Ich kenne keinen, der auf Zuruf so präzise eine Eieruhr stellen kann wie mein intelligenter Lautsprecher Amazon Echo.
Ich: „Alexa, stell den Timer auf acht Minuten.“
Alexa: „Acht Minuten. Ab jetzt.“
Und ich brauche auch kein Thermometer mehr auf dem Balkon:
„Alexa, wie viel Grad sind es draußen?“ Die Antwort kommt schneller, als sich meine Augen auf eine Quecksilbersäule scharf stellen könnte.
Und wenn ich auf meinem Handy gerade ein Audible-Hörbuch höre und nach Hause komme, lege ich die Kopfhörer beiseite und sage:
„Alexa, spiel das Hörbuch ab.“
Und prompt höre ich nahtlos im Wohnzimmer weiter.
„Alexa, Licht aus.“ Und die Bude liegt im Dunkeln.
„Alexa, erinnere mich morgen um 18 Uhr daran, die stinkenden Fischreste vom Grill zu kratzen.“ Und am nächsten Tag meldet sich die Gute und erinnert mich daran, „die stinkenden Fischreste vom Grill zu kratzen“. Wenn ich nicht zu Hause bin, kommt eine Nachricht über die Alexa-App aufs Handy.
Selbst telefonieren geht freihändig zwischen Echos verschiedener Nutzer. Kostenlos.
Gefällt mir alles. Aber in den Details kommt die Maschine kaum voran. Ich darf aus den diversen E-Mails zitieren, in denen Amazon stolz präsentiert, was Alexa nun schon wieder alles Neues kann.
Im Herbst schlug mir Amazon vor: „Sag einfach: Alexa, was ist die Quadratwurzel von 15.129?“ Das kann die im Kopf ausrechnen. Mit der Besonderheit, dass kein Mensch wirklich wissen will, was diese blöde Quadratwurzel ist.
Was Alexa hingegen nicht kapiert: „Was ergibt 250 minus 52 minus 25 minus 43?“ Obwohl doch gerade das sinnvoll wäre, etwa um auszurechnen, wie viel Geld nach einem Einkauf noch übrig ist oder wer wem was schuldet. Hier müsste man jedes Zwischenergebnis einzeln abfragen und notieren.
Dann die albernen Versuche vom Amazon-Marketing, Alexa als Persönlichkeit zu etablieren.
„Sag einfach: Alexa, wer ist dein größtes Vorbild?“ Ihr Vorbild sei Nelson Mandela, erklärt die Gute.
„Sag einfach: Alexa, was ist dein Lieblingsfilm?“ Antwort: „Ich mag Titanic.“
Die Alexa ist eben eine wie du und ich.
Was Sie schon immer einmal von Alexa wissen wollten…
Nehmen wir an, Sie bekommen keine Orwell´schen Albträume davon, sich ein Mikrofon in die Wohnung zu holen und kaufen sich einen Amazon Echo. Sie haben das Gerät ausgepackt und wollen starten. Werkseitig eingestellt ist das „Wecksignal“ für Alexa – „Alexa“. Erst wenn sie dieses Zauberwort ausgesprochen haben, können Sie starten.
Zusatzinfo für Star-Trek-Fans: Man kann dieses „Weckwort“ ändern – neben „Echo“ und „Amazon“ geht auch „Computer“ – der Begriff, den auch Captain Picard benutzte, wenn er den Bordcomputer der Enterprise bedienen wollte. Dieser soll als Vorbild für Alexa gedient haben.
