Autozulieferer in der Krise Firmenkultur der Reformangst beschert Benteler Entlassungen

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Hypotheken der Vergangenheit

Die größten Automobilzulieferer
Continental will weiter wachsenTrotz negativer Währungskurseinflüsse und weiter schwacher Konjunktur in Südeuropa hat Continental 2013 deutlich zugelegt. Die Hannoveraner erhöhten ihren Umsatz gegenüber dem Vorjahr leicht auf rund 33,3 Milliarden Euro. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern stieg auf 3,7 Milliarden Euro - es handelt sich noch um vorläufige Eckdaten. Die vollständigen Zahlen und den Nettogewinn will Conti bei der Bilanzvorlage am 6. März nennen. Vorstandschef Elmar Degenhart sagte am Rande der Automesse in Detroit, er erwarte 2014 ein Umsatzplus von mehr als 5 Prozent auf 35 Milliarden Euro. Die deutschen Automobilzulieferer sind im internationalen Vergleich top - doch in puncto Profitabilität läuft ihnen die Konkurrenz aus Korea bereits den Rang ab. Der Zulieferer... Quelle: dpa
... Schaeffler ist dank guter Geschäfte mit seiner Autosparte allerdings ganz ordentlich in das neue Jahr gestartet. Der Bereich sei im Vergleich zu 2012 um drei Prozent gewachsen - der Umsatz der Industriesparte sei dagegen deutlich zurückgegangen. Unter dem Strich habe das fränkische Unternehmen bis Ende März einen Gewinn von 233 Millionen Euro erzielt. Damit ist Schaeffler der profitabelste Automobilzulieferer. Das Ranking der größten Unternehmen der Branche teilen sich jedoch andere. Da noch nicht alle Unternehmen ihre Zahlen für 2013 vorgelegt haben, beziehen sich die Daten in den folgenden Texten auf 2012. Quelle: dpa
Platz 10 - FaureciaDer französische Automobilzulieferer eröffnet die Top Ten der größten Automobilzulieferer der Welt. Die Franzosen fertigen Abgasanlagen, Stoßfänger und Innenräume. (Vorjahr: Platz 11) Umsatz 2012: 17,4 Milliarden EuroMarge: 0,5 Milliarden Euro, das entspricht 3,0% vom UmsatzQuelle: Berylls Strategy Advisors "Global Top Automotive Suppliers" Studie 2012 Beachtung finden Unternehmen, die mindestens 50 Prozent des Umsatzes im Automotive-Bereich erwirtschaften. Dieser Umsatzteil wird auch im Ranking herangezogen. Quelle: Presse
Platz 9 - Johnson ControlsObwohl der nordamerikanische Automarkt 2012 enorm gewachsen ist, konnte der US-Hersteller seine Position vom Vorjahr nicht halten. Die Amerikaner stellen an 1300 Standorten weltweit Elektronik, Batterien, Türen, Innenräume und Sitze her. (Vorjahr: Platz 8) Umsatz 2012: 20,6 Milliarden EuroMarge:1,2 Milliarden Euro; das entspricht 5,6% vom Umsatz Quelle: Presse
Platz 8 - MichelinDer französische Hersteller produziert jährlich über 180 Millionen Reifen und ist mit 69 Produktionsstandorten in 18 Ländern der Welt vertreten. Für Michelin arbeiten mehr als 113.000 Menschen. (Vorjahr: Platz 7) Umsatz 2012: 21,5 Milliarden EuroMarge: 2,4 Milliarden Euro; 11,3% vom Umsatz Quelle: dpa/dpaweb
Platz 7 - Hyundai MobisDas Wachstum des koreanischen Zulieferers ist eng mit den Zuwächsen beim Autobauer Hyundai Kia verbunden. Mobis hat aber auch durch die Übernahmen von Daewoo Motors durch GM und Samsung Motors durch Renault-Nissan Zugang zu den zwei größten OEMs der Welt erhalten. 65 Prozent des Geschäfts von Hyundai Mobis werden heute außerhalb des koreanischen Heimatmarktes getätigt. (Vorjahr: Platz 10) Umsatz 2012: 21,8 Milliarden EuroMarge: 2,1 Milliarden Euro; das entspricht 9,4% vom Umsatz Quelle: Presse
Platz 6 - AisinPumpen, Motorteile, Federung und Sicherheitssysteme sind das Geschäft des japanischen Autozulieferers Aisin Seiki. 2011 knackte der Konzern erstmals beim Umsatz die 20-Milliarden-Euro-Marke und hält sie seither souverän. (Vorjahr: Platz 6) Umsatz 2012: 22,5 Milliarden EuroMarge: 1,5 Milliarden Euro; das entspricht 6,7% vom Umsatz Quelle: Presse

