Studie: Tourismus verursacht acht Prozent der Treibhausgase
Neben Hotels sorgen auch die Transportmittel für den touristischen CO2-Fußabdruck.
Foto: dpaDer Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase durch den weltweiten Tourismus ist einer neuen Studie zufolge größer als bisher angenommen. Ein Forscherteam beziffert ihn auf rund acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Die Wissenschaftler um Arunima Malik von der University of Sydney (Australien) bezogen dabei mehr als nur die Auswirkungen von Transportmitteln und Hotels in ihre Analyse ein. Niklas Höhne vom New Climate Institute in Köln findet es „sehr sinnvoll, den gesamten Kohlendioxid-Fußabdruck des Tourismus zu berechnen“.
Frühere Untersuchungen erbrachten nach Angaben der Forscher geringere Werte. So sei eine Studie von 2010 auf einen Treibhausgasausstoß mit der Klimawirkung von 1,12 Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO2-Äquivalente) für den globalen Tourismus gekommen.
Dies habe damals etwa drei Prozent der weltweiten Emissionen ausgemacht. „Diese Analysen decken jedoch nicht die dem Tourismus zugrundeliegenden Lieferketten ab und stellen daher keine echten CO2-Fußabdrücke dar.“ Deshalb zählten Malik und Kollegen auch die klimaschädlichen Auswirkungen von Speisen und Getränken sowie Einzelhandelsangeboten zu den Folgen des internationalen Tourismus.
Wetter
Geht die Erwärmung der Erde ungebremst weiter, werden extreme Unwetter mit schweren Stürmen und Überschwemmungen häufiger auftreten, warnen Klimaforscher. Sogenannte Jahrhunderthochwasser gab es in Deutschland in jüngster Zeit in immer kürzeren Abständen. Zum einen werden die feuchten Regionen der Erde immer noch feuchter, zum anderen drohen den trockenen Gebieten Dürreperioden mit schweren Folgen für die Landwirtschaft vor allem in Entwicklungsländern.
Temperaturen
Auf Klimaveränderungen reagieren Tiere, Pflanzen und Menschen empfindlich. Hitzewellen beeinträchtigen Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden, besonders Kinder, Alte und Kranke müssen gesundheitliche Folgen fürchten. So erhöhen milde Winter zum Beispiel die Überlebensrate von Krankheitsüberträgern wie Mücken, Zecken oder Wanzen. Mit der Zunahme heißer Tage erhöht sich unter anderem die Konzentration von Ozon und Feinstaub in der Luft.
Foto: dpaPollen
Menschen, die ein Leben lang beschwerdefrei waren, bekommen vermehrt Allergien. Aus Sicht von Forschern der Universität Wien wachsen zum Beispiel Ambrosia-Pflanzen bei Wärme besser. Ihre Pollen lösen besonders oft Heuschnupfen aus. Zudem habe sich die Pollensaison insgesamt in Deutschland schon deutlich verlängert, sagt der Leiter des Allergie-Centrums der Berliner Charité, Torsten Zuberbier. Sie sei auch intensiver geworden.
Foto: APMeeresspiegel
Die Erderwärmung lässt Gletscher und das Eis der Pole schmelzen. Steigt der Meeresspiegel immer weiter an, sind die Inseln und Atolle der Malediven zum Beispiel nach Schätzungen in rund 100 Jahren überflutet. Als Mahnung hielt die Regierung 2009 eine Kabinettssitzung unter Wasser ab - in Taucheranzügen. Umweltschützer fürchten unter anderem aber auch für die Nordseeküste dramatische Folgen: Wattflächen, Salzwiesen und Inseln könnten dauerhaft überschwemmt werden.
Foto: dpaPol-Eis
Die Meereisdecken an den Polen waren im März so klein wie nie in einem solchen Monat seit Beginn der Messungen 1981. Das teilten die US-Weltraumbehörde Nasa und die Klimabehörde NSIDC mit. Das Arktis-Eis am Nordpol gehe seit Jahren zurück, am Südpol gebe es hingegen keinen sicheren Trend. Die US-Klimabehörde NOAA geht davon aus, dass das Antarktis-Eis weniger vom globalen als vom regionalen Klima beeinflusst wird.
