Die Vielfalt an Produkten ist ein Fortschritt. Denn aus eingesammelten Kunststoffgemischen Lärmschutzwände und Parkbänke herzustellen, wie es vielfach noch geschieht, „macht ökologisch überhaupt keinen Sinn“, kritisiert Fraunhofer-Forscher Franke. Der Grund: Bei diesen Anwendungen verdrängt das Recyclingmaterial das viel klimafreundlichere Holz.
Beim sortenreinen Recycling der Polyolefine aber kann sich die Umweltbilanz sehen lassen. Mit den 27.000 Tonnen Plastik, die Scriba im Jahr herstellt, vermeiden seine Kunden den Ausstoß von 59.000 Tonnen Treibhausgas, wie Forscher der Hochschule Magdeburg-Stendal ausgerechnet haben.
Das entspricht der Menge, die ein Mittelklassewagen ausstößt, wenn er die Erde 8000 Mal umkurvt. Zudem sparen Kunststoffverarbeiter, die statt Neuware die Granulate aus Thüringen einsetzen, pro Jahr insgesamt 32.000 Liter Erdöl ein.
Zehntausende Tonnen Kunststoffabfälle landen in der Verbrennung
Am Ende kann aber selbst Kunststoffretter Scriba nicht alle Abfälle verwerten, die Laster täglich auf seinen Hof kippen. Ein Drittel, rund 20.000 Tonnen im Jahr, sortiert auch er aus und schickt sie Abfallbehandlungsanlagen wie Ecowest. Die sortieren den Müll ein weiteres Mal und verarbeiten ihn zu Fluff. So landen Zehntausende Tonnen Kunststoffabfälle in Deutschland doch noch über Umwege in der Verbrennung.
Die Kombination aus beidem, aus sortenreinem Recycling und der Produktion hochwertiger Brennstoffe, sei letztlich das ideale Verwertungssystem, sagen die Forscher des Öko-Instituts.
Das Problem aber ist: Noch immer gelangen – trotz aller deutschen Gelbmüll-Sortier-Freude – zu viele Kunststoffabfälle unsortiert in ineffiziente, klassische Verbrennungsanlagen. Sie decken ihren Bedarf außerdem mit Sperrmüll und Importen. Zu Niedrigpreisen schlucken sie auch unsortierte Firmenabfälle. Viel Plastik, aber auch Holz und Papier geht verloren.
Umweltschonender und billiger
Damit Kunststoffe erst gar nicht in die Hände klassischer Verbrenner geraten, bauen Firmen wie Veka Umwelttechnik aus dem thüringischen Hörselberg-Hainich geschlossene Kreislaufsysteme für einzelne Produkte auf. Zum Beispiel für die PVC-Fenster des Mutterhauses, dem Fensterprofilhersteller Veka.
Das Ziel von Geschäftsführer Norbert Bruns: alle Profile, die Veka verkauft, am Ende wieder einzusammeln. Dafür arbeitet er mit Fensterbauern und Containerdiensten zusammen und bezahlt sie für Altfenster. Bruns verarbeitet die Rahmen zu Granulat, das zu neuen Fensterrahmen wird. Das ist umweltschonender und billiger als Neuware.
Auch für PET-Flaschen gibt es ein solches geschlossenes System. Die Firma Petcycle, mit Sitz im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr-Ahrweiler und getragen von mehr als 100 Unternehmen aus der Getränke- und Recyclingindustrie, hat mittlerweile 40 Millionen Kästen mit Mineralwasser und Limonaden im Umlauf. Die Kunden bringen sie in die Supermärkte zurück, die sie dann an die Petcycle-Mitglieder schicken, die aus den gebrauchten Flaschen neue machen.
Präferenz für Recycling
Und auch die Verbrenner selbst haben Recyclingpotenzial. Müllverbrennungsanlagen gewinnen heute schon Metalle aus ihrer Asche. 2012 waren es in Deutschland mehr als 300.000 Tonnen Eisen, Aluminium und Kupfer. Selbst der mit Schwermetallen belastete Staub aus der Abgasreinigung, der bislang als Sondermüll unter Tage deponiert wird, birgt große Schätze.
„Die Metallkonzentration im Filterstaub ist höher als in den meisten natürlichen Lagerstätten“, sagt der Berliner Experte Thomé-Kozmiensky. Vor zwei Jahren errichtete das Schweizer Unternehmen BSH Umweltservice in Zuchwil nördlich von Bern für rund neun Millionen Euro die weltweit erste Anlage, die täglich fast eine Tonne reines Zink aus Giftmüll herausholt.
Am Ende der Tour zu Recyclinghöfen, Wertstoffsammlern und Müllverbrennern steht damit die Erkenntnis, dass die Präferenz fürs Recycling zwar im Grundsatz richtig ist – aber eben kein Dogma. Was zu aufwendig zu trennen und zu säubern ist, sollte zu Brennstoff oder Sprit werden, um Kohle oder Öl zu ersetzen.
Aus Kunststoffen, die in Bechern, Bobby Cars und Elektrogeräten stecken, sollten Recycler neues Plastik herstellen, für das Erdöl im Boden bleibt. Und was sich gar nicht verwerten lässt, kann in Verbrennungsanlagen wandern. Müllwerker wie Uwe Greye in Hamburg haben also auch künftig zu tun.