E-Auto als Dienstwagen: „E-Autos sind die günstigste Form der Individual-Mobilität“

WirtschaftsWoche: Herr Scholz, Sie beraten zahlreiche Unternehmen und Flottenmanager beim Einsatz von E-Autos; was sind die häufigsten Bedenken jenseits der Kaufpreise?
Marcus Scholz: Immer wiederkehrende Vorbehalte betreffen die Themen Reichweite und Ladeinfrastruktur. Die Reichweite der meisten Modelle hat sich aber in den letzten eineinhalb Jahren erheblich verbessert. Gerade im für Flottenkunden relevanten Markt finden sich zunehmend Modelle mit Reichweiten von 350 bis 450 Kilometern; damit kommen die meisten Außendienstler gut zurecht.
Braucht der Markt weitere Modelle mit noch größeren Reichweiten?
Eher nicht, denn auch die Ladegeschwindigkeit der E-Auto-Palette ist erheblich gestiegen. Vor zwei Jahren wurde im Schnitt noch mit 100 Kilowatt geladen. Heute laden die Fahrzeuge durchschnittlich mit 150 Kilowatt. Ein Fahrzeug mit einer Batteriekapazität von 75 Kilowattstunden kann so in etwa 20 Minuten von 10 auf 80 Prozent der Batteriekapazität geladen werden. Das dauerte vor zwei Jahren noch erheblich länger.
Welche Fahrstrecke hat ein typischer Firmenwagennutzer?
Langstreckenfahrten mit 500 Kilometern am Stück sind auch im Flottenbereich selten. Im Durchschnitt fahren Dienstwagen 70 Kilometer pro Tag. Kommen typische Privatfahrten hinzu, erreichen die meisten Dienstwagennutzer etwa 100 km pro Tag. Das heißt, dass selbst ein E-Auto der unteren Reichweitenskala nur alle zwei bis drei Tage geladen werden muss.

Marcus Scholz, Managing Director von Elexon.
Und die Ladeinfrastruktur? Berichten Ihre Kunden von Problemen, auf Dienstreisen freie Ladeplätze zu finden?
Auch das bessert sich. Häufig wird ohnehin nur beim Arbeitgeber geladen. Wer seinen Mitarbeitern E-Autos zur Verfügung stellt, hat meist konsequenterweise eine Ladeinfrastruktur vor Ort. Auch das Laden zu Hause rückt stärker in den Fokus.
Und wer beides nicht kann, muss weiter Dienstdiesel fahren?
Inzwischen gibt es sehr viele Möglichkeiten zum Laden, bei denen sich die 20 Minuten Wartezeit gut integrieren lassen, etwa ein Geschäftskundenessen in der City oder der private Einkauf nach Feierabend. Auch das Schnellladenetz entlang der Fernstraßen wächst. So gesehen, sind Reichweite und Ladeinfrastruktur keine echten Hindernisse mehr.
Leidet die Akzeptanz unter dem Wegfall der staatlichen Kaufprämie für Dienstwagen?
Nach unserer Beobachtung hat sie sich erhöht. Der Grund ist schnell erklärt: Betrachtet man die Gesamtkosten pro gefahrenen Kilometer inklusive Abschreibungen, Strom oder Treibstoff, Wartung, Reparaturen, Steuern und Versicherung, sind E-Autos schon jetzt die günstigste Form der Individual-Mobilität.
Obwohl die Förderung für E-Autos ausgelaufen ist?
Ja, nach wie vor, aus mehreren Gründen. Derzeit wächst die Modellpalette, vor allem in der Mittelklasse. Einige Hersteller agieren zudem sehr preisaggressiv. Zudem werden E-Autos preislich attraktiver, da die Krise in Nahost die Ölpreise steigen lässt, während die Strompreise in Deutschland zum Teil deutlich sinken. Auch die Anschaffungskosten bei E-Fahrzeugen nähern sich den Kosten einer Verbrennerflotte immer mehr an.
Gibt es Branchen, die besonders gerne elektrische Dienstwagen einsetzen, oder solche, die fremdeln?
Es gibt sicherlich Branchen, die elektroaffiner sind, einfach, weil sie es sein müssen. Vor allem die Logistikbranche, sie ist von steigenden gesetzlichen Anforderungen an CO2-Emissionen und Lärmbelästigung im städtischen Lieferverkehr betroffen. Gesetzliche Rahmenbedingungen zwingen Paket- und Briefzusteller schneller als andere Flotten, auf E-Mobilität umzustellen. Das gleiche gilt für Unternehmen, die im weitesten Sinne im Umweltsektor tätig sind. Es ist schwierig, Kunden zum Thema Nachhaltigkeit zu beraten und selbst mit einem Verbrenner vorzufahren.
Transparenzhinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 20. November 2023 bei der WirtschaftsWoche. Wir zeigen ihn aufgrund des hohen Leserinteresses erneut.
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