Als Achillesferse gilt aber das traditionelle Autogeschäft, das die Produktion von Achsen, Fahrwerks- und Karosserieteilen wie Stoßfängern, Dachrahmen, tragenden Metallsäulen sowie von Auspuffanlagen und Abgassystemen zur Schadstoffverringerung umfasst. Mit der Entwicklung, Fertigung und dem Vertrieb der Autoteile wechselt Benteler praktisch nur Geld. Zwar legte der Umsatz von 5,9 Milliarden Euro im vergangenen Jahr mit einem Plus von sechs Prozent schneller zu als der Markt. Doch blieb nach Abzug der Kosten am Ende nur ein Mickerbetrag von 41 Millionen Euro vor Steuern in der Kasse. Das entspricht einer Umsatzrendite von gerade mal 0,6 Prozent. Die Renditeschwäche ist chronisch: Selbst 2007, im Jahr vor der Lehman-Krise, erreichte Benteler nur knapp vier Prozent.

Nach Ansicht ehemaliger Mitarbeiter ist die Margenschwäche denn auch vor allem eine Hypothek der Vergangenheit, als Benteler einigen Autobauern zu große Zugeständnisse machte, um im Geschäft zu bleiben. "Die Automobilbranche ist ohnehin ein Geschäftsfeld mit sehr hohem Risiko", sagt ein Ex-Manager, "wer da zu große Preiszugeständnisse macht, hängt später am Fliegenfänger."

Benteler kann nicht loslassen

Das Unternehmen will sich dazu nicht konkret äußern. "Benteler ist ein global tätiges Unternehmen und hat überwiegend langjährige Kunden und Geschäftspartner", heißt es auf Anfrage. Es sei wichtig, die Auftragslage ganzheitlich zu betrachten. "Dabei ist es durchaus möglich, dass Aufträge mit sehr unterschiedlichen Margen gebucht werden. Diese Mischung sichert zum einen langjährige, partnerschaftliche Geschäfte und bietet zum anderen eine Auslastung der Werke und sichert somit Arbeitsplätze." Dem Unternehmen gehe es um nachhaltigen, nicht nur um einzelnen, kurzfristigen Erfolg.

Langjährige Kenner sehen allerdings noch eine andere tief sitzende Ursache für die Probleme. "Benteler hat eine ganz komische Firmenkultur", sagt ein Insider. Diese manifestiere sich vor allem in den Charaktereigenschaften des Firmenpatriarchen, Vorstandsvorsitzenden Hubertus Benteler, der das Unternehmen seit 1991 lenkt. Der inzwischen 66 Jahre alte Alleinherrscher über die Aktiengesellschaft, die vollständig im Familienbesitz liegt, kann nur schwer loslassen und Verantwortung an externe Manager delegieren – eine Schwäche, die Benteler mit vielen anderen starken Unternehmerpersönlichkeiten teilt. Sieben Top-Manager haben die Autosparte in den vergangenen sieben Jahren mehr oder weniger entnervt verlassen. "Entweder weil sie nicht durften, wie sie wollten, oder weil sie nicht wollten, wie sie sollten", sagt ein Insider.

Drei Chefs in 14 Jahren

Das amtierende Bereichsvorstandstrio kommt gemeinsam auf eine Amtszeit von nicht mal fünf Jahren. Sprecher Thomas Wünsche – er ist in Personalunion auch Sprecher der Geschäftsführung der Benteler Deutschland GmbH – ist seit knapp eineinhalb Jahren im Amt, sein Kollege James Sheehan gerade mal gut sechs Monate. Nur Ralf Göttel trägt schon seit zweieinhalb Jahren Verantwortung in dem Gremium. "Der häufige Wechsel hat dazu beigetragen, dass längst überfällige Strukturanpassungen immer wieder verschoben wurden", sagt ein Insider gegenüber der WirtschaftsWoche. Das Unternehmen spielt das Thema herunter. Der Konzernvorstand sei mit Hubertus Benteler und Finanzvorstand Siegmund Wenk, der dieser Tage aus Altersgründen aus dem Amt scheidet, sehr stabil, heißt es auf Anfrage. Die Automobilsparte habe in den vergangenen 14 Jahren nur drei Chefs gehabt – inklusive dem amtierenden.

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