Fahrbericht Land Rover Discovery Sport Der Abenteurer für die Familie

Der Freelander ist Geschichte, an seiner Stelle tritt der Discovery Sport. Mit dem neuen Kompakt-SUV setzt Land Rover auf die Vielseitigkeit – und ein in dieser Klasse einzigartiges Extra.

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Der Discovery Sport kommt am 28. Februar für mindestens 34.400 Euro in den Handel Quelle: Land Rover

Was auch immer Land Rover in den vergangenen Jahren auf den Markt gebracht hat, wurde ein Verkaufserfolg. Zu nennen wären hier der 2012 eingeführte Range Rover oder sein dynamischer Ableger Range Rover Sport. Und allen voran natürlich das Kompakt-SUV Evoque, dass die Stückzahlen der Briten förmlich explodieren lies.

Auch der ewig junggebliebene Defender und der kantige Discovery fanden bei den Offroad-Fans ihre Käufer. Nur an einer Ecke lief es über die Jahre nicht so prächtig wie beim Rest der Marke: dem Freelander.

Der kompakte Geländewagen bot zwar überzeugende Fahrleistungen, aber in der Kundenwahrnehmung meist auch ohne eigenständiges Profil. Er war zwar schon da, als der Trend zu den Kompakt-SUV aufkeimte, aber vielleicht auch gerade deswegen interessierte sich kaum einer für ihn.

Damit soll jetzt Schluss sein, denn der Freelander ist inzwischen Geschichte. Am 28. Februar schickt Land Rover den Discovery Sport auf den Markt, um den freigewordenen Platz in der Modellpalette zu füllen – ohne wie der Freelander zwischen den Stühlen zu sitzen.

Schon auf den ersten Blick hat der Discovery Sport wenig mit seinem Quasi-Vorgänger gemein – aber auch nicht mit dem Namenspaten, dem großen Discovery. Von dessen Ecken und Kanten ist bei der rundgeschliffenen Karosserie des Discovery Sport nichts mehr übrig geblieben. Vielmehr ist er dem Schwestermodell Evoque wie aus dem Gesicht geschnitten. Kein Wunder, schließlich teilen sich die beiden mehr als die Hälfte der Teile.

Mehr Nutzwert als Design

Dennoch ist der Discovery Sport kein Abklatsch des erfolgreichen Evoque. Unter dem Markennamen Discovery wollen die Briten ihre besonders vielseitigen Modelle bündeln. Der Evoque läuft hingegen unter der Marke Range Rover – bei der an der ein oder anderen Stelle der Nutzwert gerne dem Design oder dem Lifestyle geopfert wird.

In der Praxis heißt das: Während beim trendigen Evoque die Fensterlinie konstant ansteigt und die Dachlinie abfällt – was zwar dynamisch aussieht, den Wagen aber extrem unübersichtlich werden lässt –, setzt der Discovery auf den etwas unförmigeren, aber deutlich größeren Kofferraum.

Ausstattungslinien für den Discovery Sport

Dazu kommen praktische Details wie die verschiebbare Rückbank: Je nach Bedarf an maximaler Beinfreiheit für die Fondpassagiere oder maximalem Laderaum können die Sitze um bis zu 16 Zentimeter verschoben werden – so kann der Kofferraum von 480 auf bis zu 690 Liter mit nur einem Handgriff vergrößert werden.

Sieben Sitze optional

In noch einem Punkt unterscheidet sich der Discovery Sport von seinem Schwestermodell – und von allen Wettbewerbern. Im Gegensatz zu X3, Q5 und GLK gibt es den Briten mit einer optionalen dritten Sitzreihe. Allerdings ist Land Rover ehrlich genug, nicht von einem vollwertigen Siebensitzer, sondern von einem 5+2-Sitzer zu sprechen. Wer öfters zu siebt unterwegs ist, muss nach wie vor zum Discovery greifen, im Sport taugen die beiden Klappsitze im Kofferraum (1.300 Euro Aufpreis) nur für Grundschulkinder, Erwachsene finden hier nur beengt auf kurzen Strecken Platz.

