China Evergrande rutscht tiefer in die Krise – Umstrukturierung geplant

Der chinesische Immobilienriese Evergrande wankt weiter. Quelle: AP

Der hoch verschuldete chinesische Immobilienriese Evergrande warnt schon selbst vor Zahlungsausfällen. Eine amtliche Arbeitsgruppe soll jetzt aufräumen. Was passiert mit den US-Dollar-Anleihen?

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Sorgen um die Zahlungsfähigkeit von Evergrande haben den Aktienkurs des chinesischen Immobilienriesen an Hongkongs Börse am Montag um rund 20 Prozent auf ein Rekordtief fallen lassen. Nach einem Bericht der Finanzagentur Bloomberg unter Berufung auf informierte Personen steht eine Umstrukturierung der Kreditlasten des Unternehmens bevor. Demnach will Evergrande dabei auch all seine US-Dollar-Anleihen einbeziehen. Es gehe um Papiere, die der Konzern und seine Sparte Scenery Journey ausgegeben haben.

Bei zwei Scenery-Anleihen müsste Evergrande an diesem Montag schon Zinsen bezahlen. Wenn dies nicht gelingt, könnte der Konzern erstmals einen Zahlungsausfall am Anleihemarkt auslösen. Einem der in dem Bericht genannten Insider zufolge umfasst die geplante Umschuldung auch Anleihen im Umfang von 260 Millionen US-Dollar des Gemeinschaftsunternehmens Jumbo Fortune Enterprises, für die Evergrande gebürgt hat.

Die Regierung der Südprovinz Guangdong, wo Evergrande in der Wirtschaftsmetropole Shenzhen ansässig ist, hat eine Arbeitsgruppe in das Unternehmen entsandt. Das Ausmaß der Schulden solle überprüft und die Risiken sollen zerstreut werden, hieß es in Staatsmedien. Auch sollen Unsicherheiten für andere Firmen verringert werden, die Rechte und Interessen aller beteiligten Parteien gewahrt und auch „die soziale Stabilität gesichert“ werden, schrieb die Staatsagentur Xinhua.

Die Zentralbank führt die Probleme von Evergrande vor allem auf „Missmanagement und die halsbrecherische Expansion“ zurück. Es sei ein „Einzelfall“, der wenig Auswirkungen auf den Markt haben werde. Mit der Mitteilung bemühte sich die Zentralbank, die Sorgen über eine Ansteckungsgefahr, über Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt und über ähnliche Praktiken anderer Immobilienkonzerne zu zerstreuen.

Der Immobilienriese hatte am späten Freitagabend selbst vor möglichen Zahlungsschwierigkeiten gewarnt. Nach einer Überprüfung der Finanzmittel könne keine Garantie gegeben werden, dass die Gruppe über ausreichende Mittel verfügt, um seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, teilte das Unternehmen mit.

Evergrande steckt bereits seit Monaten in einer tiefen Krise und gilt als das weltweit am höchsten verschuldete Immobilienunternehmen. Es muss dringend Geld auftreiben, um Banken, Zulieferer und Anleihengläubiger fristgerecht bezahlen zu können. Die Schulden werden insgesamt auf 300 Milliarden US-Dollar beziffert. Der Aktienkurs ist in diesem Jahr inzwischen um 88 Prozent gefallen.

Chinas Behörden versuchen, die Auswirkungen auf Wohnungsbesitzer oder Käufer, die Anzahlungen gemacht haben, zu reduzieren. Auch haben Angestellte und individuelle Investoren Vermögensbildungsprodukte des Unternehmens gekauft, deren Schicksal jetzt ebenfalls ungewiss ist.

Das interessiert WiWo-Leser heute besonders

Geldanlage Das Russland-Risiko: Diese deutschen Aktien leiden besonders unter dem Ukraine-Krieg

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine belastet die Börsen. Welche deutschen Aktien besonders betroffen sind, zeigt unsere Analyse.

Krisenversicherung Warum Anleger spätestens jetzt Gold kaufen sollten

Der Krieg in der Ukraine und die Abkopplung Russlands von der Weltwirtschaft sind extreme Inflationsbeschleuniger. Mit Gold wollen Anleger sich davor schützen – und einer neuerlichen Euro-Krise entgehen.

Flüssigerdgas Diese LNG-Aktien bieten die besten Rendite-Chancen

Mit verflüssigtem Erdgas aus den USA und Katar will die Bundesregierung die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland mindern. Über Nacht wird das nicht klappen. Doch LNG-Aktien bieten nun gute Chancen.

 Was heute noch wichtig ist, lesen Sie hier

Vor dem Hintergrund der Krise und dem konjunkturellen Gegenwind für die zweitgrößte Volkswirtschaft verschaffte die Zentralbank der Bankenbranche mehr Luft zum Atmen. Am Montag kündigte die Notenbank an, die Sätze für Reserven zu senken, die Geldhäuser zu Sicherheitszwecken vorhalten müssen. Der Mindestreservesatz soll per 15. Dezember um 0,5 Punkte auf 11,5 Prozent sinken. Damit würde Liquidität von etwa 1,2 Billionen Yuan (170 Milliarden Euro) freigegeben.

Wie es mit Chinas Wirtschaft im neuen Jahr vorangehen wird, steht im Mittelpunkt von länger geplanten Beratungen, zu dem das Politbüro der Kommunistischen Partei am Montag zusammenkam. Es wird damit gerechnet, dass als Ziel für das Wachstum 2022 vielleicht nur noch rund fünf Prozent oder etwas mehr angepeilt werden. Für dieses Jahr wurden noch „mehr als sechs Prozent“ angestrebt.

Mehr zum Thema: Der Immobilienriese gilt als akuter Pleitekandidat. Aber: Wie schlimm steht es wirklich um Chinas Häusermarkt?

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%