Oldtimer-Preisentwicklung Alte Porsche im Überangebot

Es ist für einen Oldtimer- und Sportwagen-Fan eher selten, dass er des Anblicks klassischer 911-Porsche überdrüssig wird. Auf der Techno Classica war es nun soweit. Was vor allem an Preisen und Blechzuständen lag.

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Viele Jahre lang haben sich die Preise älterer luftgekühlter Porschemodelle prächtig entwickelt. Zurzeit geht es in die andere Richtung, eine gewisse Marktsättigung scheint erreicht. Quelle: Carl Christian Jancke

Düsseldorf/Essen Die 911er-Inflation, was für eine unschöne Wortpaarung. Waren doch alte luftgekühlte Boxer-Klassiker aus Zuffenhausen in den vergangenen Jahren ein sichere Wertanlage, die ständig teurer wurde, wenn die Historie und die Substanz stimmte. Doch wer am vergangenen Wochenende über die Essener Techno Classica schlenderte, gewann zeitweise den Eindruck von den insgesamt 2500 Exponaten kämen gefühlte 80 Prozent von Porsche. Und die meisten leider eben nicht in sammelwürdigem Zustand.

Werden immer mehr 911er auf den Markt gespült, so wird jeder einzelne weniger wert. Das gilt insbesondere für die Standardmodelle 911, 964, 993 und 996. Und über die in Essen gezeigten Exemplare zeigte sich nicht nur ein englischer Händler regelrecht „entsetzt über die Qualität“. Mangelnde Wartungshinweise und eine nicht nachweisbare Historie waren ebenso and er Tagesordnung wie „Händlerduschen“ (Neulackierungen).

Dass die Preise nicht mehr in den Himmel wachsen, zeigte sich schon 2015. Ein Index der Historic Automobile Group (HAGI), der monatlich die Preise von 14 repräsentativ ausgewählten Porschemodellen misst, nahm seit Jahresanfang um etwa einen Prozent ab. Und auf den Auktionen seit Dezember blieben viele Autos unverkauft.

Bei der 911-Only-Auktion von Auctionata fand nur rund ein Viertel der angebotenen Wagen neue Käufer. So waren dem Eigentümer eines von rund 30 Porsche 911 ST aus den frühen Siebziger Jahren satte 900.000 Euro nicht genug. Dabei handelte es sich um einen kompletten Neuaufbau ohne durchgängige Historie. Wolfgang Juchem von Auctionata nannte denn auch im Fachmagazin „Automobilsport“ die überzogenen Erwartungen der Verkäufer als Hauptgrund dafür, dass viele Autos gar nicht erst versteigert werden.

Wie entscheidend gerade die nachweisliche Historie eines Classic Cars unter dem Aspekt der Wertanlage ist, zeigte der Verkauf eines seltenen Porsche 911 2.7 RS Touring (ca. 1000. Exemplare). Ein solches Auto erreichte bei Bonhams als „Touring“ (der sich vom „Lightweight“ unter anderem durch das Vorhandensein eines Schminkspiegels unterscheidet) gerade mal 515.000 Dollar. Fand sich in der Beschreibung vielleicht zu oft die englische Formulierung: „Is believed to be owned by ...“.

Auf der Messe in Essen stand ein orangefarbenes Exemplar für mehr als 700.000 Euro. Auch hier sind Wagen in der Vergangenheit schon teurer gehandelt werden. Für Unsicherheit bei Sammlern sorgt, dass sich auch einige gut gemachte Nachbauten auf dem Markt befinden. Der Erlös eines entsprechend aufgerüsteten 2.4 S mit Motor, Leichtbauteilen und Heckbürzel lässt so also leicht um ein paar Hunderttausend Euro oder Dollar steigern.


Wer einen haben wollte, hat mittlerweile einen

Als besonders volatil erwies sich die Preisentwicklung bei neueren Porsche-Modellen wie dem 959 und dem Supersportwagen Carrera GT. Beide Wagen haben jahrelang ein Schattendasein unterhalb der halben Million Euro gefristet. Auf der Techno Classica 2015 waren dann gleich vier Modelle des eigentlich für Le Mans entwickelten Supersportwagen für jeweils um eine Million Euro verkauft worden.

Doch mittlerweile scheinen alle, die so ein Auto haben wollten, einen zu haben. Dieses Jahr waren in der „Porsche-Halle“ in Essen wieder zwei im Angebot. Ein Händler wollte wieder eine Million sehen, ein zweiter rund 630.000 Euro.

Auch beim Porsche 959 sind Preise und Nachfrage gesunken. Schon bei Auctionata im Dezember war bei einem Gebot von 800.000 Euro Schluss. Auch das war dem Eigentümer nicht genug. Das Ex-Museumsauto hatte nur knapp 8000 km auf der Uhr. Der Wagen hatte seit dem Erwerb durch den Vorbesitzer 2004 nur 186 km zurückgelegt.

Doch selbst das kann ein schlechtes Zeichen sein, es spricht für Standschäden und Wartungsstau. Und eine Inspektion des Technologieträgers aus den späten Achtzigern kann dann schon mal mit 60.000 Euro zu Buche schlagen.

Manfred Hering von „early911s“ aus Wuppertal hat immerhin zwei Autos verkauft. Aber auf seinem Stand fand man fast nur selbst restaurierte Seltenheiten, wie etwa auch einen 959 oder einen 993 Turbo S. “Eigentlich sind wir ja ein Handwerksbetrieb. Wir raten potentiellen Käufern, wenn sie sich neu umtun, gleich einen Classic-Data-Gutachter mitzunehmen. Wenn sie eine Versicherung abschließen, müssen sie den sowieso bezahlen. Und können die böse Überraschung erleben, dass das für 150.000 Euro teuer gekaufte Auto in Wahrheit nur 70.000 wert ist.”

Gefragt sind nach Herings Aussicht immer noch Raritäten: Niedrige Stückzahlen, seltene Farben und hohe Qualität. So erzielte ein Porsche 968 Turbo S (von dem nur zweistellige Stückzahlen gebaut wurden) einen mittleren sechsstelligen Betrag auf der Techno Classica. Der ist allerdings kein heckgetriebener Luftgekühlter wie die 911er, sondern stammt aus der Transaxle-Ära mit Frontmotor und Getriebe auf der Hinterachse zwecks besserer Gewichtsverteilung.

Hering glaubt auch, dass die Fachkenntnis des Publikums deutlich zugenommen hat. Das bestätigt Bernhard Kerkloh, der mit Movendi einen der gediegensten Stände auf der Messe unterhielt. „Die Hallen stehen voll mit 911er-Standardware, die aus Japan oder Amerika von Händlern aus den Niederlanden und Belgien herbeigeschafft wurden. Die meisten fahren wieder unverkauft nach Hause”, sagt Kerkloh. Er selbst hat diesmal in Essen acht Autos verkauft, darunter einen Iso Grifo, ein Jaguar XK 150 Cabrio und ein rares Einzelstück, einen Glöckler-Porsche.

Für die Summe der 911er-Klassiker gilt nun ebenso wie für die wenigen, die noch keinen besitzen: Entspannt abwarten, wie sich die Preise entwickeln werden, wenn die Illusionen zerstört sind.

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