Achim Wambach ist seit 2016 Präsident des ZEW -Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim und seit 2014 Mitglied der Monopolkommission.
WirtschaftsWoche: Herr Wambach, die Zahl der Ladesäulen für E-Autos steigt langsam, aber stetig. Gibt es eigentlich genug Wettbewerb, um überhöhte Strompreise für E-Auto-Fahrer zu verhindern?
Achim Wambach: Noch nicht. Hier können gravierende Wettbewerbsprobleme zu Lasten der Verbraucher auftauchen. Klar, wir brauchen viel mehr Ladesäulen und das möglichst schnell. Allerdings müssen wir aufpassen, dass beim Aufbau der Infrastruktur der Wettbewerb nicht auf der Strecke bleibt. Öffentliche Ladesäulen sind kein Teil des Stromnetzes und somit unreguliert. Der Betreiber einer E-Tankstelle ist derzeit nicht verpflichtet, anderen Stromanbietern Zugang zu seiner Ladesäule zu ermöglichen. Das heißt: Der Kunde, der sein E-Auto unterwegs aufladen will, ist vor Ort an einen Anbieter und dessen Tarife gebunden. Ohne Wettbewerb kann der Strom von Ladesäulen daher künftig sehr teuer werden.
Aber sollte man einem jungen Markt, der sich dynamisch entwickelt, direkt mit der Regulierungskeule kommen?
Sicher nicht. Aber gerade deshalb sollten wir keine Marktstrukturen aufbauen, die uns später um die Ohren fliegen und dann Regulierung notwendig machen. Die Kommunen vergeben die Erlaubnis für die Errichtung von Ladesäulen auf öffentlicher Fläche in der Regel an nur ein Unternehmen, und nicht selten sind das ihre eigenen Stadtwerke. Wenn alle Ladesäulen einer Stadt demselben Betreiber gehören, gibt es keinen Wettbewerb und dann wird es für den Verbraucher teuer. Die Monopolkommission hat schon vor zwei Jahren in einem Sektorgutachten auf diese Problematik hingewiesen.
Wie könnte eine wettbewerbliche Ordnung auf dem Markt der E-Tankstellen aussehen?
Zum einen bietet sich eine örtliche Parzellierung an, wie sie etwa die Stadt Essen praktiziert. Einzelne Betreiber sollten dabei keine Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Ladesäulen in Parzellen erhalten, die direkt nebeneinander liegen. Zum zweiten sollten Erlaubnisse für den Betrieb von Ladesäulen auf öffentlicher Fläche nicht zu lange laufen. Hier gibt es innerhalb der Städte gravierende Unterschiede. In Braunschweig etwa sind es 20 Jahre, in München nur drei Jahre. Sollten die Kommunen den Wettbewerb nicht entsprechend entwickeln, dann wäre drittens in einer späteren Marktphase auch vorstellbar, dass Kunden wie zu Hause auch an der Ladesäule zwischen verschiedenen Stromanbietern wählen können. Das wäre allerdings ein starker regulativer Eingriff in den Markt. Davor dürfte die Politik in der jetzigen Situation, wo es noch zu wenig Ladestationen gibt, zurückschrecken.
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