Berlin, Hotel Intercontinental, es ist früher Abend. Ein langer Kongresstag neigt sich dem Ende entgegen. Vor wenigen Stunden noch sprach E.On-Chef Johannes Teyssen über die Nöte der Energiekonzerne in Deutschland, jetzt hat das Hotelpersonal das Buffet aufgebaut – und die Carrera-Bahn. Hunderte Männer in Anzug und Krawatte drängen sich um die gut sechs Quadratmeter Rennstrecke. Man(n) ist eben niemals zu alt für eine Runde mit den elektrischen Flitzern.
Auf deutschen Dachböden und in Hobbykellern ist die Carrera-Rennbahn heimisch. Mit einem Marktanteil von 96,7 Prozent im deutschsprachigen Raum ist die Marke Carrera, die der österreichischen Stadlbauer-Gruppe gehört, Alleinherrscher. Auch international sieht es nicht viel anders aus. In Frankreich und den USA ist Carrera ebenfalls die Nummer eins – nur in Spanien hat der Spielzeug-Rennstall Ninco die Nase vorne.
Chef Andreas Stadlbauer sitzt damit sprichwörtlich auf einem Goldesel: „65 bis 70 Prozent unseres gesamten Umsatzes machen wir mit Produkten der Carrera-Serie“. Dazu zählen neben der eigentlichen Rennbahn und den dazugehörigen Autos auch die fernsteuerbaren Modelle der RC-Serie.
Insgesamt dürfte die Spielwarengruppe, die zu den Top Ten im deutschsprachigen Raum zählt, jedes Jahr einen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag einfahren. Genaue Zahlen veröffentlicht man nicht. Neben Carrera hat Stadlbauer weitere Verkaufsschlager wie die Seifenblasen-Lösung Pustefix und seit März 2014 auch die Thüringer Traditionsmarke Schildkröt-Puppen unter seinem Dach. Doch die großen Namen allein sorgen noch nicht für Umsatz.
Die zehn vertrauenswürdigsten Spielzeugmarken der Deutschen im Jahr 2014
Unternehmen: Disney
Vertrauen: 32 Prozent
Quelle: GPRA
Unternehmen: Revell
Vertrauen: 35 Prozent
Unternehmen: Barbie
Vertrauen: 49 Prozent
Unternehmen: Fisher-Price
Vertrauen: 60 Prozent
Unternehmen: Carrera
Vertrauen: 68 Prozent
Unternehmen: Playmobil
Vertrauen: 74 Prozent
Unternehmen: Ravensburger
Vertrauen: 78 Prozent
Unternehmen: Märklin
Vertrauen: 81 Prozent
Unternehmen: Steiff
Vertrauen: 82 Prozent
Unternehmen: Lego
Vertrauen: 85 Prozent
„Immer etwas Neues anbieten, das ist in der Spielwarenbranche das A und O“, erklärt Stadlbauer. Neuheiten sorgen für bis zu 75 Prozent des Jahresumsatzes im Spielzeuggeschäft. Zur Nürnberger Spielwaren-Messe, die seit Mittwoch ihre Tore für Besucher geöffnet hat, reist er deshalb mit einer ganzen Parade rasender Innovationen. Der WirtschaftsWoche verrät er exklusiv vorab, was die Fans zu sehen bekommen werden.
Lamborghini Huracan in 1:32
„Wir bringen Mitte 2015 den Lamborghini Huracan in den Handel“, verkündet Stadlbauer. Das ist tatsächlich ein Knaller, denn es ist der erste Lamborghini in der über 50-jährigen Geschichte der Spielzeug-Rennbahn. Doch Stadlbauer hat noch mehr: Angefangen bei der 1:32-Ausgabe des Mercedes-Boliden des Formel-1-Weltmeisters Lewis Hamilton über den BMW M4 des DTM-Champions Marco Wittmann bis hin zu einer Corvette C7 und – als Hommage an die Klassiker von Le Mans – den Porsche 917 K im Hippie-Design im Maßstab 1:24. Als Großmodell gibt es auch den BMW M1 aus den 70er Jahren „eines der genialsten Rennautos, das es je gegeben hat“, schwärmt der Carrera-Chef.
Die neuen Modelle dürften auf der nächstjährigen Energietagung in Berlin bereits ihre Runden drehen. Und wer weiß, wie sich der Strommarkt bis dahin gewandelt hat, vielleicht auch schon CO2-neutral. Über die Emissions-Diskussion auf deutschen Straßen kann Stadlbauer derweil nur müde lächeln. „Was für die Autoindustrie eine große Neuheit ist, ist für uns ein alter Hut. Elektrisch fahren wir schon seit 50 Jahren.“