




Für viele Gläubige mag der Schritt nachvollziehbar sein. Weil der Weltbild-Verlag wieder einen mittleren zweistelligen Verlust meldete, zog der Eigentümer, die Katholische Kirche, die Reißleine. Die Bischöfe beschlossen vorige Woche, schlechtem Geld kein gutes mehr hinterherzuwerfen, das Fass ohne Boden zu schließen und die Versand- und Online-Sparte ihres Unternehmens insolvent gehen zu lassen.
Doch Verständnis für diesen Beschluss ist fehl am Platz. Nicht nur, dass dieser Schritt nun auch den Gesamtverlag bedroht. Mit ihrer Entscheidung haben sich die Bischöfe auch bei denjenigen eingereiht, die sich im Falle des unternehmerischen Misserfolgs aus der Verantwortung stehlen und die Schäden der Allgemeinheit aufbürden: den Steuer- und den Beitragszahlern in der gesetzlichen Sozialversicherung, die nun Insolvenzausfall- oder Arbeitslosengeld bezahlen müssen.
Auch wenn die Katholische Kirche damit nicht allein steht, siehe Schlecker: Die Bischöfe haben sich eine Unsitte zunutze gemacht, die schon seit vielen Jahren in der deutschen Wirtschaft grassiert. Sie haben sich zurückgelehnt und gefragt, ob sie für die Folgen der Misswirtschaft bei Weltbild aufkommen wollen oder nicht. Und sie haben sich entschieden, den Bettel den Gläubigern und dem Staat vor die Füße zu werfen. Die Steuer- und Beitragszahler sowie die Gläubiger konnten nicht mitentscheiden, ob sie das überhaupt wollen. Ihnen bleibt nur, die Rechnung in Empfang zu nehmen und zu bezahlen.
Dass die katholische Kirche über Jahre Geld zugeschossen hat, ist dabei sekundär und lenkt von dem tiefer liegenden Skandal ab. Die Bischöfe haben über Jahre Missmanagement zugelassen. In dieser Zeit haben sie zwar Verluste mit Kirchengelder ausgeglichen. Das muss man aber nicht als lobenswert hervorheben, denn das gehört sich so und ist für mich als verantwortlichen Unternehmer in einer Marktwirtschaft selbstverständlich: Wer als Unternehmer Gewinne machen darf, muss auch für Verluste haften, das ist der Preis dieses Privilegs. Wenn ich als Privatperson Verluste mache, wird keine Bank sagen, schade, macht aber nichts, wir übernehmen das. Jeder Gläubiger wird mich viel mehr so lange verfolgen, bis ich die Schulden beglichen habe, oder mich zum Offenbarungseid zwingen.
Für mich ist es deshalb unbegreiflich, dass die Kirche, die ja Geld hat, einfach sagen kann: Ach, jetzt wird es uns zu viel, ich mache Schluss. Pech für Euch Gläubiger, Steuerzahler und Sozialversicherte, übernehmt bitte.
Ich sehe nicht ein, dass Unternehmen in Form einer GmbH oder Aktiengesellschaft sich aus der Verantwortung für Missmanagement schleichen können. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die heute die am weitesten verbreitete Rechtsform für Unternehmen, fördert eine solche Verantwortungslosigkeit.
Bei Trigema wäre das ganz anders abgelaufen. Denn ich bin Inhaber von Trigema und hafte durch meine Rechtsform des Eingetragenen Kaufmanns (e. K.) zu 100 Prozent mit meinem Privatvermögen. Hätte ich gesagt, ich will nicht mehr, weil wir zu viele Verluste machen, dann würden die Banken und sonstigen Gläubiger sich von mir alles holen, respektive was sie von meinem Vermögen bis auf einen kleinen nicht pfändbaren Rest holen können. Ich hätte alles einsetzen müssen. Wenn die Kirche bis auf den letzten Cent für alles bei Weltbild hätten haften müssen, dann hätte sie bestimmt den Verlag schon vor zehn Jahren entweder liquidiert beziehungsweise die Weichen anders gestellt oder verkauft.
Dass die Probleme bei Weltbild weit zurückreichen, ist bekannt. Aber Probleme sind da, um sie unternehmerisch zu lösen, auch wenn das Geld kostet. Ich jedenfalls konnte mich nicht drücken, als ich Trigema 1968 von meinem Vater übernahm. Er hatte in den letzten Jahren zuvor diversifiziert und eine Kunststoff-, eine Strickwaren- sowie eine Jerseyfabrik gegründet. Als diese immer schlechter liefen, mussten wir Privatvermögen meines Großvaters im Wert von zwei Millionen Mark (umgerechnet eine Million Euro) verkaufen, um die Verluste auszugleichen. Das war damals viel Geld. Als ich dann entschied, die drei neuen Geschäftsfelder wieder einzustellen, saß ich auf zehn Millionen Mark (fünf Millionen Euro) Schulden, die ich dann bis Mitte 1975 beglichen habe.
Zu einem solchen Schritt wäre die katholische Kirche bei Weltbild wirtschaftlich durchaus in der Lage gewesen. Stattdessen schont sie ihr Vermögen und wälzt die Folgen ihrer unternehmerischen Fehlentscheidungen auf andere ab. Das kritisiere ich nicht nur als Katholik, sondern als Verfechter einer Marktwirtschaft, in der Versager und Gierige gefälligst für ihre Entscheidungen haften sollen.
Deshalb schlage ich schon lange vor, die Einkommenssteuer zu erhöhen, und denen, die die persönliche Haftung übernehmen, 50 Prozent Einkommenssteuerrabatt zu gewähren. Wäre dies in der Vergangenheit so gewesen, dann wären wahrscheinlich viele Entscheidungen überlegter getroffen worden und uns manche Desaster erspart geblieben.