Elon Musks Visionen Tesla-Fahrer sollen mit ihren Autos 30.000 Dollar im Jahr verdienen

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Musk zwischen Vergötterung und Spott

Vom genauen Zeitpunkt mal abgesehen, sind schon jetzt zwei Dinge klar: Der Graben zwischen Musks Anhängern, die den Multiunternehmer als Genie in der Tradition von Thomas Edison und Steve Jobs vergöttern und seinen Kritikern, die ihn als übergeschnappten Phantasten oder sogar Betrüger schmähen, ist seit Montagabend nochmal tiefer geworden.

Zugleich hat sich Musk mit seinem unverblümten Stil eine Menge neuer Feinde gemacht. Beispielsweise alle Autohersteller, die nicht Tesla heißen, gefolgt von Fahrdiensten wie Uber oder Lyft, der Versicherungsbranche, sämtlichen Taxifahrern und vielen, die derzeit ihren Lebensunterhalt mit der Auto- und Transportbranche verdienen. Es ist brisant, weil so Lobbyisten und Gewerkschaften noch stärker auf die Barrikaden gehen könnten.

„Es ist finanziell unverantwortlich, etwas anderes als einen Tesla zu kaufen“, schürt Musk ungerührt das Feuer. Das sei so, als ob man sich als Transportmittel „ein Pferd zulegen würde.“ Denn Autos, die nicht fürs Selbstfahren ausgerüstet sind, seien unattraktiv.

Bilder aus Teslas Riesen-Fabrik
Die Gigafactory in Nevada hingegen umfasst heute bereits 500.000 Quadratmeter an Produktionsfläche auf drei Etagen Quelle: Tesla
Menschen und Roboter arbeiten Hand in Hand. Alles, was für die Akkus und Antriebe gebraucht wird, soll in der Gigafactory unter einem Dach produziert werden. Quelle: Tesla
„Jedes Teil eines Tesla ist so gebaut, dass wir es schnell und sicher verarbeiten können“, erklärt Chefingenieur Chris Lister. Quelle: Tesla
3000 Panasonic-Angestellte arbeiten in der Gigafactory zusammen mit 7000 Tesla-Leuten und gut 2000 Angestellten von Zulieferern und jeder Menge Robotern. Quelle: Tesla
Teslas Gigafactory bedient sich mit großflächigen Solarpaneelen auf dem Dach an der Kraft der Sonne. Quelle: Tesla
Ein Tesla-Mitarbeiter bedient einen Screen an der Produktionsstraße der Batteriefabrik. Quelle: Tesla
Schon jetzt produziert Teslas Gigafactory mehr als 60 Prozent aller Akkuzellen für E-Autos weltweit. Quelle: Tesla

Er wähnt sein Unternehmen in einer Pole-Position. Nicht nur wegen des neuen Fahrcomputers, dessen von Samsung gefertigte Prozessoren intern unter der Aufsicht des ehemaligen Apple-Chipentwicklers Pete Bannon exklusiv fürs autonome Fahren entwickelt wurden. Dank dieser Spezialisierung sollen sie mehr für den generellen Einsatz entwickelte Konkurrenzprodukte von Nvidia oder Intel in Sachen Leitungsfähigkeit abhängen.

Ein weiterer Vorteil ist, dass Tesla bereits eine halbe Million Fahrzeuge auf der Straße hat. Deren Kameras und Sensoren übermitteln regelmäßig via Funk anonymisierte Daten an Tesla. Sie füttern ein neuronales Netzwerk, das anhand konkreter Fahrsituationen nicht nur lernt, was sicheres Fahren ausmacht, sondern auch die Streckenführung prognostizieren kann und das Verhalten von anderen Verkehrsteilnehmern.

Zwar kontern Konkurrenten wie Googles Selbstfahrtochter Waymo oder Autohersteller wie BMW oder VW damit, solche Szenarien via Simulation durchspielen zu können. Doch Musk hält das für nicht ausreichend. „Keine Simulation kann erahnen, was alles in der tatsächlichen Welt geschieht“, behauptet der Tesla-Chef. Hochpräzise Karten hält er für Zeitverschwendung. Lidar-Sensoren wie sie Waymo oder General Motors verwenden, für teuer, unsinnig und so „überflüssig wie einen Blinddarm“. Sein Selbstfahrsystem hat er so konzipieren lassen, dass es anhand von Kameras und Radar die Umgebung wahrnimmt und dabei jede Situation in Echtzeit neu bewerten kann.

Lidar, so erläutert Andrej Karpathy, der bei Tesla für maschinelles Lernen verantwortlich zeichnet, erfasse nur die Umrisse eines Hindernisses. „Wir können hingegen nicht nur analysieren, um was es sich genau handelt, sondern sogar prognostizieren, wie es sich verhalten wird.“ Also beispielsweise einen Fußgänger, der über die Fahrbahn rennt oder ein Tier am Straßenrand. Dass sich nicht alle Verkehrsteilnehmer rational verhalten, räumt auch Karpathy ein. Zwar könne man mittlerweile auch in sehr dichtem Verkehr automatische Spurwechsel absolvieren. Doch in extremen Situationen wie beispielsweise im berüchtigten Berufsverkehr von Los Angeles, wo ein korrekter Sicherheitsabstand als Einladung für den Spurwechsel gesehen wird, könnten Tesla-Fahrer künftig wählen, ob sie eine aggressivere Fahrweise bevorzugen, auch auf die Gefahr eines Blechschadens.

Und noch einen Vorteil habe Tesla, brüstet sich Musk. „Wir können die Robo-Autos auch tatsächlich produzieren.“ Dass die etablierte Autobranche dort keinen Vorteil habe, sehe man daran, „welche Probleme Audi bei der Fertigung seines e-trons hat.“
Soweit Musks Zukunftsprognosen. Am Mittwoch holt ihn allerdings die schnöde Gegenwart ein. Dann muss er die Zahlen fürs erste Quartal offenlegen und vermutlich einen Verlust einräumen. Analysten wie Garrett Nelson, Analyst von CFRA Research aus Washington DC, erwarten „eine Katastrophe.“ Bekannt ist bereits, dass der Absatz um fast ein Drittel eingebrochen ist. Ob das vornehmlich daran liegt, dass Tesla wegen Engpässen bei Akkus und Logistik die Nachfrage nicht befriedigen kann oder diese vielmehr wegen dem Schmälern staatlicher Förderung eingebrochen ist, wird sich dann klären.

Am Montag gab die Tesla Aktie schon fast vier Prozent nach – trotz der vielversprechenden Präsentation der Robo-Flotte.

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