WirtschaftsWoche: Wie reagiert Ihre Bank auf das Riesenproblem aller Kreditinstitute, die niedrigen Zinsen? Gehen Sie höhere Risiken ein?
Wunsch-Weber: Auf keinen Fall, die Volksbank Frankfurt bleibt im besten Sinne konservativ. Aber das Problem wird uns sicher noch eine ganze Zeit begleiten. Um das auszugleichen, wollen wir das Kreditgeschäft weiter beleben, aber auch sparen.
Woran?
Mir ist wichtig, dass es nicht die Mitarbeiter trifft. Wir werden unsere Prozesse etwa bei der Datenverarbeitung oder im Einkauf noch weiter verbessern. Zudem gehen wir davon aus, dass die Vorsorge für Kreditrisiken unser Ergebnis nicht wesentlich belasten wird.
Wie vermeiden Sie zu hohe Risiken?
Wir verfolgen ein risikoarmes Geschäftsmodell, verzichten auf individuelle Zielvorgaben und zahlen den Mitarbeitern keine leistungsabhängige Vergütung. So können sie ihre Kunden mit Blick auf deren Wünsche und Bedarf beraten. Zahlungen über das Fixgehalt hinaus bemessen wir allein am Gesamterfolg des Unternehmens, was zudem den Zusammenhalt stärkt.
Angesichts mangelnder Anlagemöglichkeiten stürzen sich derzeit viele Banken auf die vermeintlich lukrativen Firmenkunden. Müssen Sie sich jetzt einen Preiskampf mit Großinstituten liefern?
Einen Preiskampf und Verdrängungswettbewerb im Firmenkreditgeschäft fürchte ich nicht, denn mittelständische Unternehmer schauen genau hin, was ihnen geboten wird und erwarten dauerhafte Verlässlichkeit. Für sie zählt das Gesamtpaket, bei dem wir – wo es sinnvoll ist – auch Kredite mit öffentlicher Förderung einbinden.
Was bieten Sie Ihren Firmenkunden?
Sie können sich darauf verlassen, dass wir bei unserer seit 150 Jahren bewährten Strategie bleiben und sie auch in Zukunft mit uns Geschäfte machen können. Und wir verkaufen keine Kredite an Investoren, sodass unsere Schuldner nicht mit einem plötzlichen Gläubigerwechsel rechnen müssen.
Wird der Kostendruck kleinere Genossenschaftsbanken zwingen, unter das Dach der Frankfurter Volksbank zu schlüpfen?
Die Frankfurter Volksbank hat in der Vergangenheit zahlreiche Fusionen in der Rhein-Main-Region gestaltet. Bei den Genossenschaftsbanken wird ein solcher Schritt nur durchgeführt, wenn die Kunden und Mitglieder davon überzeugt sind und die Vertreterversammlung zustimmt. Die Mitarbeiter haben ihre Jobs behalten, und den neuen Kollegen aus kleineren Häusern haben sich größere Karrierechancen eröffnet. Im Moment ist aber nichts dergleichen in Anbahnung.
Frauen in Führungspositionen werden selbstverständlicher
Worin liegen die Nachteile der neuen europaweiten Bankenregulierung für die deutschen Volksbanken?
Eine vernünftige Regulierung ist natürlich geboten. Für mich erschließt sich aber der Nutzen einer EU-weiten Einlagensicherung nicht. Die Volks- und Raiffeisenbanken bieten ihren Kunden einen besseren Schutz als alles, was in der EU zu diesem Thema diskutiert wird. Die Regulierungswelle könnte dazu führen, dass unserem Geschäftsmodell unverhältnismäßige Regeln und damit den Kunden Kosten auferlegt werden.
Gibt es weitere Beispiele?
Uns würde zum Beispiel mit Wucht treffen, wenn die an die Bankenaufsicht zu liefernden Finanzdaten ausgeweitet würden. Für die Frankfurter Volksbank wäre das kaum zu bewältigen, für viele kleinere Volks- und Raiffeisenbanken erst recht nicht. Und ich sehe hier auch keinen zusätzlichen Erkenntniswert für die Bankenaufseher.
Sie sind seit April 2012 erste Chefin einer großen Volksbank. Auch die Bankenaufsicht wird von zwei Frauen geführt. Sind Finanzaufseherinnen besser als ihre männlichen Kollegen?
Entscheidend sind Fachwissen und soziale Kompetenz. Aus meiner Sicht funktioniert die Banken- und Finanzaufsicht in Deutschland unter BaFin-Chefin Elke König und Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger sehr gut. Dank solcher Beispiele werden Frauen in Führungspositionen immer selbstverständlicher.
Haben es Frauen im traditionell an der Spitze männlich dominierten Bankwesen immer noch schwerer, ins Top-Management aufzusteigen?
Für mich und die Frankfurter Volksbank entscheidet das Fachliche und Menschliche, nicht das Geschlecht. Aber in einer Zeit, in der mehr als 50 Prozent der Hochschulabgänger weiblich sind und der Frauenanteil unter den sehr guten Absolventen sogar noch höher ist, muss jeder ein Interesse daran haben, diesen weiblichen Talenten alle Chancen zu eröffnen.
Was halten Sie von gesetzlichen Frauenquoten für Führungsgremien?
Ich hoffe, dass eine Quote nicht nötig ist.