Foto: dpaKorallen
Das weltgrößte Korallenriff, das Great Barrier Reef, vor Australien ist nach Expertenmeinung massiv vom Klimawandel betroffen. Forscher schreiben, große Teile der Stöcke seien bereits tot. Unter normalen Umständen leben Korallen mit Algen in einer Gemeinschaft zum gegenseitigen Nutzen. Bei erhöhten Wassertemperaturen stoßen Korallen die giftig gewordenen Algen allerdings ab.
Foto: REUTERSMeerestiere
Wegen der wärmeren Wassertemperaturen siedeln sich zum Beispiel in der Nordsee mittlerweile Sardinen, Anchovis und Pazifische Austern an. Dem kaltwasserliebenden Kabeljau wird es allerdings langsam zu warm - er zieht in nördlichere Gewässer. Die durchschnittliche Nordsee-Temperatur hatte 2016 mit 11,0 Grad den zweithöchsten Wert seit 1969. 2014 waren es 11,4 Grad.
Foto: dpaDie Forscher stützten sich auf umfassende Daten zum Tourismus in 189 Ländern, unter anderem von der Weltorganisation für Tourismus (UNWTO). Diese Daten brachten sie in eine eigene Datenbank ein, um den CO2-Fußabdruck nach der Herkunft von Touristen aufschlüsseln zu können. In einem weltweiten Ranking der Treibhausgasverursacher kamen die Touristen aus Deutschland hinter denen aus den USA und China auf Platz 3. Allein die deutschen Reisenden verursachten demnach 329 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Es folgten die Touristen aus Indien, Mexiko, Brasilien, Kanada und Japan.
Nach einer weiteren Teiluntersuchung ist der Treibhausgasausstoß durch den Tourismus von 2009 bis 2013 von 3,9 auf 4,5 Milliarden CO2-Äquivalente gestiegen. Das entspreche einer jährlichen Steigerungsrate von 3,3 Prozent, schreiben die Wissenschaftler. Mit wachsendem Wohlstand erhöhe sich der Treibhausgasausstoß durch touristische Reisen sogar überproportional: Bei einem Bruttoinlandsprodukt von mehr als 40.000 Dollar pro Kopf führe ein Anstieg des Wohlstands um 10 Prozent zu einem Anstieg des CO2-Fußabdrucks durch Reisen um bis zu 13 Prozent. Deutschland lag 2017 bei 42.000 Dollar.
Weil Kreuzfahrtschiffe mit Diesel – und häufig auch mit Schweröl betrieben werden, gelten sie als umweltschädlich. Organisationen wie der Naturschutzbund (Nabu) machen mobil. Die Umweltschützer haben die Abgasbelastung von 63 Kreuzfahrtschiffen untersucht und daraus ein Ranking erstellt. Punkte gab es für Schiffe, bei denen die Abgasreinigung über gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen hinausgingen. Am Besten schnitten die deutschen Reedereien Tui, Hapag Lloyd und Aida ab. Doch die Naturschützer schränken ein: „Auch in der siebten Auflage des Kreuzfahrtrankings ist weiterhin kein einziges Kreuzfahrtschiff in Europa aus Umweltsicht uneingeschränkt empfehlenswert“.
Foto: dpaPlatz 5 und Folgende: Cunard und Co.
Auf den hinteren Rängen des Nabu-Rankings landen all jene Schiffe, für die die Reedereien aus Sicht der Umweltschutzorganisation keine Anstrengungen unternehmen, den Stickoxid-Ausstoß der Flotte zu reduzieren. Dazu zählen neben den Schiffen der Großreedereien Royal Carribean, MSC und Costa auch Cunards Flaggschiff – die Queen Mary 2.
Foto: dpaPlatz 4: Die älteren Schiffe der Aida-Flotte
Auch die älteren Schiffe von Aida fallen bei den Untersuchungen des Nabu durch: Die Aida Vita und vergleichbare Schiffe teilen sich mit dutzenden anderen Kreuzfahrern die hintersten Ränge.
Foto: dpaPlatz 3: Hapag-Lloyd „Bremen“, „Hanseatic“, „Europa“
Der Nabu sieht diese Schiffe des Hamburger Reeders auf Platz drei: Die ab 1990 gebauten Schiffe gingen wenigstens minimal über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus, urteilt die Naturschutzorganisation.
