Teva und Ratiopharm Wie der Pharma-Gigant sich selbst heruntergewirtschaftet hat

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Teva setzt Hoffnung in neue Biotech-Medikamente


Was das für sie bedeutet, fragen sich nun 53.000 Mitarbeiter weltweit. In Deutschland arbeiten 2900 Mitarbeiter für den Konzern, die meisten davon für Ratiopharm in Ulm. Die Stimmung vor Ort ist schlecht. Die bereits vorbereitete Weihnachtsfeier Mitte des Monats wurde abgesagt, auch in anderen Ländern fallen solche Feiern dieses Jahr aus. Eine Weisung aus der Konzernzentrale in Israel, heißt es.

Wenn sie sich fragen, wie es weitergehen soll, gucken die Mitarbeiter von Ratiopharm auf die Baustelle vor ihrer Tür. Dort entsteht gerade eine neue Biotech-Anlage, ein gigantischer Turm, neun Geschosse, in denen Ratiopharm künftig 300 Wirkstoffe herstellen will. 500 Millionen Euro hat das Projekt gekostet.

Die Biotech-Anlage ist die größte Hoffnung der Mitarbeiter in Ulm. Sie ist der Versuch, eine Aufholjagd einzuleiten.

Denn in der modernen Medizin sind einfache Pillen mit Wirkstoffen aus nur wenigen Molekülen nicht mehr angesagt. Knapp 40 Prozent der neuzugelassenen Medikamente sind biotechnologisch hergestellte Produkte. Die Blockbuster gegen Krebs, Rheuma und Multiple Sklerose, mit denen Pharmakonzerne heute die Milliarden verdienen, stammen allesamt aus biotechnologischen Produktionsprozessen. Und sie stehen kurz vor dem Ende ihres Patentschutzes.

In Ulm sollen deshalb sogenannte Biosimilars hergestellt werden. Das sind Nachahmer von biologisch hergestellten Medikamenten.

Biosimilars sind deshalb Risiko und Hoffnungsträger zugleich für Generika-Hersteller wie Teva. Risiko, weil es mehr Fachwissen braucht, um sie herzustellen, mehr Zeit und andere Anlagen. Die Unternehmen müssen deshalb viel investieren, um sich als Spieler im Biosimilar-Geschäft zu positionieren.

Doch wem der Einstieg gelingt, der hat auch berechtigte Hoffnungen auf größere Gewinne. Eben weil Biosimilars so kompliziert sind, sollen sie höhere Margen abwerfen als die üblichen Generika. Bei kleinen Molekülen kosten die Nachahmer-Arzneien oft nur 20 Prozent des Originals. Bei Biosimilars rechnen die Hersteller damit, dass die Preisuntergrenze bei mindestens 50 oder 60 Prozent des Originals liegen könnte.

Doch bis die neue Anlage in Ulm produzieren kann, sollen noch Jahre vergehen: Erst 2020 soll sie ihren Betrieb aufnehmen. Bis dahin könnten sich längst andere Unternehmen den Markt aufgeteilt haben. Fast alle großen Pharmafirmen setzen auf Biosimilars, unter den deutschen Konzernen wollen Boehringer Ingelheim und Fresenius mitmischen. Während sie schon die ersten Blockbuster-Nachahmer auf den Markt bringen, dauern in Ulm noch die Bauarbeiten an.

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