SMA Solar Ein Sonnen-Star mit Problemen: Wie SMA Solar gegensteuert

Aus Licht werde Strom: Solartechnikhersteller SMA Solar aus Niestetal in Hessen will wieder in die Gewinnzone. Quelle: dpa

Für SMA Solar müsste die Geschäftswelt in Ordnung sein. Der weltweite Spezialist für Fotovoltaik-Systemtechnik profitiert vom Ausbau der erneuerbaren Energien. Doch die Firma schreibt rote Zahlen. Warum – und wie lange noch?

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In das Werbevideo von SMA Solar ist zweifelsfrei einiges an Zeit und Geld geflossen. Eine Kameradrohne fliegt auf eine futuristisch anmutende Halle voller Elektroautos zu, das Dach ist von Gras und Solar-Panelen bedeckt. Dazu spielen im Hintergrund ein Klavier und ein paar Geigen eine pathetische Melodie. Nachdem die Kamera dann erst ein Büro und darin einen Computer anvisiert, folgt die Aufklärung: Das Unternehmen bewirbt seinen „New Inverter Sunny Tripower X“.

Dieses rechteckige, weiße Gerät soll Haushalten und Betrieben dabei helfen, ihre Energiesysteme besser zu steuern und zu überwachen. Die Box symbolisiert einen Wandel, den SMA Solar vor einigen Jahren begonnen und nun vollzogen haben will. Das Unternehmen setzte lange auf reine Wechselrichter, die dazu dienen, den in den Solarmodulen erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom umzuwandeln. Erst dann ist er für das öffentliche Stromnetz verwertbar. Jetzt geht es um Solar-Komplettlösungen wie den „New Inverter Sunny Tripower X“, der Wechselrichter und Energiemanager zugleich ist.

Oder, wie es der SMA-Vorstandsvorsitzende Jürgen Reinert formuliert: „Wir sind längst nicht mehr nur ein Wechselrichter-Hersteller, sondern auch ein Energiewende-Unternehmen.“

Innerhalb eines Jahres aus den schwarzen in die roten Zahlen

Doch die eigene Wende lässt auf sich warten. Solarenergie wird zwar immer wichtiger und SMA Solar ist an und für sich ein Unternehmen des Zeitgeists. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine erst recht. Deutschland muss sich unabhängig machen von Energierohstoffen wie Gas und Öl, die aus Russland kommen. Doch die SMA-Zahlen für das Geschäftsjahr 2021 zeigen, dass es zuletzt nicht so rund lief beim nordhessischen Konzern.

Schrieb das Unternehmen 2020 noch Umsätze in Höhe von rund einer Milliarde Euro, waren es 2021 nur noch 984 Millionen Euro. Noch schlechter sieht es unterm Strich aus: Denn SMA verbuchte einen Verlust von 23 Millionen Euro. 2020 erwirtschaftete SMA Solar noch einen Gewinn von 28,1 Millionen Euro. Der Negativtrend setzte sich auch im ersten Quartal dieses Jahres fort. Rund 221 Millionen Euro Umsatz hat SMA Solar bis März erwirtschaftet, im Vorjahreszeitraum waren es noch rund 240 Millionen.

Wie kann es also sein, dass ausgerechnet ein Unternehmen, das von der Energiewende profitieren sollte, innerhalb eines Jahres von den schwarzen in die roten Zahlen rutscht?

Bis 2030 hat Deutschland vor, aus der Kohle auszusteigen. Den Ausbau der erneuerbaren Energien will die Ampel-Regierung laut Koalitionsvertrag zu einem „zentralen Projekt ihrer Regierungsarbeit“ machen. Das ist eigentlich gut für SMA Solar. Die Firma arbeitet gleich in mehreren Bereichen, die dieses Vorhaben erleichtern könnten, wie der Vorstandsvorsitzende Reinert erklärt. „SMA Solar ist nicht nur ein Fotovoltaik-Spezialist, sondern auch in den Feldern Speicher, Elektromobilität und Wasserstofferzeugung gut aufgestellt.“

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So konzentriert sich das Unternehmen nicht nur auf Deutschland. Es ist weltweit tätig. In Europa, den USA, Asien und Australien sei es bereits an Projekten zur grünen Wasserstofferzeugung beteiligt und bereite dort Gleichstrom für die Elektrolyse auf, sagt Reinert. Mit seinem Joint Venture Elexon und dem Tochterunternehmen Conveva plane und installiere SMA Solar E-Fahrzeug-Ladeparks.

