Energieknappheit Mehrheit hält Fracking in Deutschland für notwendig

Ein Frackingbohrturm bei Troy, im US-Bundesstaat Pennsylvania. Braucht auch Deutschland das Förderverfahren, um die eigenen Erdgasschätze zu heben? Quelle: dpa

Eine exklusive Meinungsumfrage deckt aber auch große Informationsdefizite und Ängste in der Bevölkerung auf. 

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Das Werben der FDP für einen Wiedereinstieg in die Fracking-Technologie fruchtet bisher nicht. Zum Jahreswechsel hatte sich sogar Parteichef Christian Lindner klar dafür ausgesprochen, der Technologie eine Chance zu geben. Er erntete parteiübergreifendes Schweigen, das bis heute anhält.  Zu stark wirken offenbar die emotionalen Debatten nach, die vor rund zehn Jahren schon einmal über das Thema geführt wurden und in einem faktischen Verbot mündeten, das bis heute gilt.

Das aber könnte sich möglicherweise bald ändern. Die Bevölkerung nämlich sieht das Thema offenbar weniger kritisch als gemeinhin angenommen, wie eine repräsentative Umfrage zeigt, die das Meinungsforschungsunternehmen Appinio für die WirtschaftsWoche durchgeführt hat. Knapp jeder Zweite (48 Prozent) hält es demnach für notwendig, in Deutschland zu fracken, um die Energiekrise in den Griff zu bekommen. Für nicht notwendig halten es nur 38 Prozent. 14 Prozent sind unentschieden.

Dennoch: Ausdrücklich für den Einsatz der Fracking-Technologie in Deutschland sprechen sich nur 40 Prozent der Befragten aus. Selbst unter den Befürwortern sind aber offensichtlich viele zwiegespalten, was die Konsequenzen eines solchen Wiedereinstiegs angeht. So geben zwei Drittel aller Befragten (67 Prozent) an, der Wiedereinstieg ins Fracking hierzulande wäre ein falsches Zeichen im Kampf gegen den Klimawandel.

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Angst vor Beben und Schmutz

Viele Menschen fürchten auch die Technologie selbst. 59 Prozent sehen eine große oder sehr große Gefahr, dass das Grundwasser durch Fracking verunreinigt wird. Immerhin 49 Prozent der Befragten halten die Gefahr von Erdbeben für groß oder sehr groß. Für 36 Prozent ist sie klein oder eher klein. 
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So verbreitet diese Sorgen sind, so unberechtigt sind sie zum Teil. So kam die von der Bundesregierung 2018 eingesetzte Expertenkommission Fracking zum Ergebnis, die Gefahren für das Grundwasser seien beherrschbar. Auch bei der Sorge vor Erdbeben dürfte die Minderheit im Recht sein. Experten geben zwar an, dass Fracking Erdstöße verursachen könne, jedoch nur in sehr geringem Maße, etwa vergleichbar mit den Mini-Beben, die sich über einem U-Bahn einstellen, wenn unten ein Zug vorbeifährt.

Lieber amerikanisches als deutsches Frackinggas

Auch zum Fracking an sich gibt es offenbar viele Unklarheiten. Mehr als 77 Prozent der Befragten geben an, den Unterschied zwischen konventionellem und unkonventionellem Fracking nicht zu kennen oder sich nicht sicher zu sein.

Beim konventionellem Fracking brechen Bohrarbeiter mithilfe einer speziellen Frackingflüssigkeit Sandstein auf, um darin gebundenes Gas freizusetzen. So kann es zum Bohrloch strömen. Beim unkonventionellen passiert das in etwas härterem Schiefergestein. Konventionell gefrackt haben Förderfirmen in Deutschland von 1961 Jahren bis 2011. Es ist formell weiterhin erlaubt, die Unternehmen machen es aber wegen der öffentlichen und politischen Ächtung nicht mehr. Das neuartigere unkonventionelle Fracking ist hingegen seit 2017 hierzulande verboten. 

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Weltweit jedoch wird die Methode vielfach angewandt, vor allem in den USA. Das dort geförderte Gas gelangt dann als LNG nach Europa. Das Fracking in den USA gilt unter Experten als umweltschädlicher, weil die Auflagen weniger streng sind. Dennoch würde eine knappe Mehrheit von 51 Prozent auch weiterhin den Import von amerikanischem Frackinggas einem deutschen Einstieg in die Förderung vorziehen, so die Umfrage.

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