RWE-Kurs steigt Innogy heizt Übernahmefieber an

Noch hält RWE den Löwenanteil von Innogy. Doch RWE-Chef Martin Schmitz schließt nicht aus, dass das Unternehmen seinen Innogy-Anteil reduziert. Das treibt den RWE-Kurs in die Höhe.

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Innnogy: Noch gehört das Unternehmen zum Großteil RWE. Quelle: REUTERS

In der krisengeschüttelten Energiebranche kehrt das Übernahmefieber zurück: RWE-Chef Rolf Martin Schmitz schloss am Dienstag auf der Bilanz-Pressekonferenz in Essen nicht aus, dass der Versorger seinen Anteil an der Ökostromtochter Innogy von 77 Prozent weiter reduzieren könnte. Er wiederholte frühere Aussagen nicht, wonach RWE auf Dauer die Mehrheit behalten will. Das befeuerte Spekulationen, der französische Versorger Engie könnte an einer Übernahme von Innogy interessiert sein. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte über entsprechende Überlegungen berichtet. Ob es zu einer Offerte komme, sei aber offen. Die RWE-Aktien schossen an der Börse um fast neun Prozent nach oben, Innogy zogen mit einem Plus von fast acht Prozent mit.

RWE hatte Innogy im Oktober an die Börse gebracht. Dort ist die Tochter, zu der die Produktion von Ökostrom, der Betrieb von Strom- und Gasnetzen und der Vertrieb gehören, 18,6 Milliarden Euro wert. "Wir haben einen Aufsichtsratsbeschluss aus Dezember 2015, der uns die Freiheit gibt, bis auf 51 Prozent abzuverkaufen", betonte Schmitz. "Wir sind in regelmäßigen Kontakten zu einer Vielzahl von Marktteilnehmern. Wir überprüfen regelmäßig alle strategischen Optionen, die sich für unser Unternehmen stellen. Das ist es, was wir dazu zu sagen haben." Zu weiteren Berichten, wonach RWE an einer Übernahme des Konkurrenten Uniper interessiert sei, sagte der Manager: "Wir prüfen alle Optionen. Und alle heißt alle."

Der frühere RWE- und heutige Innogy-Chef Peter Terium hatte im Oktober den Verkauf der Mehrheitsbeteiligung in einem Interview nicht ausgeschlossen. Die Mehrheit zu behalten sei zwar eine interne Auflage gewesen, sagte der Manager damals der "Welt am Sonntag". "Wir sind jederzeit in der Lage, die interne Auflage auch wieder zu ändern, wenn wir das wollen", fügte er aber hinzu. Eine Abgabe der Aktienmehrheit sei jedenfalls nicht notwendig. "RWE kann so kurzfristig nicht raus, braucht es auch nicht.". Der Versorger könnte weitere Einnahmen aber gut gebrauchen. Ihn drücken Schulden von knapp 23 Milliarden Euro. Sein Innogy-Anteil ist rund 14 Milliarden Euro wert.

Der Ausblick für Innogy

Nachdem RWE im vorigen Jahr Innogy und Konkurrent E.ON die im MDax gelistete Uniper abgespalten hat, halten Experten Zusammenschlüsse im Energiesektor für möglich. So erwartet die Investmentbank Goldman Sachs, dass es in diesem Jahr in der Branche zu größeren Übernahmen kommt. Als Übernahmeziel haben die Experten Uniper ausgemacht, als mögliche Angreifer neben Engie auch den italienischen Enel- Konzern.

Ob sich eine Übernahme von Innogy für die französische Engie lohnen würde, darüber gingen die Analystenmeinungen auseinander. Ein Zukauf würde in die Strategie von Engie passen, das Geschäft mit erneuerbarer Energie, Netzen und Vertrieb auszubauen, schrieben die Experten von Bernstein. Auch die Analysten von Morgan Stanley hielten eine Übernahme für sinnvoll. Engie erhielte mit Innogy Zugang zu Kunden in Großbritannien und zum Netzgeschäft in Deutschland. Die Analysten von HSBC erklärten hingegen, Engie werde wohl kein Angebot für Innogy vorlegen. Es würde nicht in die Strategie passen, die vor allem auf Wachstum im Bereich Solarenergie und Energieeffizienz setze. Sollte Engie zur Finanzierung eine Kapitalerhöhung vornehmen, könnte die Beteiligung des französischen Staates von 28,7 Prozent an Bedeutung verlieren. Engie lehnte einen Kommentar ab.

