Auch deutsche Premiumhersteller stehen nicht über Recht und Gesetz. Wollen sie ihrem Ruf auch zukünftig gerecht werden, müssen sie auch beim Umweltschutz „Vorsprung durch Technik“ und nicht durch Betrug erreichen. Wenn sie das nicht tun, droht die deutsche Schlüsselindustrie im Wettbewerb um zukunftsfähige Autos abgehängt zu werden.
Die Politik darf nicht länger zusehen, wie die Autoindustrie ihr auf der Nase herumtanzt. Die Geschichte zeigt uns, dass notwendige Veränderungen in der Automobilindustrie nicht ohne gesetzlichen Druck geschehen. Die Industrie hat von der Politik stets eine schwache Aufsicht gefordert und bekommen. Und die Politik hat dann auch noch zugesehen, wie diese Schwächen ausgenutzt wurden.
Wo die Auslegung der gesetzlichen Regeln endet und Betrug anfängt, darüber zu streiten ist den Strategen der Automobilindustrie und ihren Anwälten bisher wichtiger als Zukunftsfähigkeit und gesellschaftliche Verantwortung. Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse aus dem Dieselskandal.
Zur Autorin
Die niedersächsische Europa-Abgeordnete gehört dem Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie an. Bis 2016 war sie lange Jahre Faktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament.
Sie lehrt uns, dass die Politik für strengere Regeln und eine starke Aufsicht sorgen muss.
Mit Hilfe des fadenscheinigen Arguments des Motorenschutzes haben VW, Audi, Porsche, Daimler und Opel über Jahre europäische Gesetzgebung bewusst falsch ausgelegt und ihre Autos so manipuliert, dass die Abgase auf der Straße um vieles dreckiger sind als im Labor. Die Liste der angewendeten Abschalteinrichtungen wird immer noch länger. Thermofenster also das Herunterregeln der Abgasnachbehandlung in bestimmten Temperaturbereichen ist nur eine von vielen Maßnahmen, die die EU-Gesetzgebung ad absurdum führen. Und es macht es nicht besser, dass nicht nur deutsche Autobauer so vorgingen. Es macht es für Gesundheit, Umwelt und Klima schlimmer.
Fast alle Hersteller haben die Abgasnachbehandlung in ihren Fahrzeugen heruntergeregelt. Das zeigen die von Verkehrsminister Dobrindt in Auftrag gegebenen Untersuchungen deutlich. Konsequenzen lassen auf sich warten. Über die freiwilligen Rückrufaktionen hinaus ist nicht viel passiert. Dabei ist es in der Verantwortung der Mitgliedsstaaten, die Einhaltung der EU-Abgasgesetzgebung zu überwachen, durchzusetzen und bei Nichteinhaltung entsprechend zu sanktionieren.
Die EU Kommission hat deshalb Recht, wenn sie bei der Bundesregierung nachfragt, warum sie bisher keinerlei Strafen verhängt hat. Für die Zukunft aber brauchen wir nicht nur eine ambitionierte EU-Gesetzgebung, sondern auch bessere Testverfahren und eine wirklich unabhängige Aufsichtsbehörde zur Kontrolle der Umsetzung von europäischer Regulierung in den Mitgliedsstaaten.