Fleischindustrie „Das ist Doping für Wurst“

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Wursten wie Dopingsünder

Ein ehemalige Metzger und Lebensmittelkontrolleur spricht in dem Beitrag von Ekel, den er empfand, als er den „Dreck“ zubereitet hat. Wäre es nicht sinnvoller, auch die weniger edlen Teile nicht länger als ekelhaft einzuordnen, um so mehr Menschen dazu zu bringen, nicht nur Putenbrust oder Schweinekotelett zu essen?
Ich persönlich würde auch nicht so weit gehen, es als Dreck und Rest zu bezeichnen. An einem Tier ist kein Rest und Dreck – das sind wir dem Tier schuldig, wenn wir es schon schlachten. Aber ich mache einen Unterschied zwischen dem, was Metzger machen und dem was die Fleischindustrie macht. Das ist wie mit den Geschmacksverstärkern, die auf natürliche Art auch in Parmesan enthalten sind – das ist aber kein Pulver, das da reingerührt wurde. Die Industrie versucht Geschmack herzustellen, wo keiner ist. Das Separatorenfleisch ist nur ein Rädchen in dem Gefüge, ein aufgehübschtes, essbares Fake-Produkt herzustellen.

Hatten die Tester, die der Wurst des Scheinunternehmens eine silberne Medaille gaben, überhaupt eine Chance, die Qualität zu erschmecken?
Ich glaube nicht, dass man das erschmecken kann. Bei der DLG-Prüfung geht es aber auch nicht darum, die beste Wurst zu küren. Das wird leider oft missverstanden. Die DLG prüft nur, ob das Produkt den gängigen Auffassungen entspricht - unter Zunahme dessen, was vom Hersteller deklariert wurde. Im schlimmsten Fall heißt das, dass eine Wurst, die mit Lebensmittelfarbe rosa gefärbt ist und Geschmacksverstärker oder natürliche Aromastoffe enthält, bei ordnungsgemäßer Deklaration auch eine Goldene Medaille erhalten kann.

Trailer zu Silberner Wurst aus dem ZDF-Magazin frontal 21

Müssen wir davon ausgehen, dass diese Art Separatorenfleisch zu verwenden, weit verbreitet ist?
Das Separatorenfleisch und die nötigen Mittel zu dessen Nutzung werden in großen Mengen produziert. Die Industrie behauptet aber, sie nicht zu nutzen. Die Unternehmen, die diese Zusatzprodukte verkaufen, erzählen wiederum in ihren Seminaren, dass die damit hergestellten Waren durchaus in Supermärkten und Discountern verkauft würden. Fragt man die Verbände, heißt es, in der Wurst sei nichts drin. Und selbst wenn die Unternehmen die Inhaltsstoffe angeben, fällt das gar nicht auf.

Wie kann das sein?
Die Mittel zum Zusammenhalt des Fleischs dürfen als Würze deklariert werden. Wenn also bei so einer Prüfung draufsteht, dass in der Wurst „Würze“ enthalten ist, kann das auch etwas anderes als Gewürze sein – wie soll das jemand herausschmecken?

Lässt sich diese Art der Produktion nur im Labor ermitteln?
Fragt man Institute, sagen die, es sei nicht nachzuweisen, dafür fehlten die Methoden. Das ist wie Doping im Leistungssport – die Athleten, die betrügen wollen, sind in aller Regel denjenigen einen Schritt voraus, die die genutzten Präparate nachweisen müssen. Dagegen richtet sich auch meine Kritik – es werden die minderwertigsten Zutaten mit Mittelchen auf Geschmack getrimmt – und wenn die fehlen, dann schmeckt es nicht. Das ist Doping an der Wurst. Die Unternehmen, die diese Mittel verkaufen, haben Labore, die prüfen, was geht. und sie haben Rechtsabteilungen, die sagen, wie man diese Stoffe deklarieren kann, ohne dass es auffällt.

Wasser in der Wurst, wie der erste Teil zeigt, ist Verbrauchertäuschung zur Gewinnmaximierung. Der zweite ist nun über die Verwendung des Separatorenfleischs und der Möglichkeit, Qualität vorzutäuschen. Aber was ist schlimmer – Wasser oder Separatorenfleisch?
Die Konsumenten, die diese Produkte nichtsahnend kaufen, werden getäuscht und bekommen minderwertige Ware, die trotz des niedrigen Preises, um dem es der Industrie schließlich geht, teuer ist. Jeder Kunde kann nur aufpassen, was bei den Inhaltsstoffen angegeben ist.

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