Von Lastenrad bis Gravelbike Das sind die Fahrradtrends 2020

Vielseitig nutzbare Alltags-Pedelecs mit starkem Mountainbike-Einschlag sind ebenfalls auf dem Vormarsch. Quelle: Trefecta

E-Bike-Boom und kein Ende in Sicht: Mehr Hersteller, mehr Technik, mehr Typen drängen in den weiter kräftig wachsenden Markt. Die Verbraucher können sich auf viele Neuheiten freuen.

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Wie schon in den vergangenen Jahren war auch 2019 für die deutsche Fahrradbranche dank der unvermindert großen Nachfrage nach Pedelecs wieder ein Boomjahr. Entsprechend sind die Trends der kommenden Saison auch die Trends der vorherigen: Das Angebot an E-Bikes wächst, dabei sorgen Komponenten- als auch Fahrradhersteller für eine weitere Ausdifferenzierung. Erfreulich nebenbei: In vielen Bereichen wird einst teure Edeltechnik günstiger.

Wichtigster Treiber des E-Bike-Booms ist Bosch. Von den über eine Million in Deutschland 2019 verkauften Pedelecs waren laut einer Erhebung des Vereins Extra Energy über zwei Drittel mit einem Mittelmotor des Technikkonzerns ausgestattet. Die Schwaben dürften auch 2020 in der Erfolgsspur bleiben, denn zum neuen Modelljahr hat Bosch gleich mehrere Motorvarianten leichter, kompakter und performanter gemacht. Das wird sich positiv auf die Pedelec-Neuheiten auswirken, die zusehends schlanker, leichter und optisch gefälliger als bisher vorfahren. Auch die Reichweiten können steigen, denn Bosch hat einen Intube-Akku mit 625 Wattstunden aufgelegt. Bislang waren 500 Wh das Maß der Dinge. Schließlich hat Bosch mit der Cargoline eine neue Motorenfamilie speziell für den Einsatz der zunehmend beliebteren Lastenrädern entwickelt.

Obwohl Bosch den E-Bike-Markt dominiert, ist weiterhin viel Bewegung in der Antriebsbranche. Auch die wichtigsten Mitbewerber Shimano Steps, Yamaha und Brose haben jeweils zum Modelljahr 2020 neue Mittelmotor-Generationen eingeführt. Auch hier geht der Trend zur Ausdifferenzierung und zu größeren Akkus. Brose zum Beispiel hat nunmehr vier Mittelmotortypen, mehrere Intube-Akku-Formate mit bis zu 630 Wh sowie verschiedene Displaymodelle im Programm. Eine ähnliche Ausdifferenzierung hätte man auch von Continental erwarten wollen, doch im November hat der Konzern aus Hannover angekündigt, sich nach nur zwei Jahren aus dem Geschäft mit E-Bike-Antrieben zurückzuziehen. Der Markt bereinigt sich.

Die noch recht neue Marke Ca Go zeichnet sticht mit einer besonders ergonomischen sowie optimierten Transportbox beim Long-John-Lastenrad heraus. Quelle: Ca Go

Vor allem in Städten erfreuen sich Lastenräder als Alternative zum Auto wachsender Beliebtheit. Unter den neuen Cargobikes finden sich immer raffiniertere Konstruktionen, die neben Variabilität und Flexibilität auch das Thema Sicherheit stärker in den Fokus rücken. Ein gutes Beispiel dafür ist die neue Marke Ca Go, deren Long-John-Lastenrad sich durch feine Komponenten und eine besonders ergonomische sowie optimierte Transportbox auszeichnet. Das hat mit 5500 Euro allerdings seinen Preis. Neben den meist teuren E-Antriebs-Typen wächst auch das Angebot günstiger Alternativen ohne eingebauten Rückenwind. Nur 1000 Euro kostet das konventionell angetriebene Yuba Kombi aus den USA, das viele Transportmöglichkeiten bietet und dank diverser Zubehörlösungen vielseitig nutzbar ist.

Sporträder stehen 2020 weiter im Bann der Elektrifizierung. Im Mountainbike-Sektor haben die E-Bikes die konventionell getriebenen Offroader längst ins Abseits gedrängt. E-MTBs werden zunehmend bulliger und technisch raffinierter. Ein gutes Beispiel dafür ist das neue E-SUV von Bianchi, das nicht nur optisch, sondern auch preislich mit 6800 bis 10.500 Euro in Motorradsphären vordringt. Vielseitig nutzbare Alltags-Pedelecs mit starkem Mountainbike-Einschlag sind ebenfalls auf dem Vormarsch. Gute Beispiele hierfür sind etwa das Superdelite von Riese & Müller oder das neue Trefecta RDR aus Holland.

Auch das Angebot an elektrifizierten Rennrädern sowie Gravel- und Fitness-Bikes wächst. Dabei soll sich der Fahrer in den meisten Fällen weiter sportlich betätigen und der E-Antrieb lediglich ein wenig unter die Arme greifen. Eine interessante Spielart bietet Canyon mit dem mindestens 2700 Euro teuren Roadlite:On, das den kompakten und leichten Fazua-Antrieb integriert, der sich herausnehmen und damit das Roadlite in seiner ursprünglichen Funktion als Fitness-Bike nutzbar lässt.

