Wirtschaft von oben #134 – China Erster chinesischer Flugzeugträger mit Katapult vom Stapel gelaufen

Der Rohbau des neuen chinesischen Flugzeugträgers vom Typ 003 bei Shanghai. Quelle: LiveEO/Skywatch

Das neue Kriegsschiff soll auch auf Technik basieren, die China durch einen Trick in Europa erworben hat. Satellitenaufnahmen zeigen nun, wie die Werft das Herzstück verbaut – die elektromagnetischen Katapulte. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

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China rüstet seine Marine weiter auf: Der erste komplett selbst entwickelte Flugzeugträger ist an diesem Freitag vom Stapel gelaufen. Die Analyse neuester Satellitenbilder von LiveEO zeigt, wie das Schiff mit der Typenbezeichnung 003 seit 2019 in der Jiangnan-Werft in Shanghai gebaut wurde. Sonst produziert diese vor allem große Containerschiffe. Zwischen Kiellegung und Fertigstellung der etwa 320 Meter langen Hauptstruktur des auf den Namen „Fujian“ getauften Schiffes verging gerade mal etwas mehr als ein Jahr.

Besonderes Interesse dürften Militärstrategen auf die langen, zeltartigen Abdeckungen im vorderen Bereich des Schiffes richten. Unter denen wurden die Katapulte eingebaut, die die Flugzeuge später beim Start beschleunigen sollen. Chinas erste zwei Flugzeugträger, die noch auf der russischen Bauart der Admiral-Kusnezow-Klasse basieren, haben lediglich eine Art Sprungschanze. Ein Katapult jedoch ist sehr viel effizienter, sodass auch schwerere Flugzeuge vom Träger starten können. Entsprechend mehr Waffen und Treibstoff können sie an Bord nehmen.

Auf den exklusiven Bildern von LiveEO ist zu erkennen, dass es insgesamt drei Katapulte an Deck geben soll. Und die erregen noch aus einem anderen Grund Aufsehen. Denn anders als die meisten US-Flugzeugträger sollen sie offenbar nicht klassisch per Dampf betrieben werden, sondern mit hochmoderner Elektromagnettechnik, berichtet etwa der amerikanische Rüstungsanalysedienst Janes. Ähnlich wie eine Magnetschwebebahn wird ein Schlitten mit enormem Vortrieb beschleunigt, in den das Flugzeug eingehakt ist.


Dieser elektromagnetische Katapult dient heute als warnender Beleg dafür, dass westliche Hochtechnologie über den Umweg einer privatwirtschaftlichen Investition bei der chinesischen Volksbefreiungsarmee landen kann. 2008 hatte der Lokomotivenbauer Zhuzhou CRRC Times Electric aus China die Mehrheit am britischen Unternehmen Dynex Power übernommen. Das hatte einen auf den ersten Blick harmlosen Schalter entwickelt, der die Zufuhr extremer Mengen Strom superschnell an- und abschalten kann. Normale Transistoren wären für einen Einsatz im Katapult zu langsam. Medienberichten zufolge gelten diese Schalter nun als ein technisches Herzstück des neuen Flugzeugträgers. China nutzt Sicherheitskreisen zufolge immer wieder ausländisches Know-how, um seinem Ziel näherzukommen, im asiatisch-pazifischen Raum die militärische Vormacht der Vereinigten Staaten zu brechen.

Inmitten der Spannungen mit den USA wegen Taiwan und der chinesischen Ansprüche im südchinesischen Meer lief der Flugzeugträger nach Berichten von staatlichen Medien am Freitag vom Stapel. Quelle: AP

Die US-Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS), die ebenfalls Satellitenaufnahmen analysiert, entdeckte zwischen 18. September und 23. Oktober 2021 signifikante Veränderungen, die einen baldigen Stapellauf wahrscheinlich machen. So wurden zwei riesige Öffnungen im Flugdeck geschlossen, über die zuvor offenbar die Dieselmotoren und Stromgeneratoren in den Rumpf eingelassen wurden. Hinter dem Schiff lagerte noch ein großes Rumpfteil für ein Containerschiff, das aus dem Weg geschafft werden musste.


Bis die „Fujian“ einsatzbereit ist, wird es aber noch Jahre dauern. Einen Termin für die Indienststellung gab das Verteidigungsministerium bislang nicht bekannt. So muss sich der Flugzeugträger noch Tests auf See unterziehen. Das US-Verteidigungsministerium erwartete, dass der Flugzeugträger 2024 seinen Dienst aufnehmen wird.

Die Jiangnan-Werft auf einer Insel in der Mündung des Jangtse ist ein sogenanntes Dual-Use-Unternehmen, das sowohl militärische als auch zivile Aufträge annimmt. Zwei Drittel der Kunden kamen dem CSIS zufolge nicht aus China, sondern aus Ländern wie Brasilien, Frankreich, Taiwan, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Schweden und den Niederlanden.

Hinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 4. Dezember 2021. Wir haben ihn anlässlich des Stapellaufs am 17. Juni 2022 aktualisiert.

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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