Doch SMA Solar wird seit vergangenem Jahr Opfer einer Krise, die das Unternehmen auch für dieses Jahr Gefahr laufen lässt, seine Ziele zu verpassen. „Vor allem der Chipmangel hat uns ab Mitte des letzten Jahres massiv zugesetzt“, sagt SMA-Chef Reinert. Das Unternehmen ist abhängig von internationalen Zulieferern – und indirekt auch von China. Denn von dort kommen die Fotovoltaik-Module, ohne die eine Energiewende nicht möglich ist. „90 Prozent der PV-Module werden in China hergestellt“, sagt Reinert. „Hier muss Deutschland beim Umbau der Energieversorgung achtsam sein.“

von Georg Buschmann, Philipp Frohn, Martin Gerth, Julia Groth, Heike Schwerdtfeger, Jan-Lukas Schmitt

Der Weggang von fossilen Energieträgern, das macht Reinerts Aussage deutlich, könnte Deutschland direkt in die Arme von China treiben. Vor dem Abhängigkeitsrisiko von China warnt auch Andreas Bett, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme. Insbesondere betreffe das die beiden Komponenten Siliziumwafer und Solarzellen. „Dort besitzt China nahezu ein Monopol.“ Die Lösung sei, die industrielle Produktion in Europa anzusiedeln.

Denn was passiert, wenn eine globale Lieferkette plötzlich zu reißen droht, hat SMA Solar im vergangenen Jahr erleben müssen, als zunehmend Chips fehlten, ohne die die Firma ihre Produkte nicht fertigen kann. Grund dafür sei, dass die Zulieferer des Unternehmens wie Texas Instruments größtenteils in den USA ansässig seien und hauptsächlich bei dem in Taiwan ansässigen Halbleiterhersteller TSMC fertigen ließen, sagt Reinert. „Die Kunden in diesen Regionen werden bevorzugt beliefert“, erklärt er. Europäische Unternehmen und dadurch am Ende auch SMA gehen dann leer aus.



In den ersten Monaten dieses Jahres hat sich die Situation kaum entspannt. Zwar konnte sich SMA Solar im ersten Quartal über einen Auftragsbestand im Volumen von mehr als einer Milliarde Euro freuen. Das sind 25 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Doch das Konzernergebnis für die ersten drei Monate liegt mit drei Millionen Euro mehr als 60 Prozent unter dem Quartalsergebnis von 2021. Und auch der Umsatz brach ein. Der Grund: der globale Chipmangel. Gegen Ende des Jahres rechnet der SMA-Chef allerdings mit einer Erholung.

Die Aktie ist gestiegen

Julia Hess, Projektmanagerin für das Projekt „Technologie und Geopolitik“ der Denkfabrik „Stiftung Neue Verantwortung“, ist etwas vorsichtiger bei ihrer Einschätzung, ob sich die Chipkrise bald legen könnte. Es sei nicht möglich, eine branchenübergreifende Prognose zu treffen. Strategien zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit einer Lieferkette hätten die Gemeinsamkeit, dass sie erst langfristig ihre Wirkung entfalten würden. Für die betroffenen Industrien sei es nun ratsam mit mehreren Zulieferern Verträge abzuschließen. „Wenn ein Unternehmen die notwendigen Ressourcen zur Verfügung hat, gibt es zudem die Möglichkeit, in die Forschung und das Design austauschbarer Komponenten im Halbleiter zu investieren“, rät Hess.

Streng genommen ist es nicht die Chipkrise alleine, die SMA im vergangenen Jahr Probleme bereitete. Im Geschäftsbericht ist auch die Rede von einem „Einmaleffekt“. Reinert erklärt, was es damit auf sich hat. Zum Geschäftsfeld von SMA Solar würden auch Betriebsführungs- und Wartungsdienstleistungen für Fotovoltaik-Kraftwerke gehören.

Würden diese PV-Kraftwerke über gewisse Größe und Technik verfügen, sei das ein lohnendes Geschäft. „Ein Geschäftspartner in den USA hatte aber ein großes Portfolio aus vielen, teilweise auch kleineren Kraftwerken, bei dem ganz unterschiedliche Technik zum Einsatz kam.“ Hier hätte SMA Solar die vertraglich festgelegten Leistungen aufgrund des teilweise schlechten technischen Zustands nicht erfüllen können. Nun wickele das Unternehmen den Vertrag ab. Für Abfindungszahlungen und weitere Kosten im Zusammenhang mit der vorzeitigen Vertragsauflösung hätte SMA Solar deshalb Rückstellungen gebildet. „Definitiv ist das ärgerlich“, so Reinert. Das Gute sei aber: „Der Fall wird sich definitiv nicht nochmal wiederholen.“

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Die Anleger scheinen sich über Chipkrise und Einmaleffekt keine allzu großen Sorgen zu machen. Die Aktie des im SDax gelisteten Unternehmens ist seit Jahresbeginn um mehr als 15 Prozent gestiegen. „Wir stellen uns mit unserer Strategie optimal für die Zukunft auf“, ist Reinert überzeugt. Außerdem sei das Unternehmen seit 40 Jahren im Geschäft und habe in dieser Zeit immer wieder Höhen und Tiefen erlebt.

Der wohl größte Tiefpunkt war 2014. „Massive Förderkürzungen und die günstigere Konkurrenz aus China sorgten dafür, dass der deutsche Solarmarkt regelrecht implodierte“, erinnert sich Reinert. SMA Solars Umsatz brach dramatisch ein, rund 1600 Stellen wurden abgebaut. Dagegen wirkt die Chipkrise für SMA Solar noch vergleichsweise harmlos.

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