Fußball-Fans in der Bahn So wollen Bahn und Fußballbund Vandalismus vorbeugen

Randalierende Fußball-Fans kosten die Deutsche Bahn jedes Jahr Millionen. Deswegen arbeiten Bahnbetreiber gemeinsam mit der Bundespolizei und den Fußballverbänden an einem neuen Beförderungskonzept.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Durch Vandalismus beschädigte Sitze einer S-Bahn Quelle: AP

An diesem Samstag endet die Bundesliga-Saison – zumindest für die 1. Liga. An jedem Spieltag reisen bis zu 100.000 Fußballfans mit den Zügen quer durch ganz Deutschland reisen, um ihren Verein zu unterstützen, wird ein kleiner Teil von ihnen Fahrgäste belästigen und in den Zügen pöbeln, randalieren, demolieren.

Laut Angaben der Deutschen Bahn handelt es sich bei den problematischen Fans um nicht einmal ein Prozent derjenigen, die während der Saison ihrem Verein hinterherreisen. Die Mehrheit seien „willkommene Fahrgäste“, die helfen, die Züge auszulasten und der Bahn Einnahmen brächten, so ein Sprecher der Deutschen Bahn.

Das, was die Problemfans anrichten, spricht allerdings für sich: Wand- und Deckenverkleidungen werden herausgerissen, Lampen zertrümmert, Fenster eingeschlagen, Türen unbenutzbar gemacht. Hinzu kommen beschmierte Wände, vermüllte Abteile und die WCs – nun gut, lassen wir das.

Fakten zum Personenverkehr der Deutschen Bahn

Die Konsequenz: Die Fahrzeuge sind für Tage, manchmal für Wochen nicht verwendbar. Das wiederum kostet allein die Deutsche Bahn nach eigenen Angaben jährlich 1,5 Millionen Euro. Hinzu kommen weitere 700.000 Euro für zusätzliche Sicherheitskräfte, die Schlimmeres verhindern sollen.

„Wenn das niemand zahlt, tragen die Kosten wir“, sagt ein Bahnsprecher. „Was letztendlich heißt, dass die Kunden das über höhere Ticketpreise bezahlen müssen.“

Ein Zustand, der aus Sicht der Landesverkehrsminister und der Bahnen, insbesondere der Deutschen Bahn, nicht länger tragbar ist. Deswegen arbeiten sie gemeinsam mit der Bundespolizei und den Fußballverbänden an einem neuen Beförderungskonzept.

Das geben Fußball-Fans für ihr Hobby aus
Fanschal Quelle: dpa
Sitzplätze im Stadion Quelle: Fotolia
Wurst im Brötchen Quelle: Fotolia
Herta-Fans Quelle: REUTERS
Busfahrer Quelle: Fotolia
Fußballfans zu Hause Quelle: gms

Geplant sind spezielle Züge ausschließlich für Fußballfans. Das soll sicherstellen, dass Problemfans keine Fahrgäste belästigen, die mit Fußball nichts am Hut haben. Zudem soll der Regelverkehr entlastet werden, der aufgrund der zahlreichen Fans an den Wochenenden oft an seine Kapazitätsgrenzen stößt. Zuletzt sollen die Zusatzzüge für mehr Sicherheit sorgen.

Wenn Fans umsteigen müssen, kann es zu Zusammenstößen von verschiedenen Fangruppen kommen. Die Züge für die Fans würden durchfahren.

Weiter sollen in dem Wagen, in dem bei herkömmlichen Zügen Fahrräder und Kinderwagen abgestellt werden, pflegeleichte Edelstahl-Urinalrinnen eingebaut werden. Die zwei Toiletten pro Wagen, die sonst üblich sind, sind durch den regen Alkoholgenuss der Fußballfans schnell überlastet.

Wer trägt das Risiko für Vandalismusschäden?

 

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger des Schienenpersonen-Nahverkehr (BAG SPNV) schätzt, dass zur Entlastung des Regelverkehrs 140 Fahrten pro Saison mit den Fußball-Zusatzzügen vonnöten sind. Vier Züge mit je sechs bis acht Waggons sollten 80 Prozent des Bedarfs decken. Insgesamt kann jeder dieser Züge 600-800 Personen befördern.

Die Kosten pro Jahr dafür schätzt Frank Zerban, Hauptgeschäftsführer der BAG SPNV, auf circa drei Millionen Euro.

Offen ist, wer das Ganze finanziert. Landespolitiker sowie Vertreter des DFB und der DFL befinden sich aktuell noch in Gesprächen.

„Wichtig ist es, dass die Gespräche noch in diesem Jahr abgeschlossen werden“, sagt Zerban. Die Deutsche Bahn bietet nicht mehr benötigte Wagen auf dem freien Markt an, die für die Beförderung genutzt werden könnten. „Dauern die Gespräche zu lange, werden die Wagen von Dritten gekauft und stehen nicht mehr zur Verfügung.“

