BVB-Chef Hans-Joachim Watzke „Die Fans wollen keine Investoren“

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Eintrittspreise würden ungehemmt steigen

Sie haben gut reden, Bayern und Dortmund haben sich beim Umsatz weit vom Rest der Liga abgesetzt – wie sollen die anderen Klubs die Lücke denn sonst schließen?
Was ein Klub viel stärker braucht als Investoren, die ja aus ihrer Sicht idealerweise auch mal eine Rendite sehen wollen, sind hochkarätige Sponsoren. Das verwechseln viele Leute noch immer viel zu oft. Das Geld des Sponsors fließt dem Klub zu und er behält trotzdem das Sagen. Dass Bayern München immer höhere Sponsoring-Einnahmen haben wird als jeder Investor bei einem anderen Klub der Bundesliga dauerhaft und kontinuierlich abliefern würde, darüber müssen wir glaube ich gar nicht reden. Außerdem sind wir hier nicht in Frankreich: Als Katar bei Paris eingestiegen ist, hatte man die klare Vorstellung, innerhalb kürzester Zeit die Meisterschaft zu gewinnen.

Das hat ja auch geklappt…
Ja, aber so naiv kann doch in der Bundesliga wirklich niemand sein, zu glauben, mit einem Investor im Rücken sofort Bayern München angreifen zu können. Wer sich mehr Spannung durch die Abschaffung von 50+1 erhofft, wird sehr schnell sehen, dass das nicht funktioniert. Im Gegenteil würde das nur viele negative Entwicklungen einleiten.

Welche?
Dann werden die Dinge passieren, die ich befürchte – dann werden etwa die Eintrittspreise ungehemmt steigen. In England sind die Tickets 50, 60 Prozent teurer als in der Bundesliga.  Das passiert, wenn jeder Klub von einem Investor geführt wird. Alles das, was wir uns als deutsche Bundesliga bewahrt haben – bezahlbaren Fußball, allein wir haben 28000 Stehplätze hier beim BVB – das sehe ich dann alles gefährdet. Nicht bei uns in Dortmund, aber bei anderen.

Aber einige Ihrer Kollegen haben dazu doch schon sogenannte Leitplanken wie den Erhalt von Stehplätzen, bezahlbare Tickets, Standorttreue, Haltefristen ins Spiel gebracht, um solche Auswüchse zu verhindern?
Und das soll dann rechtssicher sein? Wenn 50+1 so schon nicht hält, wie soll man da einen Investor verpflichten, sich an solche Beschränkungen zu halten? Da wäre ich mal gespannt, wie Gerichte das sehen würden. Falls 50+1 wirklich fällt, müsste man diese Punkte schon hieb- und stichfest verankern. Am Ende des Tages soll jeder Klub denken, was er will. Aber man sollte eben nicht nur nach Paris und Manchester schauen, sondern auch in Ligen wie in Italien. Dort hat auch bald jeder einen Investor – und was ist mit der italienischen Liga los? In den Stadien dort haben sie nicht eben das Gefühl, das wäre nun das modernste, was es in Europa gibt…

Die DFL traut sich ja offenbar zu, Kriterien aufzustellen, um gute von schlechten Investoren zu scheiden…
Das ist ja sicher ehrenwert. Aber wenn ich beispielsweise sehe, dass ManCity und Paris angeblich das Financial Fairplay der UEFA einhalten, dann weiß ich ungefähr, wie sowas am Ende des Tages ausgeht.

Welcher Klub der Bundesliga will denn überhaupt seine Mehrheit verkaufen?
Klubs, die seit 20 Jahren auf der Stelle treten. Die sehen womöglich eine schnelle Möglichkeit, zu Geld zu kommen und die Lücken zu schließen. Aber die Zeche dieser Entwicklung zahlt am Ende der Fußball-Fan.

Sehen die anderen Klubs das auch so?
Wo seit Jahren Stillstand herrscht, ist man für scheinbar schnelle Lösungen sicher offener. Das ist völlig klar. Aber da müssen die Vereine selbst mit klarkommen. Ich glaube, dass die großen Klubs mit ihren vielen Mitgliedern klüger sind, als es der eine oder andere aktuell glaubt.

Wer würde denn überhaupt als Investor einsteigen in der Liga?
Es gibt sicher interessierte Geldgeber, die Liga ist für viele attraktiv. Auch wir hatten in den vergangenen Jahren immer wieder Interessenten. Aber ich sage klipp und klar: Das ist bei uns undenkbar. Wir wollen frei bleiben, und wenn 50+1 fällt, wird die Konkurrenzfähigkeit von Borussia Dortmund dadurch nicht dramatisch beeinträchtigt werden. Da soll sich mal keiner zu früh freuen.

50+1 wird Ende des Jahres nicht mehr Bestand haben?
Ich weiß es nicht. Wenn man bei der DFL und bei der Mehrheit der Klubs der Meinung ist, dass 50+1 juristisch nicht hält – wovon ich nicht überzeugt bin –, sollte es im besten Falle am Ende eine Konsenslösung innerhalb der Liga geben. Wenn das nicht möglich ist, muss man es rechtlich prüfen lassen. Aber das ist nicht meine Aufgabe, darüber muss sich der Vorstand der DFL Gedanken machen.

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