Digitales Rabattsystem Foodloop-App hilft gegen Lebensmittelverschwendung

Eine App will helfen, Lebensmittel vor Ablauf des Verfallsdatums günstiger zu verkaufen. Profitieren würden auch die Supermärkte.

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Die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) hat errechnet, dass in Europa jährlich 280 Kilogramm Lebensmittel pro Einwohner auf dem Müll landen. Und das, obwohl ihr Verfallsdatum noch nicht erreicht ist.

Dabei verlieren alle: Die Umwelt, der Konsument und der Lebensmitteleinzelhandel. Letzterem gehen wegen vermeidbarer Abfälle pro Jahr 1,5 Milliarden Euro flöten.

Die Supermärkte preisen diesen finanziellen Verlust ein. Der Kunde zahlt. Hinzu kommt, dass ein Viertel des Wasserverbrauchs weltweit durch den Anbau von Lebensmitteln entsteht, die für die Tonne produziert werden, wie das Informationszentrum für die Landwirtschaft, Proplanta, schreibt.

Würde der Verbraucher die Milch, die in wenigen Tagen ihr Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) erreicht, die er aber gleich verwenden will, günstiger erstehen, würden alle gewinnen. Der Supermarkt, der mehr Umsatz macht, der Kunde, der weniger zahlt und die Umwelt, deren Ressourcen nicht verschwendet werden.

Genau das will das Kölner Startup Foodloop jetzt ermöglichen, indem es Waren, die kurz vor dem Ablauf des Haltbarkeitsdatums stehen, vor dem Müllcontainer bewahrt. Laut Foodloop entsorgen Supermärkte täglich zwei Einkaufswagen mit intakter Nahrung, weil das MHD naht. Denn Tomaten und Möhren sollen taufrisch sein, lautet das Versprechen an die Kunden.

Die App verrät, wo Schnäppchen wartenMit einer Foodloop-App für den Einzelhandel und einer für die Konsumenten, will Gründer Christoph Müller-Dechent, 29, beide Gruppen miteinander vernetzen. Konsumenten verrät die App in Echtzeit, welchen Lebensmitteln in welchem Supermarkt der Mülleimer droht und welche deshalb besonders günstig sind.

Die Nutzer können ihre persönliche Einkaufsliste erstellen und ihre Produkte, mitsamt der Supermärkte, die sie besuchen wollen, festlegen. Die App (Abbildung unten links) informiert sie, sobald dort ein günstiges Angebot vorliegt. Oder sie fahnden über die Suchfunktion nach Ware, die in ihrem Umkreis rabattiert ist. So schonen sie ihren Geldbeutel und reduzieren Müll, verspricht Müller-Dechent.

 

Doch auch die Supermärkte profitieren: Beim morgendlichen Inventur-Gang durch die Regalreihen tragen die Mitarbeiter in die Händler-App beispielsweise den Preisnachlass für ihre Tütenmilch ein, wie viel Stück sie rabattieren wollen und wann das MHD ist (Abbildung oben rechts). Eine Datenbank, die das Startup im Vorfeld gefüttert hat, führt sämtliche Produkte des kooperierenden Supermarktes. Die Nachricht, dass es in diesem Supermarkt verbilligte Milch gibt, erhalten dann alle interessierten Foodloop-User auf ihre Konsumenten-App. So erschließen sich die Einzelhändler neue Kunden und reduzieren Abfall.

Ketten drücken sich vor neuem BarcodeDamit die App auch erfolgreich ist, müssen allerdings viele Supermärkte ihre Angebote an die Foodloop-App senden. Größter Beschleuniger für eine flächendeckende Anwendung ist ein neuer Barcode, der seit 2010 im Einsatz ist. Der GS1 DataBar transportiert komplexere Informationen als die herkömmlichen EAN-Strichcodes, wie das Gewicht oder das Mindesthaltbarkeitsdatum von Produkten. Würden Supermärkte den GS1 DataBar einsetzen, wäre es ein Leichtes, die reduzierten Angebote automatisiert an Smartphones zu kommunizieren.

Doch bislang nutzen nur wenige Supermärkte in Deutschland den neuen Strichcode, so dass ihre Mitarbeiter das Foodloop-Rabattsystem manuell füttern müssen. Das sei zwar nur ein Zeitaufwand von zehn Sekunden, sagt Müller-Dechent. Doch gerade Discounter, die ohnehin wenig Personal einsetzen, um billig anzubieten, könne das abschrecken.

Dabei mache eine Umstellung auf den neuen Barcode absolut Sinn, sagt Müller-Dechent. Die Supermärkte würden täglich zwischen einer und drei Stunden Zeit sparen, weil ihre Mitarbeiter nicht mehr durch die Gänge laufen und die Produkte erfassen müssten, deren Haltbarkeit ende. Das liefe stattdessen automatisiert und senke die Kosten erheblich. Dafür müsste die Soft- und Hardware einmalig angepasst werden. Die Kosten, die dafür anfallen "sind für ein größeres Filialnetz zwar Peanuts“, sagt Müller-Dechent. „Doch Konzerne sind halt große Tanker, die sich langsam bewegen.“

Pitches bei Metro, Lidl, Rewe und Co.Also befindet sich Müller-Dechent derzeit unermüdlich in Gesprächen mit den großen Einzelhandelsketten. Bei Metro, Lidl, Edeka, Rewe und Aldi Süd hat er gepitcht. Mit Coop Jednota in der Slowakei, die den neuen Barcode bereits verwenden, soll es 2015 zu einer Zusammenarbeit kommen, hofft das Team. Dort könnte Foodloop die Kunden mit 2300 Filialen vernetzen.

Wenn das Startup die Feuertaufe mit einer großen Kette bestehe, werde es einen Domino-Effekt geben, ist Müller-Dechent überzeugt.

Dass Foodloop einen klaren wirtschaftlichen Mehrwert bringt, zeigt ein Pilotprojekt mit drei Filialen des Bio-Supermarktes Bergfeld's in Bonn. 100 Personen aus allen Einkommensschichten hat Foodloop mit seiner App ausgestattet, die im Januar 2015 auf den Markt kommen soll. Das Ergebnis: Jede Filiale konnte monatlich ein Umsatzplus von 900 Euro verbuchen.

Bis 2020 in allen Supermärkten der WeltNatürlich könnten die Ketten ihre eigenen MHD-Rabattsysteme programmieren und über ihre Apps laufen lassen. Doch dann fehle ihnen die Reichweite, die Foodloop generieren würde, meint Müller-Dechent selbstbewusst. Denn das Startup arbeitet mit den Marketing-Experten von Ogilvy zusammen, die der Firma zu großer Bekanntheit verhelfen sollen.

Als nächstes geht es für Foodloop darum, die Einzelhandels-Ketten davon zu überzeugen, den neuen Barcode auf ihre Produkte zu kleben. Denn dann könnte das klappen, was sich das Startup vorgenommen hat: Bis 2020 sollen weltweit alle Supermärkte mit dem Foodloop-Rabattsystem ausgestattet sein.

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