Dass die dritte Sitzreihe in einem Auto von 4,60 Metern Länge überhaupt möglich ist, liegt an dem einzigen großen technischen Unterschied zum Evoque: der aus dem Range Rover Sport entliehenen Integral-Hinterachse. Diese Konstruktion spart nicht nur Gewicht, sondern schafft dank ihrer kompakten Bauweise genau den Platz, der für die Sitze sechs und sieben sowie den dazugehörigen Fußraum benötigt wird. Die Größe des Kofferraums ist beim 5- und 5+2-Sitzer gleich.

Mehr Range Rover als Offroader

Zudem soll die neue Hinterachse auch einen besseren Federungskomfort und ein direkteres Ansprechverhalten bieten. Vergleiche verbieten sich allerdings nach der ersten Testfahrt, denn die Fahrzeuge waren wegen der vereisten Straßen rund um den Präsentationsort Reykjavik mit Spike-Reifen ausgerüstet. Rückschlüsse auf den Abrollkomfort und das Fahrverhalten können so nicht seriös getroffen werden.

Welche Motoren im Discovery Sport erhältlich sind

Urteile über das Allrad-System des Discovery Sport sind aber möglich. Ab Werk ist der Sport mit einem permanenten Allradantrieb ausgestattet, gegen Aufpreis wird das „Active Driveline“-System eingebaut, das die Kraft per Mitteldifferenzial zwischen Vorder- und Hinterachse verteilen kann. Die Testfahrzeuge waren mit diesem System ausgestattet, das zusammen mit der „Terrain Response“-Steuerung die Antriebskraft passend auf die Räder verteilt.

Aufwändige Gelände-Technik fehlt

Im auf Island meist gewählten „Gras/Schotter/Schnee“-Modus spricht der Discovery Sport zwar etwas träger an, bietet aber stets die optimale Traktion. Selbst bei übermäßigem Beschleunigen auf rutschigem Untergrund bleibt der Wagen sauber in der Spur. Auf eine schneebedeckte Landstraße kann das aber nicht ohne Weiteres übertragen werden, da auf Eis die hierzulande illegalen Spikes auch einen gehörigen Anteil haben.

Dass dem Discovery Sport die aufwändigen Achssperren, Untersetzungsgetriebe und die Luftfederung des großen Discovery fehlen, dürfte aber weniger ins Gewicht fallen. Denn auch wenn er ein Land Rover ist, dürfte er genauso selten ins harte Gelände ausgeführt werden wie alle anderen SUVs.

Den meisten Sport-Kunden wird ein hochwertiger Innenraum deutlich wichtiger sein als das ein oder andere Offroad-Gimmick. Im Cockpit erinnert der Neue eher an den luxuriösen Range Rover als an den rustikalen Discovery. Materialien und Gestaltung sind absolut auf der Höhe der deutschen Premium-Konkurrenz. Die flächige, breite Armaturentafel und die mächtige Mittelkonsole versprühen den klassischen britischen Oberklasse-Charme der Marke.

Zum Glück nicht mehr so klassisch ist das Infotainment-System an Bord des Discovery Sport. Die Bedienung des Touchscreen-Systems wurde gegenüber dem etwas antiqierten Vorgängers deutlich vereinfacht, die Optik moderner. Alles, was nicht über den Monitor bedient wird, hat große und selbsterklärende Tasten – wie es sein muss. Nur ein Detail hat sich nicht ganz erschlossen: Die Sitzheizung hat auf der Mittelkonsole eine eigene Taste. Sobald man sie drückt, erscheint das entsprechende Menü auf dem Bildschirm – die Taste aktiviert also nicht die Sitzheizung, sondern ruft nur ein Menü auf.

