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Tracking der Energiewende #11Leistung vs. Einspeisung: Die Fotovoltaik-Illusion

Während die Windkraft schwächelt, erreicht der Ausbau der Solarkraft in Deutschland derzeit ständig neue Rekordwerte. Bevor Jubel ausbricht: Die Sache hat einen Haken.Konrad Fischer 28.03.2022 - 19:44 Uhr

Energiewende in Deutschland: Der Rückstand wächst.

Foto: imago images

Die Rollenverteilung bei der Energiewende scheint klar zu sein: Hier die Windenergie an Land, einstiger Hoffnungsträger und heutiges Sorgenkind. Heute werden kaum noch neue Anlagen gebaut. Zudem ist die Bürokratie drumherum so kompliziert, dass wenig Hoffnung besteht, eine wie auch immer ausgestaltete Gesetzesänderung könnte das noch grundsätzlich verbessern.

Und auf der anderen Seite die Fotovoltaik: Seit Jahren steigt die Leistung der Anlagen konstant, nominell haben sie inzwischen sogar die Windkraft überholt. Und der wöchentliche Zubau zeigt: Die Dynamik setzt sich derzeit ungebremst fort, während die Windkraft weit hinter den Zielwerten zurückbleibt, erreich der Ausbau der Solarkraft in vielen Wochen zumindest annähernd das Ziel. So auch in der vergangenen Woche.

Während nur eine neue Windkraftanlage bei der Bundesnetzagentur angemeldet wurde, erreicht der Ausbau der Solarenergie sogar einen neuen Rekordwert. Damit wird sogar der fürs Jahresziel erforderliche Durchschnitt deutlich übertroffen.





Auffällig ist zudem, dass sich der Ausbau immer stärker über die Bundesländer verteilt, was die Abhängigkeit des Gesamtausbaus von der Aktivität in einzelnen Regionen verringert.

So wurden in der vergangenen Woche in sieben Bundesländern mehr als 10 Megawatt neue Solarleistung geschaffen – in der Vergangenheit war das mitunter nur in zwei Bundesländern der Fall.

Doch die Sache hat einen Haken. Zum einen liegen zwischen der nominellen Leistung und der im tatsächlichen Betrieb erreichten Leistung bei den erneuerbaren Energien Welten. Und dieser Abstand ist bei keinem Energieträger so groß wie bei der Solarkraft, weshalb die Windkraft weiterhin viel mehr zur realen Energieversorgung beiträgt als die formell leistungsstärkere Solarenergie. Zudem landet bei der Solarenergie längst nicht aller Strom im Netz: Die meisten Eigenheimsitzer und Landwirte, die sich Solaranlagen aufs Dach montieren, zweigen einen Teil der Leistung für ihren eigenen Bedarf ab.

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Das ist einerseits natürlich im Sinne der Netze und Versorger. Je mehr Energie lokal verbraucht wird, desto weniger muss transportiert und bereitgestellt werden. Zugleich aber verzerren die Anlagen, die von der Bundesnetzagentur als „Teileinspeisung“ gelistet werden, das Bild. Denn die hier verzeichneten Megawatt stehen der nationalen Energieversorgung nur dann zur Verfügung, wenn der Eigentümer sie gerade selbst nicht braucht. Sie verringern damit zwar den Energiebedarf, als verlässliche Energiequelle fürs Netz stehen sie nicht zur Verfügung.

Ausbau der Erneuerbaren

Selbstversorgung, später

von Konrad Fischer

Insgesamt mögen sie einen Teil ihrer Leistung an andere Verbraucher weitergeben, in welchem Umfang und zu welchen Zeiten sie das tun, ist hochgradig individuell. Ist der Anlagenbesitzer eine Woche in Urlaub, wird er fast die komplette Leistung ans Netz abgeben. Wenn in der Woche drauf der Pool angeheizt werden soll, fast gar nichts. Insgesamt liegt es zudem nahe, dass durch die Verfügbarkeit selbsterzeugter Energie bei manchem Nutzer auch die Sparsamkeit leiden mag. Der Preis der teilweisen Einspeisung der solaren Leistung wäre dann ein insgesamt höherer Stromverbrauch.

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Deshalb gehört zur Wahrheit über die Energiewende auch diese Zahl: 41 Prozent. So groß war in den vergangenen knapp drei Monaten der Anteil der Solaranlagen, zumeist größere Freiflächenanlagen, die tatsächlich ihre komplette Leistung ins Netz abgegeben haben – und damit als echte Solarkraftwerke gelten können, mit denen sich langfristig eine emissionsfreie Energiewelt gestalten lässt.

Interessant ist dabei auch die regionale Verteilung. Bayern, ohnehin das Bundesland, in dem die Zahl der Solaranlagen am schnellsten wächst, hat bei den voll einspeisenden Anlagen ein noch höheres Gewicht: Fast 40 Prozent der gesamten Leistung dieses Typs stammen von hier. Das andere Extrem bildet Nordrhein-Westfalen: Insgesamt entsteht hier am zweitmeisten solare Energie – bei den Volleinspeisern hingegen kommen nur 3 Prozent aus NRW. Unterdurchschnittlich viele echte Solarkraftwerke gibt auch in Baden-Württemberg oder Hessen sowie den Stadtstaaten. Zugleich sind Brandenburg und Niedersachsen bei Freiflächenanlagen besonders stark vertreten – der Zusammenhang zur Bevölkerungsdichte eines Bundeslandes ist so naheliegend wie plausibel.

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