Foto: CLARK/obsPlatz 2: Aida Perla
Bei der Aida Perla und ihren Schwesterschiffen Prima und Sol reduzieren Stickoxidfilter die Umweltbelastung. Allerdings teilte Aida mit, die Katalysatoren nur dort angeschaltet, wo dies zugelassen sei. Der Nabu meint, bei allen bisherigen Messungen sei die Anlage abgeschaltet gewesen und stuft Aida daher zurück. Besser sollen Flüssiggas-Schiffe sein, die ab 2018 fahren.
Foto: CLARK/obsPlatz 1: Tui „Mein Schiff 3“
Besser stehen die jüngeren Schiffe der „Mein Schiff“-Flotte von Tui da: Die Mein Schiff 3, 4, 5 und 6, liegen auf dem ersten Platz des Nabu-Rankings. Die 2014 bis 2017 gebauten Freizeit-Schiffe für jeweils 2500 Passagiere verfügen über Stickoxid-Katalysatoren, welche auch nicht abgeschaltet werden. Den ersten Platz müssen sie sich jedoch teilen, mit der...
Foto: dpaPlatz 1: Hapag-Lloyds „MS Europa 2“
...„MS Europa 2“ von Hapag Lloyd. Das 2013 gebaute Schiffgehört mit 500 Passagieren zu den kleineren Kreuzfahrtschiffen. Auch dort werden Stickoxid-Katalysatoren eingesetzt. Allerdings berücksichtigten die Umweltschützer noch nicht, dass die Europa 2 mittlerweile im Hafen an Landstromanlagen angeschlossen werden kann. Dafür gab es zumindest am Terminal Hamburg-Altona erste Probeläufe. Mit Landstrom-Anschluss ist das Schiff im Hafen nicht auf die schmutzigen Dieselmaschinen an Bord angewiesen – damit hätte sich die Europa 2 den ersten Platz nicht mit der Konkurrenz von Tui teilen müssen.
Foto: CLARK/obsUnter optimistischen Annahmen könne der Anstieg der Treibhausgas-Emissionen durch Touristen bis 2025 auf fünf Milliarden Tonnen begrenzt werden, prognostizieren die Forscher. Sollte sich am gegenwärtigen Trend allerdings nichts ändern, werde der tourismusbedingte klimaschädliche Ausstoß in sieben Jahren 6,5 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente betragen. Denn für die vergangenen Jahre gilt: „Die Nachfrage der Verbraucher nach Reisen ist viel schneller gewachsen als der Konsum anderer Produkte und Dienstleistungen.“
„Unsere Analyse ist ein erster weltweiter Blick, auf die wahren Kosten des Tourismus - inklusive aller Konsumprodukte wie Essen außer Haus und Souvenirs“, sagte Malik.
Die Forscher fordern, generell weniger zu fliegen und mehr Ausgleichsmaßnahmen für den CO2-Ausstoß zu bezahlen. Es gibt verschiedene Agenturen zur CO2-Kompensation, die mit diesem Geld Projekte für erneuerbare Energien unterstützen. Auch Steuern auf Kohlendioxid oder ein Emissionshandel - speziell für den Flugverkehr - seien wichtig, um die Emissionen durch den Tourismus einzudämmen, sagte Ko-Autorin Ya-Yen Sun von der National Cheng Kung University in Taiwan.
Für den Klimaexperten Niklas Höhne ist es vor allem das Einbeziehen von Nahrungsmitteln, das den Wert der Treibhausgas-Emissionen in der aktuellen Berechnung ansteigen lässt: „Landwirtschaft ist sehr treibhaushausintensiv, etwa ein Drittel der weltweiten Emissionen stammen aus diesem Gebiet“.
Höhne nannte die Studie sehr transparent; so gäben die Autoren selbst zu, dass die CO2-Werte geringer wären, wenn man nur das Essen berechnen würde, das Touristen zusätzlich zu ihrer durchschnittlichen Ernährung im Heimatland zu sich nehmen. Den Ausstoß durch das Essen daheim hatten sie nicht verrechnet. Andererseits berücksichtigten die Berechnungen der Flugreisen nicht den Ausstoß von Wasserdampf in großen Höhen. Wasserdampf ist etwa dreimal so klimawirksam wie CO2.