Endlich ein modernens Infotainment-System

Einfacher ist die neue Smartphone-Integration. Über die „InControl“-Apps kann das System auf das angeschlossene Smartphone des Kunden zurückgreifen – das Handy wird quasi über die Bedienelemente des Autos gesteuert. Bei einem ersten Test funktionierte das zufriedenstellend, wenn auch das GPS-Signal des verwendeten iPhone 6 ab und zu zu schwach war und die Navigation störte. Aber dafür kann das Auto nichts.

A propos Smartphone: Neben einem USB-Anschluss, der das Smartphone mit dem Auto verbindet, sind an jedem Sitzplatz (mit Ausnahme des Fahrerplatzes) USB-Buchsen zum Laden von Smartphone oder Tablet verbaut. Ein kleiner, in heutigen Zeiten aber sehr praktischer Schritt. Zudem ist man bei Land Rover stolz darauf, dass jeder der bis zu sieben Insassen einen eigenen Luftausströmer hat – und das auf Gesichtshöhe.

Zwei Diesel und ein Benziner im Angebot

Letzteres dürfte bei der Kaufentscheidung weniger den Ausschlag geben, die Motoren aber womöglich schon. Zum Start am 28. Februar 2015 sind zwei 2,2-Liter-Diesel und ein 2,0-Liter-Benziner im Angebot, allesamt Vierzylinder. Der empfehlenswerte Selbstzünder ist 150 oder 190 PS erhältlich, der Kunde hat hier die Wahl zwischen einer Sechs-Gang-Handschaltung von Getrag und einer Neun-Gang-Automatik von ZF.

Letztere ist sehr komfortabel ausgelegt und wechselt butterweich die Gänge – im Gegensatz zu der sehr nervösen Version, die zunächst im Evoque angeboten wurde. Zudem bietet sie eine größere Spreizung, was sowohl bessere Spurtwerte als auch einen niedrigeren Verbrauch als bei der Handschaltung ermöglicht (siehe Infokasten). Zudem hilft der extrem kurz übersetzte erste Gang der Automatik im Gelände, indem er quasi das Untersetzungsgetriebe überflüssig macht. Der 240-PS-Benziner ist ausschließlich mit der Automatik zu haben.

Einstiegspreis wird im Herbst sinken

Ein Modell mit Frontantrieb wird erst im Laufe des Jahres eingeführt, wenn der sogenannte eD4 auf den Markt kommt. Der 2,0 Liter große Dieselmotor kommt wie der TD4 auf 150 PS, verbraucht aber weniger. Wegen des Verzichts auf den Allrad kommt der eD4 zumindest auf dem Prüfstand auf einen CO2-Ausstoß von 119 Gramm pro Kilometer – für ein 4,60 Meter große SUV ein beachtlicher Wert. Was er dann in der Praxis verbrauchen wird, steht noch nicht fest.

Bekannt sind aber bereits die Preise für den Discovery Sport. Bis der eD4 mit 32.250 Euro das neue Einstiegsmodell bildet, ist der TD4 mit 34.400 Euro die günstigste Version. Der stärkere SD4 (41.000 Euro) und der Benziner Si4 (43.350 Euro) sind zwar deutlich teurer, aber auch besser ausgestattet.

In allen Versionen gehören die Warnung beim unbeabsichtigten Verlassen der Fahrspur, ein neu entwickelter Notbremsassistent und der immer noch ungewöhnliche Fußgängerschutz mit einem Airbag vor der Windschutzscheibe gehören zum Serienumfang. Andere Systeme finden sich in der Liste der Zusatzausstattung bis hin zum Head up-Display und dem „Wade sensing“, dass die Wassertiefe vor dem Auto misst, bevor es die maximal 60 Zentimeter tiefe Furt quert.

Einerseits will der Discovery Sport ein modernes, mit allerhand Elektronik hochgezüchtetes SUV sein, auf der anderen Seite aber auch ein vollwertiger Land Rover – weiter fahren, wo die anderen bereits aufgeben. Der Spagat zwischen trendigem Familienauto und waschechten Offroader könnte kaum größer sein – doch der Discovery Sport steckt er noch, der echte Abenteurer.

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