Grüner Pionier Endlich bezahlbare E-Autos

Er erfand mit dem Smart das erste Stadtauto und propagierte Carsharing. Jetzt, mit 65 Jahren, plant der Designer Johann Tomforde erneut den großen Coup: ein bezahlbares Elektroauto, das dem sauberen Antrieb zum Durchbruch verhelfen soll.

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Wie ein Schiffsrumpf - Designer Tomforde in seinem neuen Elektroauto Quelle: Deniz Saylan für WirtschaftsWoche

Eine schlichte Garagenhalle in Böblingen bei Stuttgart: Inmitten von Werkzeugen, Prüfgeräten und Hebebühnen steht mit schwarzem Tuch verhüllt ein Auto. Es ist nicht irgendein Auto, sondern ein Prototyp, mit dem Johann Tomforde Elektroautos zum Durchbruch verhelfen will.

Tomforde eilt darauf zu, reißt den Sichtschutz herunter. Und zum Vorschein kommt ein dunkelblauer Kompakt-Elektrowagen namens Teamo, der nicht nur durch beispiellose Variabilität glänzt: Auf vier Meter Länge bietet der Wagen bis zu 3.200 Liter Stauraum als Citylaster – oder Platz für sechs Passagiere. Er bietet zudem im doppelten Boden Platz für eine Brennstoffzelle und zig Lithium-Ionen-Batterien, die den Elektromotor an der Hinterachse mit Strom versorgen und den Wagen mindestens 200 Kilometer weit bringen sollen. Teile des Autos lassen sich sogar erneuern.

Seiner Zeit voraus

Der elegant gekleidete, grauhaarige Hamburger, der in der schwäbischen Provinz bei den Häuslebauern und Mercedes-Besitzern gelandet – und hängen geblieben ist, eilt seiner Zeit wieder einmal voraus. Schon einmal hat er die Basis für ein revolutionäres Stadtauto geliefert. Die Idee für den Smart skizzierte der heute 65-Jährige schon vor mehr als 40 Jahren. Die Entwürfe waren für die konservativen Schwaben bei Daimler aber eher Provokation: ein winzig kleines, eiförmiges Etwas, mit nur zwei Sitzen und einem Elektromotörchen im Heck. Damals setzte der Rest der Benzin-Branche noch auf große Autos als Statussymbol.

Der damalige Daimler-Chef Werner Breitschwerdt verzieh dem Youngster die vermeintliche Verirrung. Er neckte, berichten ehemalige Mitarbeiter, den Nachwuchs-Konstrukteur liebevoll als „kleinen Revoluzzer“ und trug ihm gleichzeitig auf: „Jetzt baust’ wieder richtige Autos.“ Wie die Luxuswagen S- und SL-Klasse. Erst später entstand aus seinen Ideen der Smart.

Diesmal hat er nicht nur ein völlig neues Fahrzeugkonzept entwickelt, sondern gleich ein zukunftsweisendes Geschäftsmodell: teilen statt besitzen, Autokonzerne als Mobilitätsdienstleister, die sich mit Google, Sixt & Co. verbünden müssen, um Wegstrecken mit Fahrrad, Motorrad, Auto, Bus und Bahn einfach per Smartphone zu planen. Das Konzept ist so gut, dass das Bundesforschungsministerium vergangene Woche zusagte, Tomfordes Unternehmen Teamobility zu fördern. Er erhält mit Partnern bis 2014 vier Millionen Euro für die Elektromobilitätsentwicklung.

Das Herzstück zur nachhaltigen Mobilität

Der Hamburger sieht sich in seinem umfassenden Konzept bestätigt. Sein Ziel: langlebige Autos mit Möglichkeit zur Rundum-Erneuerung und clevere Dienstleistungen. Die Akkus von Elektroautos lassen sich beispielsweise in Parkhäusern zu virtuellen Riesenbatterien verknüpfen. Die speichern überschüssigen Wind- und Sonnenstrom und geben ihn zum Feierabend, wenn viel Strom benötigt wird, wieder ab.

Tomforde zeigt in seiner Böblinger Garagenhalle auf den Entwurf einer Autoplattform mit vier Rädern, die neben dem Teamo steht und durch ihre ovale Form irritiert. Alusilbern glänzen die Planken an den Seiten, ein Holzboden irritiert da, wo sonst Stahl und Plastik dominieren. Wie ein Schiffsrumpf auf Rädern wirkt diese Basis des Elektrowagens. Der Designer gerät in einer seltenen Mischung aus Enthusiasmus und hanseatischem Understatement ins Schwärmen: „Das ist das Herzstück unserer Idee zur nachhaltigen Mobilität.“

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