
Was ist passiert?
Bahnchef Rüdiger Grube hat am Montag überraschend seinen sofortigen Rücktritt erklärt. Es gab Streit um die Vertragsverlängerung. Grube wollte drei Jahre lang weitermachen. Das sei ihm vom Aufsichtsrat versprochen worden, behauptet Grube. Im Gegenzug habe er auf eine Gehaltserhöhung und eine Abfindung im Falle eines vorzeitigen Abgangs verzichtet. Doch in der Aufsichtsratssitzung des Staatskonzerns am Montag habe man ihm dann aber doch nur zwei weitere Jahre als Vorstandschef geben wollen, hieß es.
Was bedeutet der Schritt?
Grubes Rückzug kommt unerwartet und trifft das Unternehmen in einer schwierigen Phase. So richtig zufrieden war der Aufsichtsrat zwar nie mit der Leistung des Bahnchefs. Allerdings hat Grube vor einem Jahr ein wichtiges Reformprogramm angestoßen. Die Kontrolleure (und viele Experten außerhalb des Bahnkonzerns) halten die darin definierten Maßnahmen für richtig, um den Konzern wieder auf die Erfolgsspur zu bringen.
So sollen etwa die Prozesse an den Bahnhöfen verbessert werden. Außerdem investiert das Unternehmen viel Geld in die Sauberkeit und technische Verlässlichkeit der Züge. Grube wollte für all die Maßnahmen die Gesamtverantwortung übernehmen. Er selbst ging davon aus, dafür drei Jahre lang Zeit zu bekommen. Der Aufsichtsrat wollte ihm nur zwei Jahre extra geben. Nach Grubes sofortigem Rücktritt bleibt die Frage, wer seine Rolle übernehmen soll. Interimsmäßig übernimmt zunächst der Finanzvorstand Richard Lutz den Job des Vorstandsvorsitzenden.





Was sagen die Bahn-Vertreter?
Die Deutsche Bahn erklärt kurz und knapp: „Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn hat heute einstimmig der Bitte von Dr. Rüdiger Grube entsprochen, mit sofortiger Wirkung seine Bestellung zum DB-Vorstandsvorsitzenden aufzuheben und seinen laufenden Vertrag durch eine Auflösungsvereinbarung zu beenden.“ Die entsprechenden Ausstiegsmodalitäten würden nun mit Grube vereinbart. Der Aufsichtsratsvorsitzender Utz-Hellmuth Felcht würdigt die Leistung von Grube: „Herr Dr. Rüdiger Grube hat sich bleibende Verdienste erworben, gerade auch im Hinblick auf die Zukunftssicherung der DB. Die Digitalisierung der DB ist ebenso mit seinem Namen verbunden wie das Qualitätsprogramm ‚Zukunft Bahn‘.“
Gleichzeitig lassen sich aus den Botschaften aus dem Aufsichtsrat aber auch Wut und Enttäuschung herauslesen. Alexander Kirchner, der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), sagt: "Wir nehmen die Entscheidung von Herrn Dr. Grube zur Kenntnis und danken ihm für sein Engagement. Nun gilt es, schnell einen geeigneten Nachfolger zu finden". Kirchner verzichtet also auf anerkennende Worte. Zuletzt war das Verhältnis zwischen ihm und Grube eigentlich ganz gut. Doch die Worte zeigen, dass sich Grube und Aufsichtsrat weit auseinander dividiert haben.





Wie geht es jetzt weiter?
Der Aufsichtsrat wird sich nun nach einem Nachfolger umschauen. Die endgültige Entscheidung wird aber wohl im Kanzleramt getroffen. Denn die Deutsche Bahn gehört zu hundert Prozent dem Staat. Aus diesem Grund dürfte der frühere Kanzleramtschef Ronald Pofalla die besten Chancen haben, die Nachfolge anzutreten. Eigentlich halten einigen Aufsichtsräte Pofalla noch nicht für ausreichend qualifiziert für den Chefposten. Vor allem mangele es ihm an operativer Erfahrung. Erst im Januar hat er den Bereich Infrastruktur übernommen.
Gleichzeitig gibt es aber auch Unterstützung für Pofalla im Aufsichtsrat. Nach dem Rückgang von Ex-Vize-Chef Volker Kefer, den viele Kontrolleure als eigentlichen Nachfolger von Grube sahen, hatte Pofalla die Aufgaben teilweise übernommen. Er habe „einen ganz guten Job“ gemacht, sagt ein Aufsichtsrat. Außerdem dürfte er die Unterstützung der Kanzlerin haben.
Allerdings meldet auch die SPD ein Mitspracherecht an. Über die Besetzung des Postens werde in der Koalition entschieden, sagte der designierte SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz am Montag vor Journalisten. Die Koordinierung der Gespräche in dem Regierungsbündnis betreibe nach wie vor Vizekanzler Sigmar Gabriel, aber in enger Abstimmung mit ihm als designiertem Nachfolger für den Parteivorsitz. Die SPD ist bekanntermaßen kein Freund von CDU-Politiker Pofalla.