Alexa verfügt, wie etwa Microsoft Windows, über verschiedene Nutzerkonten (Haushaltsprofile) beziehungsweise –Profile. Das macht durchaus Sinn, etwa bei nutzerspezifischen Vorlieben wie etwa Musik: Wenn Sie gerne Verdi, Ihre Tochter aber lieber Heavy Metal hören (Alexa greift auf Ihre Amazon-Music-Dateien oder, mit dem entsprechenden Skill, etwa auch auf Spotify zu), oder Sie und ihr Partner einen völlig unterschiedlichen Literaturgeschmack haben (Alexa verwaltet auch Ihre Hörbücher). Da der Nutzer über Alexa auch bei Amazon einkaufen kann, können außerdem mehrere Amazon-Profile hinterlegt werden, damit etwa das neue Kollegah-Album Ihres Sohnes nicht über Ihr Konto abgerechnet wird. Sie können Alexa fragen: „Welches Profil ist das?“ oder ihr den Befehl geben, die Konten zu wechseln: „Wechsle die Konten.“
A propos Musik: Hier liegt eine der großen Stärken von Alexa. Sie können die Musikwiedergabe steuern: „Alexa, Wiedergabe.“, „Stopp.“, „Zurück.“, „Pause“, „Weiter.“ (und so weiter). Aber auch raffiniertere Fragen kann Alexa beantworten: Zum Beispiel „Alexa, was läuft gerade?“, „Mach lauter“, „Mach leiser“ oder „Alexa, stelle einen Sleeptimer in 20 Minuten.“
Alexa hat Zugriff auf Amazon Prime Music, auch hierfür gibt es Befehle: „Spiele etwas Prime Music zur Entspannung.“, oder „Spiele Prime Music zum Tanzen.“ Nicht nur Musikstimmungen erkennt Alexa, auch Musikgenres können gezielt angesteuert werden: „Spiele Jazz von Prime Music.“ Alexa hat allerdings nicht nur Zugriff auf Prime Music, auch Internetradiosender und Musikstreamingdienst Spotify können angesteuert werden: „Spiele ‚Pop‘ von Spotify.“
Auch Hörbücher - von Audible - kann Alexa abspielen: „Spiele das Hörbuch ab.“, „Nächstes / Vorheriges Kapitel.“, „Gehe zu Kapitel 3.“, „Mein Hörbuch fortsetzen.“
Für deutsche Echo-Käufer unter den vielen Sportligen, zu denen Alexa Infos bereithält, wohl besonders interessant: die Bundesliga. Zulässig sind hier Fragen wie „Wie ist das Spielergebnis von Schalke gegen Dortmund?“, „Wie steht es gerade bei ‚Mönchengladbach gegen den HSV‘?“, „Hat RB Leipzig gewonnen?“
Wenn Sie Alexa verraten, wo Sie arbeiten und wie Sie normalerweise dort hinkommen, hilft sie Ihnen, pünktlich da zu sein. Dann können Sie das Programm nämlich fragen: „Wie ist der Verkehr?“. Wenn Alexa Stau auf Ihrer Strecke meldet, können Sie den dann einfach umfahren – oder auf Bus und Bahn umsteigen – natürlich erst, nachdem Sie Alexa vorher mit dem passenden Skill nach der günstigsten Fahrplanverbindung gefragt haben.
Wenn Sie entschieden haben, dass Sie eigentlich heute doch viel lieber mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren wollen, fragen Sie Alexa einfach nach dem Wetter: „Wie ist das Wetter in fünf Stunden?“. Natürlich funktioniert die Vorhersage nicht nur für den gleichen Tag: “Wird es morgen schneien?“, „Wie ist das Wetter in Köln?“ oder „Wird es am Sonntag regnen?“ funktionieren auch.
Auch über die neuesten Nachrichten kann Alexa Sie informieren – etwa via „Was gibt es Neues?“ oder „Was ist in den Nachrichten“? Wem das nicht reicht, der kann Alexas Informationsquelle über die Skills verschiedener Medien auch personalisieren.
Gut, Sie sind jetzt über die Nachrichtenlage gebrieft, wissen, wie Sie am besten zur Arbeit kommen und ob Sie Gummistiefel anziehen müssen, weil es regnet. Passende Musik oder ein Hörbuch haben Sie für den Arbeitsweg auch dabei. Aber was steht heute eigentlich alles an? Fragen Sie doch Alexa! „Alexa, was steht in meinem Kalender?“, „Alexa, füge meinem Kalender „Einkaufen“ für Freitag, den 17. Februar um 18:00 Uhr hinzu.“
Auch beim Einkaufen kann Alexa Ihnen helfen. Sie fährt zwar nicht für Sie zu Rewe (oder Edeka), aber Sie können mit ihr eine Einkaufsliste erstellen, diese ergänzen oder Dinge daraus streichen: „Füge ‚Wein‘ zur Einkaufsliste hinzu.“ Und natürlich können Sie Alexa fragen, was Sie sich notiert haben: „Was steht auf meiner Einkaufsliste?“ Auch andere Aufgaben hält Alexa für Sie fest – etwa, dass Sie Ihrer Frau noch einen Blumenstrauß zum Hochzeitstag besorgen sollten. In dem Fall wäre es allerdings gut, wenn Sie die Kontenverwaltung bereits beherrschen – sonst setzen Sie das nämlich noch aus Versehen auf die Aufgabenliste Ihrer Frau.