Die größten Pannen der Deutschen Bahn
Juli 2015Wegen der großen Hitze sind die Luftkühlungen mehrerer IC-Züge ausgefallen. Anders als im Sommer 2010 reagierte die Bahn diesmal schnell: Sie stellte für die besonders betroffene Linie Berlin-Amsterdam zwei Ersatzzüge bereit. Sie sollen eingesetzt werden, wenn die Luftkühlung in anderen IC auf der Strecke versagt, wie ein Sprecher mitteilte. Außerdem wurden in Osnabrück mehrere Busse stationiert. Dort mussten insgesamt mehrere Hundert Fahrgäste in nachfolgende Züge umsteigen, weil in ihren Zügen die Klimaanlage ausgefallen war. Es habe aber kein Fahrgast gesundheitliche Probleme bekommen, so der Sprecher. Bei etwa einem Dutzend älterer Intercitys auf der Linie Berlin-Amsterdam hatten die Klimaanlagen ihre Arbeit eingestellt. Quelle: dpa
Oktober 2014Ein Warnhinweis sorgt für Lacher, Spott und eine Entschuldigung der Deutschen Bahn: „Cannstatter Wasen: Es ist mit Verspätungen, überfüllten Zügen und verhaltensgestörten Personen zu rechnen“ ist am Samstag auf den Anzeigetafeln an mehreren Bahnhöfen in der Region Stuttgart zu lesen gewesen, wo das Volksfest an seinem letzten Wochenende in diesem Jahr wieder Tausende Besucher anlockte. „Wir entschuldigen uns dafür“, sagte eine Bahn-Sprecherin am Sonntag und bestätigte Online-Berichte der „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“. Ein Mitarbeiter habe den Text entgegen aller Vorgaben verfasst. Er werde Anfang der Woche zum Rapport bestellt. Dann solle auch der gesamte Vorgang aufgeklärt werden. Quelle: dpa
August 2013Ein ungewöhnlich hoher Krankenstand in der Urlaubszeit sorgte im August 2013 für ein Fahrplanchaos am Mainzer Hauptbahnhof - und für massiven Ärger bei den Fahrgästen. Die Deutsche Bahn hat für das Chaos am Mainzer Hauptbahnhof wegen massiver Personalprobleme auf Facebook um Entschuldigung gebeten. „Für die derzeitigen Einschränkungen möchte ich mich entschuldigen“, antwortete ein Mitarbeiter in dem Sozialen Netzwerk auf Beschwerden einer Nutzerin. Die Situation sei „wahrlich nicht schön“. Quelle: dpa
August 2013Um dem Problem der häufig verstopften und verdreckten Zugtoiletten Herr zu werden, setzt die Bahn ab sofort neue Reinigungskräfte, sogenannte Unterwegsreiniger, in ICE-Zügen ein. Die Reinigungskolonne, die auf der Fahrt die Toiletten putzt, wird um 50 Beschäftigte auf 250 aufgestockt, wie der Vorstandsvorsitzende DB Fernverkehr, Berthold Huber, ankündigte. Die Mitarbeiter sollen zugleich stärker entsprechend der Zugauslastung eingesetzt werden. Damit würden die Toiletten in besonders gefragten Bahnen mindestens zweimal und damit doppelt so oft auf der Fahrt gereinigt wie bisher. Der Fahrgastverband Pro Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) lobten die Initiative, wiesen aber zugleich auf andere Probleme hin. „Neben den kaputten oder dreckigen Toiletten gibt es tagtägliche Kundenbeschwerden vor allem über die Klimaanlagen und Verspätungen“, sagte Pro-Bahn-Bundessprecher Gerd Aschoff. Und das sind nicht die einzigen Pannen der Deutschen Bahn... Quelle: dpa
November 2011Nach der persönlichen Anmeldung im neuen elektronischen Ticketsystem „Touch & Travel“ waren für nachfolgende Nutzer die Kundendaten sichtbar. Quelle: dpa
Juli 2010Am einem Wochenende fallen in mehreren ICE-Zügen die Klimaanlagen aus. Fahrgäste kollabierten, Schüler mussten dehydriert ins Krankenhaus eingeliefert werden. Im Zuge der Panne wurde bekannt, dass die Klimaanlagen der Bahn nur bis 32 Grad funktionieren. Damals fielen in Dutzenden Zügen die Klimaanlagen aus. Quelle: dpa
April 2010 - ICE verliert TürBei voller Fahrt verliert ein ICE auf dem Weg von Amsterdam nach Basel eine Tür. Das Stahlteil schlägt in einen entgegenkommenden ICE ein. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Frankfurt und Köln werden sechs Menschen leicht verletzt. Ursache für den Unfall ist eine lose Stellmutter an der Verriegelung. Foto: dpa

Sollte das Konzept zustande kommen, sollen die Verbindungen unter den Bahnunternehmen ausgeschrieben werden. Dafür muss allerdings vorab geklärt werden, wer das Risiko für mögliche Vandalismusschäden in den Fahrzeugen trägt.

Die Bahn bietet Vereinen und Fangruppen an, Sonderzüge zu chartern. „Verantwortung und Haftung sind dann klar“, sagt ein Bahnsprecher. Besonders viel Anklang bei Vereinen und Fangruppen findet das allerdings nicht.

Laut Angaben der Bahn wurden in der zu Ende gehenden Saison lediglich 60 Züge gechartert, die je 500 bis 700 Fans transportieren können. „Wir wünschen uns, dass dieses Angebot öfter angenommen wird“, so ein Bahnsprecher. Oft sind Busse billiger. Die werden aber dann auch nicht gechartert und die randalierenden Fans fahren doch wieder mit regulären Zügen, wo sie Kunden, Bahnmitarbeiter und die Polizei belasten.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%