Studie zu Elektro-Lkw: So viele Schnelllader bräuchte Europa

Batterie Lkw eActros von Daimler. Die Hersteller Daimler Truck, Traton und Volvo wollen beim Aufbau eines europaweiten Schnellladenetzes für LKW zusammen arbeiten.
Der Verkehr ist und bleibt das Sorgenkind im Klimaschutz: Während zum Beispiel die deutsche Energiewirtschaft den CO2-Ausstoß pro erzeugter Kilowattstunde Strom seit 1990 mehr als halbiert hat und auch die Industrie rund ein Drittel weniger Klimagase ausstößt als damals, bleiben die CO2-Emissionen des Verkehrs hartnäckig auf ihrem hohen Niveau.
Eine Schlüsselrolle kommt dabei schweren Lkw zu. Zwar ist deren Zahl im Vergleich zu den rund 48 Millionen Pkw in Deutschland mit nur etwa 280.000 Trucks vergleichsweise klein. Dafür aber sind Lkw fast ständig auf Achse. In ihrem Fahrzeugleben spulen sie oft über eine Million Kilometer ab und verheizen dabei 25 bis 35 Liter Diesel pro 100 Kilometer. Trotz der geringen Anzahl sind Lkw daher für rund 25 Prozent der Emissionen des Verkehrs verantwortlich.
Der Gesetzgeber zieht die Zügel an: Nachdem die EU neue Flottengrenzwerte auch für Lkw eingeführt hatte, schreibt sie nun den Mitgliedstaaten den Aufbau einer Infrastruktur vor: Alle Staaten müssen in den kommenden Jahren eine Tank- oder Ladeinfrastruktur für alternative, klimafreundlichere Alternativen zum Dieselkraftstoff bauen. Dazu gehört auch eine öffentliche Schnellladeinfrastruktur für Batterie-Lkw entlang von Autobahnen in Europa.
Die entsprechende EU-Verordnung legt konkrete Mindestziele für die Lkw-Ladeinfrastruktur für alle EU-Mitgliedstaaten fest: So soll es in Deutschland bis 2030 insgesamt rund 300 Lkw-Ladestationen geben, europaweit sind es über 2000. Angesichts der begrenzten Reichweite von batterieelektrischen Lkw im Vergleich zu Diesel-Lkw stellt sich nun die Frage, wie viele Schnelllader und in welchem Abstand sie gebaut werden müssen, damit die Trucks jederzeit geladen ans Ziel kommen.
Bislang gibt es dazu kaum gesicherte Erkenntnisse. Eine neue Studie, die das Fraunhofer Institut ISI zusammen mit dem Logistikkonzern Amazon durchgeführt hat, beantwortet diese wichtige Frage nun erstmals flächendeckend für Europa. Dafür haben die Logistikforscher zunächst das Lkw-Verkehrsaufkommen im Jahr 2030 eruiert. Wo fahren wie viele Lkw zu welcher Zeit?
Auf den perfekten Standort kommt es an
Im zweiten Schritt wurde dann ein optimiertes Lkw-Ladenetz entwickelt, das den erwarteten Ladebedarf mit einer möglichst kleinen Zahl von Ladestationen abdeckt. „Die Studie berücksichtigt auch Kapazitätsbeschränkungen im Hinblick auf Platzverfügbarkeit sowie Netzanschluss und berechnet einen optimierten, schrittweisen Netzausbau entlang der Strecken mit der höchsten Nachfrage in Europa“, teilte das Fraunhofer Institut der WirtschaftsWoche am Freitag vorab mit.
Am Montag soll die Studie einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Die Ergebnisse zeigen, dass bei einem angenommenen Anteil von 15 Prozent batteriebetriebener Lkw im Fernverkehrsbestand 2030 schon 1000 Ladestationen verteilt über Europa 91 Prozent des E-Lkw-Fernverkehrs abdecken könnten – vorausgesetzt, sie werden optimal platziert. Bei ihren Berechnungen seien die Autoren „äußerst konservativ vorgegangen“, so das Fraunhofer Institut: Laden im heimischen Lkw-Depot oder beim Kunden wird es in der Praxis vermutlich auch 2030 noch geben; in der Studie wurden diese beiden Varianten aber mit Null angesetzt. Zudem wurden nur 400 Kilometer maximale Reichweite der Lkw angenommen; ein Wert, den einige Modelle am Markt schon heute übertreffen.
Lieber weniger, aber dafür stärkere Ladestationen
Der Hauptautor der Studie, Patrick Plötz, ist Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI. Er kommentiert: „Die Ergebnisse zeigen, dass sogar weniger Ladestandorte als von der Europäischen Union gefordert fast den gesamten europäischen E-Lkw-Verkehr abdecken würden.“ Weniger Standorte bedeute aber auch, „dass jeder davon mit mindestens 20 Ladepunkten von je einem Megawatt Ladeleistung ausgestattet sein sollte.“ Bei schwächeren Ladepunkten seien entsprechend mehr Stationen nötig.
Plötz glaubt, dass ein strategisch geplantes Netz auf der Grundlage von Megawatt-Ladestationen die Verbreitung batteriebetriebener Lkw in Europa stark fördern könnte: „Industrie und Politik sollten sich nun auf neue, Megawatt-starke Ladepunkte konzentrieren“, fordert Plötz. Denn das ermögliche es Logistikunternehmen, die keine Möglichkeit zum Depotladen haben, ihre Flotten zu elektrifizieren.
Lesen Sie auch: Warum dieser Neusser Spediteur bereits jetzt auf E-Lkw setzt













