Bangladesch Strom-Sharing hilft beim Solar-Ausbau

Geteilter Strom ist halbes Leid: In Bangladesch entstehen dezentrale Stromnetze, die stabil und klimafreundlich sind.

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In Zeiten in denen viele Menschen ihren Strom dank Fotovoltaik einfach selbst erzeugen und sich Auto, Couch und Bohrmaschine mit anderen teilen: Warum teilen wir eigentlich noch keinen Strom? In Deutschland gibt es immerhin Energiegenossenschaften, in Bangladesch noch nicht. Bis jetzt.

Das deutsch-bengalisches Startup ME SOLshare entwickelt dort nämlich eine Lösung zum Strom-Sharing. Bangladesch, immerhin der siebtbevölkerungsreichste Staat der Welt, steht einigen Herausforderungen in der Stromversorgung gegenüber: Zwölf Millionen Haushalte haben weder Zugang zum nationalen Stromnetz, noch eine Solaranlage. Für ihre Stromversorgung nutzen sie oftmals teure Generatoren oder Autobatterien. Selbst an das Netz angeschlossene Nutzer sind oft von Stromausfällen betroffen.

Gleichzeitig gibt es knapp vier Millionen Haushalte, die eine eigene Solaranlage besitzen - eine absolut erstaunliche Anzahl. Mit dem Prinzip von SOLshare können nun Solaranlagenbesitzer, die mehr Strom produzieren als verbrauchen, andere Haushalten gleich mitversorgen. So bilden sich kleine Verbünde von vernetzten Stromversorgern - ganz ohne großes, zentrales Netz.

Dieses dezentrale Prinzip interessiert natürlich auch andere Nutzer - von Regierungen bis hin zu kleinen und großen NGOs die so im Katastrophenfall die Stromversorgung organisieren oder Flüchtlingslager versorgen wollen.

Niedriger Preis, mehr KontrolleDer Geschäftsleiter Sebastian Groh, der technische Leiter Hannes Kirchhoff und ihr Team konzipierten die Technologie jedoch in erster Linie für Privatnutzer im ländlichen Raum. Der Preis war daher in der Entwicklung sehr wichtig. Der Schlüssel ihres Ansatzes ist ein Kontrollgerät für die Stromproduktion in Haushalten und kleinen Geschäften. Dieses Gerät steuert die Verbindung über ein Niedrigspannungsnetz zu den anderen Häusern.

Entsprungen ist die Idee aus der Arbeit der Gründer bei dem in Berlin sitzenden Beratungsunternehmen MicroEnergy International GmbH, das als erstes den Begriff der Schwarm-Elektrifizierung geprägt hat. Schwarm-Elektrifizierung beschreibt, wie Schritt für Schritt ein Netz ausgebaut werden könnte.

Der Vorteil an diesem Aufbau eines Netzes ist, dass er zum einen prinzipiell überall stattfinden kann. Es braucht keine Nähe oder Verbindung zu einem Kraftwerk. Zum anderen lässt sich die Geschwindigkeit des Netzausbaus an die Nutzer anpassen. Je nachdem, wer wann in die Technologie zu investieren vermag, kann dies tun. Das Endprodukt ist ein dezentrales Netz, welches nicht allzu leicht zusammenbricht.

Technische Probleme auf dem Land

Doch natürlich gibt es auch Herausforderungen für das Start-up. Zum einen wären da die technischen Hindernisse, die zu überwinden sind: Je dünner besiedelt die Region ist, desto größer werden die Abstände zwischen den Solaranlagen. Gleichzeitig brauchen manche Mühlen- oder Pumpenbesitzer besonders viel Elektrizität. Diese Entfernungen und Spitzenlasten müssen vor Betrieb genau berechnet werden, und auch nach Installation des kleinen Netzes muss das System regelmäßig optimiert werden.

Um zu verhindern, dass das Mikronetz kollabiert, weil zu viel Strom eingespeist oder entnommen wird, hilft nur ständige Kontrolle und Analyse. Das SOLshare-Team setzt dafür nicht nur auf Statistiken, sondern auch auf einen engen Draht zu den Nutzern. Sie beraten die Nutzer dann auch ab wann sich der Kauf eines Solarmoduls oder Akkus lohnen würde.

Zum anderen gibt es organisatorische Herausforderungen. Bangladesch ist kein Land indem es sehr leicht fällt, ein Tech-Startup aufzubauen. Der südasiatische Staat ist auf vielerlei Weise nicht gerade bestens mit den neuesten, technischen Entwicklungen vernetzt. An Ersatzteile für Dieselgeneratoren kommt man leichter, als an technische Kompontenten für ein Strom-Sharing-Netz. Viele Unternehmer beklagen zudem ein großes Maß an Bürokratie und Korruption.

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