Laut dem Bericht zahlte Anton Schlecker noch am 20. Januar 2012 sieben Millionen Euro an das Logistikunternehmen LDG zurück. Am 23. Januar meldete er Insolvenz an. „Die Zahlung dürfte“, so Geiwitz, „anfechtbar sein.“ LDG gehört Schleckers Kindern Meike und Lars. Sie hatten dem väterlichen Konzern über die LDG zuvor ein Darlehen in zweistelliger Millionenhöhe gewährt. Last-Minute-Rückzahlungen von Krediten kurz vor einer Insolvenz gelten unter Verwaltern generell als problematisch, da oft der Verdacht nahe liegt, das auf diesem Weg der Insolvenzmasse Geld entzogen wird, um bestimmte Gläubiger zu bevorzugen.
Im Jahr 2009 habe Anton Schlecker zudem zwei Grundstücke aus seinem Privatbesitz an seine Ehefrau und seine Kinder unentgeltlich übertragen. In den letzten Jahren seien zudem „wiederholt Geldschenkungen an die Kinder und Enkelkinder des Schuldners“ erfolgt. Fest steht allerdings auch: Schlecker hat in den vergangenen Jahren rund eine halbe Milliarde Euro aus seinem Privatbesitz in das Unternehmen gepumpt, seine Kinder haben Millionendarlehen an Schlecker vergeben und zählen zu den größten Gläubigern (siehe WirtschaftsWoche 23/2012). Hätte Anton Schlecker in großem Stil Vermögen beiseite schaffen wollen, hätte er nur frühzeitig die Rechtsform seines Konzerns ändern müssen.
Neben der Schlecker-Familie und den Arbeitnehmern könnte die Schlecker-Pleite unterdessen auch für Markenartikelhersteller wie Henkel gravierendere Folgen haben als bislang erwartet. Zwar hatte Henkel-Chef Kasper Rorsted vor wenigen Wochen gesagt, Schlecker habe für den Pril-, Persil- und Schwarzkopf-Hersteller keine große Bedeutung, denn der Anteil am Gesamtumsatz liege bei unter einem Prozent. Henkel erlöste 2011 mehr als 15 Milliarden Euro. Aber in der Industrie wächst die Furcht, die Schlecker-Pleite könnte sie härter treffen als zunächst angenommen. Auch aus dem Top-Management des Henkel-Konzerns heißt es nun, den Wegfall Tausender Schlecker-Läden könnten die Düsseldorfer mittelfristig empfindlicher spüren als erwartet. Wenn die Schlecker-Kunden zu den Konkurrenten wie dm oder Rossmann wechselten, merkten sie schnell, welche preiswerten und dennoch hochwertigen Eigenmarken diese Ketten anböten.
Schlecker erwirtschaftete mit ‧seinen wenigen Eigenmarken nur 17 Prozent des Umsatzes, wie aus einer Verkaufspräsentation der Unternehmensberatung McKinsey und der Rothschild-Bank hervorgeht. Bei dm ist der Anteil knapp doppelt so hoch, Rossmann kommt auf 24 Prozent – und der Anteil „wächst permanent“, wie ein Unternehmenssprecher sagt.
Erschwerend kommt hinzu: Das Duopol Rossmann und dm könnte künftig den Herstellern die Preise und Konditionen noch stärker diktieren als bisher. Auch dass ein Großteil der Kunden Shampoo und Seife künftig in Supermärkten und bei Discountern kauft, hilft Markenartiklern wie Henkel, Unilever (Dove), Beiersdorf (Nivea) oder Procter & Gamble (Ariel, Pampers) nur wenig. So rüstet sich der Rewe-Ableger Penny mit der eigens aufgelegten Kosmetik-Eigenmarke Today für die Neuaufteilung des Drogeriemarktes. Bis zum Jahresende sind rund 80 Today-Artikel geplant.