




Ein ziemlich treffendes Sprichwort besagt, dass die meisten Menschen zwar sehr gerne "alt werden" wollen - in den seltensten Fällen aber "alt sein". Erst recht ist es unter Werbern eine Binse, dass man seine Kundschaft auf gar keinen Fall "alt" nennen darf. So werden aus "Alten" mindestens "Best Ager" und aus "Online-Rentnern" gerne mal "Silver Surfer".
Gemessen an diesem Marketing-Grundsatz ist es ziemlich ungewöhnlich, wie offen und wie offensiv zwei Spezialanbieter im internationalen Mobilfunkgeschäft um die grauhaarige Zielgruppe werben. Der schwedische Hersteller Doro und das Unternehmen Emporia aus Österreich bauen beide explizit "Senioren-Handys". Und das ziemlich erfolgreich. Seit Jahren verzeichnen die beiden Nischenproduzenten anhaltend wachsende Verkäufe und Umsätze.
Zahlen und Fakten zum Smartphone-Markt
Im vergangenen Jahr wurden rund 1,3 Milliarden Smartphones verkauft. Laut dem Marktforscher IDC war das ein Plus von 27,6 Prozent. Die Marke von einer Milliarde war erst 2013 geknackt worden.
Samsung und Apple lieferten sich im Weihnachtsquartal ein Kopf-An-Kopf-Rennen um den Spitzenplatz beim Absatz mit rund 75 Millionen verkauften Smartphones.
Die teureren iPhones (Durchschnittpreis zuletzt 687 Dollar) machen Apple mit Abstand zum profitabelsten Anbieter.
Im gesamten Jahr 2014 verkaufte Samsung klar die meisten Smartphones mit einem Marktanteil von rund 25 Prozent. Das war allerdings ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 31 Prozent 2013. Apple liegt bei rund 15 Prozent der weltweiten Verkäufe.
Zur weltweiten Nummer drei im Smartphone-Markt wurde mit dem Kauf des Handy-Pioniers Motorola der weltgrößte PC-Hersteller Lenovo. Die Chinesen erreichten zuletzt einen Marktanteil von 6,6 Prozent.
Smartphones machen inzwischen mehr als zwei Drittel des gesamten Handy-Marktes aus.
Das Google-Betriebssystem Android und die iOS-Plattform füllen zusammen mehr als 90 Prozent des weltweiten Smartphones-Marktes aus. Entsprechend wenig Platz bleibt für die Anbieter anderer Systeme.
Denn zum einen wächst die Zahl der potenziellen Kunden Dank der anhaltenden Alterung der Gesellschaft konstant. Zum anderen scheinen sowohl die potenziellen Nutzer als auch deren (vielfach mit dem Kauf der Telefone befassten) Nachkommen wenig Probleme mit der Positionierung der Kommunikationsgeräte zu haben. Vorausgesetzt, sie zeichnen sich durch unkomplizierte Bedienung, leicht zu treffende Tasten, gut lesbare Displays und – aus gutem Grund – ordentlich Lautstärke im Hörer und beim Klingelton aus.
Offensive Kargheit
Allein für das vergangene Jahr hatte der Marktforscher GfK ein Plus von 15 Prozent im Geschäft mit Mobiltelefonkunden jenseits der 60 prognostiziert. Emporia setzte 2014 rund 800.000 Geräte ab und rund 30 Millionen Euro um. Doro steigerte den Umsatz mit Seniorentelefonen, -Tablet-Computern und anderen Kommunikations- sowie Computerprodukten für Senioren in den deutschsprachigen Märkten im gleichen Zeitraum gar um 73 Prozent auf knapp 38 Millionen Euro – ohne freilich konkrete Absatzzahlen zu nennen.





Dabei steigt die Nachfrage nach großen Bildschirm-Telefonen auch jenseits des Renteneintrittsalters merklich an. Noch – denn bisher haben nicht einmal ein Drittel der über 65-Jährigen in Europa ein Smartphone. In Deutschland liegt die Zahl der potenziellen Kunden dieses Marktsegments bei knapp 18 Millionen Menschen, europaweit gar bei 90 Millionen.
Und um dieses Potenzial zu nutzen, versuchen sich beide Unternehmen jetzt sozusagen an der Quadratur des Kreises. Bisher ging es darum, klassische Handys so zu konstruieren, dass sie möglichst leicht bedienbar, gut ablesbar und verständlich hörbar waren. Das Ergebnis, das inzwischen in den Shops aller Netzbetreiber zu sehen ist, waren einfache Telefone, mit großen Tasten, und eher grobpixeligen aber kontraststarken Displays.
Ergänzend dazu haben die Hersteller auf dem Mobile World Congress in Barcelona im Frühjahr neu entwickelte Senioren-Smartphones präsentiert. Die sollen den Zielkunden zwar einerseits die Option eröffnen, am Taschentelefon auch E-Mails zu lesen, damit Fotos zu machen und – jedenfalls potenziell – weitere Apps zu installieren. Zugleich aber sollen auch sie noch maximal einfach bedienbar sein.
Die Antwort sind in beiden Fällen modifizierte Bedienoberflächen und Benutzerführungen, die beide Anbieter wie eine eigenständige Handysteuerung über das darunter als Betriebssoftware verwendete Android gelegt haben. Statt der bei Standardhandys üblichen komplexen Flut von App-Symbolen, Info-Widgets und Vorschaufenster üben sich beide Anbieter in offensiver Kargheit.