Umbau der VW-Softwaretochter Cariad Kein guter Tag für Deutschlands Autoindustrie

Volkswagen entlässt offenbar fast den kompletten Vorstand der mit Problemen kämpfenden Software-Tochter Cariad. Quelle: imago images

VW baut die Softwaretochter Cariad um. Das ist wichtig, denn neben Batterien entscheidet vor allem die Software über den Erfolg von Autokonzernen. Doch statt aufzuholen, droht VW weiter zurückzufallen. Ein Kommentar. 

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Volkswagen-Chef Oliver Blume baut mal wieder um – nun bei Cariad, der Volkswagen-Softwaretochter. Cariad-Chef Dirk Hilgenberg und weitere Vorstandskollegen stehen vor dem Abgang. Neuer Chef der VW-Softwaretochter wird Peter Bosch, derzeit Vorstand der Konzernmarke Bentley. 

Auf den ersten Blick arbeitet Blume damit erfolgreich seine Agenda ab. Direkt zu seinem Antritt im September des vergangenen Jahres listete er bei einem Führungskräfte-Meeting in Lissabon die aus seiner Sicht zehn wichtigsten Baustellen im Konzern auf. Punkt 5: Cariad.

Acht Monate später hat Blume etwa die Hälfte der Baustellen sichtbar angepackt. Bei der zweiten Hälfte war er auch nicht untätig, doch das meiste läuft im Hintergrund, viele Änderungen sind noch nicht spruchreif. Der neue Weg bei Punkt 5, bei Cariad, wird nach monatelanger interner Analyse gerade öffentlich. 

Ein fleißiger Konzernchef also, der im Eiltempo aufräumt? Der auch deshalb so flott ist, weil er schon an seiner Konzernstrategie feilte, als sein Vorgänger Herbert Diess noch fest im Sattel saß? Der lange schon wusste, wie es besser geht? 

Also alles gut bei Volkswagen? Leider nicht. Mit Bosch wird ein Manager übernehmen, der ähnlich tickt wie Blume. Beide sind Produktionsexperten und Strategen. Blume war bei Audi, Porsche und später dem gesamten VW-Konzern für die Produktionsstrategie verantwortlich. Der frühere Unternehmensberater Bosch war oberster Produktionsstratege bei der Marke Volkswagen, ist derzeit Produktionsvorstand bei Bentley. Die beiden sprechen dieselbe Sprache. Sie sind Car Guys, können Autos bauen. Oder vielmehr: Den Bau von Autos planen. Aber dass sie wissen, wie ein großes Softwareunternehmen – und nichts anderes soll Cariad sein – funktioniert, das kann man aus ihren Lebensläufen nicht ableiten.

Cariads Probleme

Fragt man Cariad-Manager und welche, die Cariad inzwischen frustriert den Rücken gekehrt haben, sagen sie meist: Die mangelnde Softwarekompetenz bei den Car Guys in Wolfsburg, Ingolstadt und Zuffenhausen gehört zu den größten Problemen von Cariad. In den besten Zeiten der Benzin- und Dieselmotoren wäre – völlig zurecht – niemand auf die Idee gekommen, einen Programmierer als VW-Konzernchef einzustellen. Aber warum nehmen es sich Automanager heraus, ein Softwareunternehmen zu führen? Der Grund dürfte banal sein: Es gehört ihnen.

Bestenfalls kommt Bosch nur als Sanierer und stellt später einen Vorstand mit großer IT- und Softwarekompetenz zusammen. Vielleicht. Aber wann wird es so weit sein? Während Cariad nun weitere Monate mit sich selbst beschäftigt ist, können softwarestarke Autobauer wie Tesla oder chinesische Hersteller, Software-Konzerne aus dem Silicon Valley und dem Reich der Mitte oder auch Zulieferer, die bei Software immer weiter aufrüsten, noch schneller dem VW-Konzern enteilen. 

Cariad dürfte bald offiziell bekanntgeben, dass nicht mehr alles selbst programmiert werden soll, sondern man stärker auf Partnerschaften setzen will. Das wird dann keine freie Entscheidung, sondern aus der Not geboren sein. BMW und Mercedes sind heute schon an diesem Punkt, denn sie haben – anders als der VW-Konzern – viel zu kleine Stückzahlen, als dass sich eine eigene Komplettsoftware jemals rechnen könnte.

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