Angst vor der Bleiche Weltweit verlieren Korallen ihre Farben

Korallen stellen Sauerstoff her, den nicht nur Meereslebewesen brauchen, sondern auch Menschen. Doch die sogenannte Korallenbleiche bedroht immer mehr die Ökosysteme. Wissenschaftler hoffen auf eine Erholung - bevor es völlig zu spät ist.

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Immer mehr Korallen sterben an Stress – verursacht durch die Erwärmung der Meere. Quelle: AP

Lebendige, leuchtende Farben glänzten vor einem Jahr noch knapp unter der Wasseroberfläche. Jetzt sind die Korallen des Riffs auf den Malediven tot - gestorben an Stress, verursacht von der steigenden Temperatur der Ozeane. Was übrig bleibt, ist eine große graue Fläche. Und dieses Szenario spielt sich derzeit in Korallenriffen weltweit ab. Eine ökologische Katastrophe.

Die Welt hat innerhalb der vergangenen 30 Jahren fast die Hälfte der Korallenbestände verloren. Wissenschaftler versuchen deshalb nun, zumindest die Reste der einzigartigen Ökosysteme über die kommenden drei Jahrzehnte zu bewahren. Die Gesundheit des Planeten hängt davon ab: Gut ein Viertel aller im Meer lebenden Spezies wird von Korallenriffen unterstützt.

Und auch die Menschen brauchen sie. Der Verlust der Korallenriffe sei fundamental schlecht für die Gesundheit eines großen Teils der Menschheit, sagt die Direktorin des Instituts für Marinebiologie auf Hawaii, Ruth Gates. Denn Korallen produzieren Sauerstoff, den Menschen atmen. Deshalb werden sie auch oft als Unterwasser-Regenwald beschrieben. Außerdem bilden sie wichtige Barrieren, die Küsten vor der vollen Kraft von Stürmen schützen.

Auch die Rolle als Touristenmagnet ist nicht zu unterschätzen. Milliarden Dollar werden jedes Jahr umgesetzt, damit Menschen die Unterwasser-Regenwälder sehen können. „Sie sollten besorgt sein, egal, ob Sie in Nordamerika oder Europa oder Australien leben“, sagt Ove Hoegh-Guldberg vom Institut für globale Veränderungen an der Universität in Queensland, Australien. „Das ist nicht einfach nur ein entferntes Tauch-Ziel, ein Urlaubsziel. Das ist der Stoff unseres Ökosystems, das uns trägt.“

Und dieser Stoff wird gerade zerrissen. „Man könnte nicht dümmer sein ... genau die eine Sache zu zerstören, auf der das Leben basiert - das Ökosystem“, sagt Hoegh-Guldberg. Selbst wenn die Weltbevölkerung die Erderwärmung komplett aufhalten könnte, nehmen Experten immer noch an, dass 90 Prozent der Korallen bis 2050 abgestorben sind.

Korallen sind wirbellose Lebewesen, die hauptsächlich in tropischen Gewässern leben. Sie geben Kalziumkarbonat ab und bilden dadurch Schicht für Schicht schützende Skelette um sich, die stetig wachsen. Sie können durch eine Symbiose mit Algen, die in ihrem Gewebe leben, in beeindruckenden Farben erstrahlen.

Eine Temperaturänderung von nur ein bis zwei Grad Celsius kann dazu führen, dass die Korallen die farbgebenden Algen aus ihrem weißen Skelett abgeben - was als „bleichen“ bezeichnet wird. Ausgeblichene Korallen können sich erholen, wenn sich das Wasser abkühlt - aber wenn hohe Temperaturen für mehrere Monate anhalten, sterben die Korallen ab.

Doch manche der Meereslebewesen haben noch eine Chance. Eine Initiative mit dem Namen „50 Reefs“, die von Hoegh-Guldberg unterstützt wird, soll nun Riffe identifizieren, die die größten Überlebenschancen haben. Hoegh-Guldbergs Projektpartner ist dabei Richard Verves, der die XL Caitlin Seaview Studie leitet, die den Zustand von Riffen weltweit dokumentiert.

„Die Riffe, die weniger anfällig für den Klimawandel sind, müssen vor allen anderen Problemen geschützt werden“, sagt Vevers: „Verschmutzung, Überfischung, Küstenausbau“. Bleiben die Riffe dann gesund und belastbar, können sie laut Vevers vielleicht vitale Zentren werden, die umliegende Riffe wieder neu besiedeln. Und die Natur lässt sogar einen Schimmer Hoffnung zu: Einige der Korallen des Kiritimati-Atolls, das zu Kiribati gehört, zeigen erste Zeichen einer Erholung.

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