Bosch-Chef Volkmar Denner Der Mann hinter Bosch

Bosch rückt als Lieferant der Motorsteuerung für Volkswagen in den Fokus. Ein Datendiebstahl macht dem weltgrößten Autozulieferer zu schaffen. Den Konzern führt Volkmar Denner – wer ist der Manager?

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Bosch-Chef Volkmar Denner. Quelle: dpa

Der Autozulieferer Bosch hat die Motorsteuerung geliefert, in der die Betrugssoftware von Volkswagen gespeichert ist und die deswegen im Mittelpunkt des VW-Abgasskandals steht. Doch Bosch-Chef Volkmar Denner gibt sich bislang alle Mühe, sein Unternehmen möglichst nicht mit den Schummelmotoren von Volkswagen in Verbindung zu bringen. Es gehe nicht „um das Fehlverhalten einer Technologie, sondern es geht um das Fehlverhalten einer Firma“, sagte er Anfang des Jahres.

Die in VW-Autos eingebaute Software erkennt, ob sich ein Auto in einem Abgastest befindet. In dem Fall stellt sich eine Funktion aus, die Emissionen sind niedrig. Im Normalbetrieb auf der Straße dagegen ist die Funktion eingeschaltet: Die Emissionen sind höher. Millionen Autos müssen deswegen umgerüstet werden.

Doch egal, wie sehr Denner versucht, das Thema von Bosch wegzuschieben: Gefahr aus dem Dieselskandal von Volkswagen geht für Bosch dennoch aus. Im Geschäftsbericht weist Bosch daher folgerichtig auf laufende Untersuchungen von ermittelnden Behörden „insbesondere in den USA und in Deutschland“ hin. Die WirtschaftsWoche deckte zudem auf, dass bei einem gigantischen Datenraub Informationen entwendet wurden, die Bosch zum Verhängnis werden könnten.

Es geht um 1,3 Terabyte, die Datenmenge von mehr als 1800 CD-ROMs. Ein ehemaliger Mitarbeiter hat sie einst bei Bosch gestohlen und an Autotuner verkauft. Bislang ahnten nur wenige Insider, was der Techniker gestohlen hat: den vielleicht entscheidenden Schlüssel zur Aufklärung des Dieselskandals. Ein Datenschatz, der Klarheit bringen könnte über die Rollen von VW und Bosch.

Wer ist der Mann hinter Bosch?

Der Zulieferer lehnte mit Verweis auf strafrechtliche Ermittlungsverfahren und Zivilgerichtsverfahren Stellungnahmen dazu ab.

Volkmar Denner ist mit Bosch seitdem mitten drin. Doch wer ist der Mann hinter Bosch?

Denner ist zwar erst seit dem 1. Juli 2012 Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH. Doch für Bosch arbeitete er nahezu sein ganzes Berufsleben: 1986 stieg der heute 59-Jährige als Fachreferent „Entwicklung Leistungshalbleiter“ im Geschäftsbereich Halbleiter und elektronische Steuergeräte ein.

Wie Bosch 2015 abgeschnitten hat

Zuvor hat der Manager Physik an der Universität Stuttgart studiert und 1981 sein Diplom gemacht. 1985 folgte die Promotion in Physik: Denner darf sich Dr. rer. nat nennen. Heute führt er den größten Autozulieferer der Welt, ein Unternehmen mit zuletzt 70,6 Milliarden Euro Umsatz und weltweit rund 375.000 Mitarbeitern (31. Dezember 2015). Das Unternehmen wurde 1886 von Robert Bosch in Stuttgart gegründet. Die Anteile der Robert Bosch GmbH liegen mehrheitlich bei der gemeinnützigen Robert Bosch Stiftung. Die Stimmrechte hält mehrheitlich die Robert Bosch Industrietreuhand KG, bei der Denner Gesellschafter ist.

Als Mitglied des Vorstands engagiert sich Denner heute beim Verband der Automobilindustrie. Der Bosch-Manager wurde im November 1956 in Uhingen geboren. Er ist verheiratet, hat drei Kinder. Bei Bosch stieg Denner schnell auf. 1989 wurde er Abteilungsleiter der Sparte „Entwicklung Leistungshalbleitertechnologie“; schon 1991 leitete er die Abteilung „Entwicklung integrierter Schaltkreise“.

Die Struktur von Bosch

1994 dann kam er dem Thema, um das es heute geht, näher. Er wurde Leiter im Verkauf der Steuergeräteentwicklung und Systemapplikation. Geschäftsbereich? Motorsteuerungen für Benzinmotoren! Er blieb dem Feld lange treu, 1998 wurde er Entwicklungsleiter für die Motorsteuergeräte, im Jahr 2000 dann in Personalunion zusätzlich noch Produktmanager der Motorsteuergeräte.

Denner und Bosch stehen unruhige Wochen bevor


2003 dann stieg er auf – und wurde Vorsitzender des Bereichsvorstands im Geschäftsbereich Automotive Electronics. Wenige Manager in der Bosch-Chefetage dürften über die technischen Hintergründe des Dieselskandals damit so genau Bescheid wissen wie er. Denn verantwortlich für die Motorsteuergeräte, auf die der VW-Skandal zurückgeht, war in den ersten Jahren Denner.

Bosch betont heute, dass Denner im Zeitraum ab 1998 keine direkte oder organisatorische Verantwortung für die Entwicklung von Funktionssoftware für Dieselmotoren hatte: Denner sei in der Zeit für die Hardware der Motorsteuerung zuständig gewesen, nicht die Software.



Auf Bosch kommt in den nächsten Monaten einiges zu. Das US-Justizministerium ermittelt seit Ende 2015 gegen Bosch. Praktisch zeitgleich hat auch die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beihilfe zum Betrug eröffnet – aktuell noch gegen Unbekannt. Ob Denner mit verantwortlich für den Skandal ist, ist noch offen.

Zivilkläger aus den USA preschen dennoch bereits vor: Sie haben kürzlich eine Klage in Kalifornien eingereicht. Bosch soll dem Schriftsatz zufolge die Schummelsoftware nicht nur mit erfunden und ständig weiterentwickelt haben, sondern auch an der „Vertuschung ihres Einsatzes" beteiligt gewesen sein. Mehr noch: „Der Beklagte Denner“ soll in den Diesel-Betrug eingeweiht gewesen sein. Welche Belege die Kläger hierfür haben, ist unklar. Die entsprechenden Stellen im Schriftsatz sind geschwärzt. Bosch-Anwälte wiesen Vorwürfe der Kläger jedenfalls als „wild und unbegründet" zurück.

Die weltweit größten Autozulieferer

So oder so, Bosch hat im vergangenen Jahr 750 Millionen Euro für Rechtsrisiken zurückgelegt – unter anderem für Dieselgate. Klar ist: Denner und Bosch stehen unruhige Wochen bevor.

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