Gut, dass Sie an den Hochzeitstag gedacht haben – oder Alexa gebeten haben, Ihnen das heutige Datum zu nennen („Wie lautet das Datum?“). Das kann sie nämlich auch, genauso, wie Sie um eine bestimmte Uhrzeit zu wecken („Stelle den Wecker auf 06:00 Uhr.“), dabei zwischen Wochenende und Arbeitswoche zu unterscheiden („Stelle den Wochenendwecker auf 9:00 Uhr.“), und Ihnen mitzuteilen, auf wie viel Uhr Sie den Wecker gestellt haben („Für welche Uhrzeit ist mein Wecker gestellt?“.
Um beim Hochzeitstag zu bleiben: Wie wäre es abends mit etwas romantischer Stimmung? Alexa kann – vorausgesetzt, sie ist mit anderen intelligenten Geräten in Ihrem Haushalt vernetzt – zum Beispiel das Licht dimmen („Dimme das Licht im Esszimmer auf 50 Prozent“), die Kaffeemaschine einschalten („Schalte die Kaffeemaschine ein.“) oder die Temperatur in der Diele senken („Stelle die Dielentemperatur auf 18 Grad“)
Wenig überraschend: Mit Alexa können Sie auch einkaufen – ich erspare Ihnen jetzt die Fortführung mit dem Hochzeitstags-Beispiel und Schmuck für Ihre Frau. Wobei – es passt gerade so schön: Sie haben also etwas Hübsches gefunden. Sagen Sie Alexa einfach „Füge Diamantcollier zu meinem Einkaufswagen hinzu“ und „bestelle“.
Alexa kann noch viel mehr als Nachrichten vorlesen oder Einkäufe bei Amazon tätigen: Man kann ihr Wissensfragen stellen, die sie dann prompt nachschlägt. Frei nach dem Motto: „Man muss nicht alles wissen, man muss nur wissen, wie man Alexa danach fragt“. Beispielfragen wäre etwa: „Alexa, warum ist der Himmel blau?“, „Alexa, wie hoch ist die Zugspitze?“, „Alexa, was ist die Hauptstadt von Australien?“, „Alexa, wie weit ist es von hier bis Wien?“, „Alexa, was ist die Definition von paradox?“, „Alexa, wann geht heute die Sonne auf?“, „Alexa, was ist der neueste Film von Quentin Tarantino?“, „Alexa, was ist die IMDb-Bewertung für Jupiter Ascending?“
Doch wen interessiert, was die Vermarktungs-Gelehrten Alexa da in den Mund gelegt haben? Zumal sie mit den eingespeisten dämlichen Witzen, die Alexa raushaut, schon bewiesen haben: Alles muss rundgelutscht und harmlos sein. Beispiel: „Was sagt Hape Kerkeling, wenn er mit dem Abwasch dran ist? ... Ich bin dann mal weg.“
Seit Januar gibt es die Witze auch in prollig. Die Amazon-Leute würden sich freuen, wenn Sie zu Alexa sagen: „Alexa, deine Mudda.“
Dann kommt etwa: „Deine Mudda kann Butter streichen, die aus dem Gefrierfach kommt.“ Boa, krass. Wie redet die über meine Mama?
Die Schoten stets vorgetragen mit stoisch beherrschter, gleichgültiger Stimme. Das ist eigentlich das Witzigste. Dass man jeder Zeit daran erinnert wird: Die kapiert selber nicht, was sie da sagt.