Der Stadtfuchs vom Fahrradbauer Urwahn wurde mit Rahmenteilen aus dem 3D-Drucker ausgestattet. Quelle: Urwahn

Die Fahrradszene bemüht sich weiter um charaktervolle und elegante Designs. Beim konventionell angetriebenen Stadtfuchs von Urwahn sorgen per 3D-Druck generierte Rahmenteile für ein besonderes Styling. Das hat mit 4000 Euro einen allerdings hohen Preis. Auch etliche Pedelecs wollen sich vom Einerlei abheben. Eine optisch auffällige Neuheit ist das Volta des holländischen Herstellers Byar, das sich durch einen kurios geformten Rahmen und zugleich praktische Details wie etwa einen sauberen und wartungsarmen Kardanantrieb auszeichnet. Weiterhin gibt es bei Pedelecs den Trend, die E-Antriebskomponenten möglichst unauffällig ins Design zu integrieren. Vor Eleganz strotzt etwa das neue Tiefeinsteiger-Pedelec Seven Kallio von Coboc, welches dank Heckmotor und im Rahmen integriertem Akku mit besonderer Schlichtheit imponiert. Ähnlich gestrickt ist das Code von MTB Cycletech. Es erlaubt dank Heckmotor zudem eine Kombination mit dem Mittelgetriebe von Pinion. Kallio und Code sind mit 4000 beziehungsweise 5500 Euro im gehobenen Preissegment unterwegs.

Design-Räder müssen nicht immer teuer sein. 2500 Euro kostet das sehr auffällige, allerdings nicht sonderlich alltagstaugliche Lil Buddy von Ruff Cycles. Optisch ist es eine Hommage an das Bonanza-Rad. Dank Bosch-Antrieb müssen sich gealterte „Vorstadtkrokodile“ allerdings nicht mehr abstrampeln. Mittlerweile finden sich auch Designer-E-Bikes im günstigen Bereich, wie etwa das spartanische Urban Pedelec von Sushi Bikes aus München für 1000 Euro. Eine stylische Alternative ohne E-Antrieb ist das 900 Euro teure Stadtrad Treadwell von Canondale, das sich optisch an amerikanischen Cruiser-Bikes der 60er-Jahre orientiert.

Der österreichische Fahrradbauer My Esel setzt auf Holzrahmen-Konstruktionen. Quelle: My Esel

Alternative Materialien beim Rahmenbau scheinen ebenfalls stärker in den Fokus zu rücken. Bambusrad-Spezialist MyBoo hat sein Angebot an Fahrrädern und E-Bikes mit Bambusrahmen zum Modelljahr 2020 kräftig ausgebaut. Neu sind ein Tiefeinsteigerrahmen, ein Fitness-Bike und ein starkes Touren-Pedelec. Ein neuer Mitbewerber aus Österreich mit Namen My Esel setzt hingegen auf Holzrahmen-Konstruktionen, die sich neuerdings zu Preisen ab rund 3500 Euro mit E-Antrieb kombinieren lassen.

Auch bei der Konnektivitätstechnik gibt es Neuerungen. Sminno hat eine Freisprecheinrichtung namens CESAcruiseS entwickelt, die bei vielen Funktionen wie Navigation oder Musikwunsch auch Sprachbefehle entgegennimmt. Die neue spanische E-Bike-Marke Exxite integriert im Modell X One sogar einen Android-Computer im Rahmenoberrohr, der neben Sprach- auch Gestenbefehle erkennt. So lässt sich der Blinker per Gesichtsgeste aktivieren. Außerdem gibt es eine Gesichtserkennung für den Nutzer. Persönliche Einstellung lassen sich zudem per Fingerabdruck-Scan aktivieren. Das Fahrradschloss „I Lock it“ wird neuerdings in einer Variante mit GPS-Tracker angeboten. Riese & Müller bietet für eine Reihe von Pedelec-Modellen seit Oktober die Konnektivitätstechnik RX Connect an. Mit diesem Feature sind die E-Bikes des hessischen Herstellers stets online. Neben internetbasierten Diensten erlaubt das Serviceangebot auch einen mehrstufig erweiterbaren Versicherungsschutz mit Wiederbeschaffungsgarantie.

Das Fahrrad einfach mieten für einen kleinen monatlichen Abopreis inklusive Wartung, Reparatur und Wiederbeschaffung. Solche Angebote gibt es bei Swapfiets, VanMoof, SMAFO oder E-Bike-Abo. Quelle: Swapfiets

Ein wichtiger neuer Fahrradtrend macht die Frage nach dem Fahrradkauf überflüssig, denn Drahtesel zur Dauermiete sind derzeit auf dem Vormarsch. Vorgemacht hat dies der holländische Pionier Swapfiets, dessen Bikes mit blauem Vorderreifen in manchen Großstädten Deutschlands bereits das Stadtbild prägen. Der Clou: Räder gibt es für einen kleinen monatlichen Abopreis, der Wartung, Reparatur und Wiederbeschaffung beinhaltet. Neben konventionell angetriebenen Rädern werden mittlerweile auch Pedelecs angeboten. Das Geschäftsmodell kommt in Deutschland gut an, was einige Mitbewerber wie VanMoof, SMAFO oder E-Bike-Abo auf den Plan gerufen hat.

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