Nach der Aufspaltung nun der Neubeginn?
Es war ein Kraftakt mit noch ungewissem Ausgang: Über Börsengänge abgetrennter Konzernteile haben die Energieriesen Eon und RWE eine dringend nötige Kehrtwende eingeleitet. Gelingt den Versorgern mit Hilfe ihrer eigenständigen Öko-Sparten nun tatsächlich der Befreiungsschlag - oder kommt die schrittweise Abwendung von der Kohle- und Atomkraft viel zu spät? 2017 dürfte es für Verbraucher und die Branche ähnlich spannend bleiben. Zentrale Themen im Überblick. Quelle: dpa
1. Die Rettungsstrategie: Ökostrom, Netze und Services abspaltenDie „neue“ Eon mit Ökostrom, Netzgeschäft und Vertrieb heißt weiter Eon - der alte Bestand vor allem mit konventionellen Kraftwerken und dem Gasgeschäft wurde dagegen in den jetzt ebenfalls börsennotierten Konzern Uniper ausgelagert. Eon verfolgt eine Konzentration auf die boomenden neuen Energien bei gleichzeitiger Verschlankung. „Unser Ziel ist es, trotz weiterer grundlegender Veränderungen die Zukunft dauerhaft zu sichern“, erklärte Vorstandschef Johannes Teyssen im November. Quelle: REUTERS
Ähnlich machte es der Rivale RWE, wenngleich genau andersherum: Die Essener holten sich an der Börse frisches Geld für ihre Öko-Sparte Innogy, während die „alte“ RWE etwa die konventionellen Anlagen verwaltet. Konzernchef Peter Terium verbreitete zum Innogy-Start auf dem Parkett im Oktober Zuversicht: „Das ist ein super, super Tag.“ Quelle: dpa
2. Das anhaltende Problem: Kohle und Gas verdienen nicht genug GeldEin hohes Angebot an Ökostrom drückt in die Netze, weshalb die Lücke zwischen den eigentlich geringen Großhandelspreisen und den Einspeisevergütungen für die Hersteller von alternativer Energie tendenziell weiter aufklafft. Das Preisniveau an den Strombörsen ist für den Verkauf insbesondere der konventionell erzeugten Elektrizität entscheidend. Die „neuen“ Ökostrom-Geschäfte laufen deutlich besser. Quelle: dpa
Die Eon-Abspaltung Uniper steckte nach den ersten drei Quartalen 2016 mit minus 4,2 Milliarden Euro tief in den roten Zahlen. Das war so kurz nach der Trennung von Eon auch nicht anders erwartet worden. Der Betriebsgewinn legte auf rund 1,8 Milliarden Euro zu - jedoch vor allem wegen des Sondereffekts neu verhandelter Lieferverträge mit dem russischen Gasriesen Gazprom. Bei RWE sackte das Betriebsergebnis nach neun Monaten um knapp neun Prozent auf 2,6 Milliarden Euro ab. Quelle: REUTERS
3. Der Verbraucher muss vorerst weiter draufzahlenDer Privatkunde merkt von dem Preistief an den Strombörsen kaum etwas - ganz im Gegenteil: Steigende Kosten für den Ausbau des Netzes und der erneuerbaren Energien werden auch 2017 zu einem beträchtlichen Teil über die Netzentgelte und die Ökostrom-Umlage auf ihn abgewälzt. Quelle: dpa
Rund drei Viertel des Endverbraucher-Preises entfallen auf solche Abgaben und Steuern. Im nächsten Jahr erhöht sich die Ökostrom-Umlage von 6,35 auf 6,88 Cent je Kilowattstunde, wie die Netzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW im Oktober festlegten. Bei den Netzentgelten ist es ähnlich. Der für Norddeutschland und Bayern zuständige Betreiber Tennet kündigte eine Erhöhung um 80 Prozent an. Quelle: dpa

In seinem am Dienstag veröffentlichten Geschäftsbericht hob RWE die Bedeutung von Innogy hervor: "Von unserer Finanzbeteiligung Innogy versprechen wir uns eine hohe und stabile Dividende." Für 2016 kassiert der Mutterkonzern von seiner Tochter eine Gewinnbeteiligung von 683 Millionen Euro ein echter Lichtblick in der Bilanz. Denn nach hohen Abschreibungen auf Kohle- und Gaskraftwerke fuhr der Versorger im vergangenen Jahr mit einem Fehlbetrag von 5,7 Milliarden Euro den höchsten Verlust in seiner knapp 120-jährigen Unternehmensgeschichte ein. Im laufenden Jahr will RWE erstmals seit 2012 operativ wieder zulegen. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll 2017 bei 5,4 bis 5,7 Milliarden Euro nach 5,4 Milliarden 2016 liegen.

"Unser Geschäftsmodell dreht sich rund um das Thema Versorgungssicherheit", sagte Schmitz. Er erwartet, dass 2017 die Ergebnisse der Kohle- und Gaskraftwerke wegen der gefallenen Strom-Großhandelspreise deutlich schlechter ausfallen werden. Dem stünden aber leichte Verbesserungen bei Innogy und deutliche im Energiehandel gegenüber. Nach dem erneuten Ausfall der Dividende für Stammaktionäre strebe der Konzern für 2017 eine Ausschüttung von 50 Cent je Aktie an. In den Folgejahren soll sie mindestens genauso hoch sein.

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