So klingt es wohl, wenn jemand Erfahrungen mit Investorenpräsentationen und Elevator Pitches hat. „Das Potenzial der Akkus von Elektroautos als Energiespeicher ist größer als das aller Pumpspeicher in Deutschland zusammen“, schwärmt Jörg Heuer, Gründer und Chef des Softwareunternehmens EcoG. Viele Menschen unterschätzten, wie viel Energie sie mit ihrem Auto mitunter spazieren führen: „Ein vollgeladenes E-Auto genügt, um den Strombedarf eines typischen Familienhaushalts für 7 bis 10 Tage zu decken.“
Doch Heuer, mit dessen Programme die Ladesäulen für E-Autos laufen, kennt nicht nur die Verkaufsargumente für das, was Fachleute bidirektionales Laden nennen, er kennt auch die Probleme: „Die Demonstration, dass all das technisch möglich ist, hat bereits vor 5 Jahren funktioniert.“
Tatsächlich ist die Idee eigentlich naheliegend. Hausbesitzer, die sich eine Fotovoltaik-Anlage aufs Dach stellen, können über das Jahr gesehen einen bedeutenden Teil ihrer verbrauchten Energie selbst erzeugen. Vor allem im Sommer aber haben sie oft das Problem, dass die Energie dann entsteht, wenn sie im Haus selbst niemand so recht gebrauchen kann. Mittags an Arbeitstagen etwa.
Im E-Auto genügt ein Software-Update
Also speisen sie die Energie ins Netz ein, wo mitunter ganze Windkraftanlagen abgeregelt werden müssen, weil mehr Energie produziert wird, als das Netz tatsächlich abnehmen kann. Später dann, wenn viel mehr Energie nachgefragt wird als Strom und Wind liefern, müssen fossile Reserven anspringen, um das Defizit auszugleichen.
Besonders ärgerlich ist das, weil es oft nur um einen Zeitverzug von ein paar Stunden geht: Mittags ist Energie im Überfluss vorhanden. Schon abends, wenn die Menschen zuhause sind und zugleich die Sonneneinstrahlung nachlässt, ist sie plötzlich knapp. Und das, während oft nur ein paar Meter weiter in der Garage ein großer Stromspeicher ungenutzt herumsteht.
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Doch so offensichtlich ineffizient der Status Quo in vielen Einfamilienhäusern ist, so groß waren lange Zeit auch die Hemmnisse, das zu verändern. „Lange Zeit ging man davon aus, dass bidirektionales Laden nur mit Wechselstrom möglich sei.“ Das Problem beim Wechselstrom, so schildert es Heuer, sei jedoch, dass für die Umsetzung des bidirektionalen Ladens ein Umbau am Fahrzeug notwendig ist.
Doch das sei zum Glück Vergangenheit „Inzwischen ist klar, dass die Technik auch mit Gleichstrom funktioniert. Da befindet sich der Lader nicht im Auto, sondern in der Wallbox.“ Und das bedeutet: Im Fahrzeug genügt ein Software-Update, die Hardware muss nur in der Wallbox angepasst sein – hier aber ist selbst eine Neuanschaffung für gut 1500 Euro möglich, was rund 10 Prozent des Wert eines Akkus entspricht.
Angst um die Akku-Lebensdauer
Die Bedenken vieler Kunden aber sind damit noch nicht ausgeräumt, das weiß auch Heuer. Denn die fürchten sich vor allem um den Akku in ihrem E-Auto. So schön es wäre, den selbst erzeugten Strom auch bei sich zu behalten – so unschön wäre es schließlich, wenn sich dadurch die Lebenszeit des teuren E-Autos deutlich verringerte. Auch diese Sorge aber sei inzwischen unbegründet, erläutert Heuer. Denn die Wallboxen werden für bidirektionales Laden so programmiert, dass sie die Autos nicht komplett entladen, sondern nur etwa 10 Prozent der Kapazität nutzen. Im Vergleich zu einem kompletten Entladungszyklus trägt dieser sogenannte Entladungsrippel nicht zur Alterung des Akkus bei „solange der Entladungsrippel kleiner 10 Prozent gehalten wird, ist das dem Akku in dieser Größenordnung reichlich egal“, erläutert Heuer.
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Wer also Fotovoltaikanlage, Wärmepumpe und verbrauchende Geräte im Haushalt effizienter nutzen will, der kann schon jetzt das bidirektionale Laden gefahrenlos nutzen. Doch so praktisch dies für den vermögenden Einfamilienhausbesitzer sein mag, der all diese Dinge sein Eigen nennt, so wenig nutzt das dem gesamten Netz. Damit die E-Autos auch hier als Speicher unterstützen könnten, müssten die Netzbetreiber die Wallboxen gezielt ansteuern können – was bisher Bürokratie und Inseldenken verzögern, moniert Heuer. Denn um das zu ermöglichen, braucht es sogenannte „gridcodes“, speziell definierte Parameter, die ein Gerät erfüllen muss, um ans Stromnetz angeschlossen zu werden.
Derzeit werden diese Anwendungsregeln erarbeitet, doch der Prozess ist extrem zeitaufwendig, moniert Heuer. „Wenn wir das auf dem normalen Wege durchexerzieren, dürfte es noch fünf bis sechs Jahre, ehe wir dieses Speicherpotenzial auch nutzen können – dabei ist die Technik heute schon da.“
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