Zum einen sind die guten Sound-Anlagen inzwischen in vielen Fällen erstaunlich gut in der Lage, 3D-Raumklang selbst aus herkömmlichen Aufnahmen sozusagen nachträglich zu „errechnen“. Trotzdem ist das Ergebnis natürlich nur eine Simulation. Ich bin mir aber sicher, dass es nicht mehr lange dauert, bis beispielsweise Audio-Streaming-Dienste auch Musik-Kanäle speziell für 3D-Sound anbieten.

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