Druckerpatronen & Co. Alles Abzocke?

Kaffeekapseln für 40 Cent das Stück, Druckerpatronen so teuer wie der Drucker selbst, Staubsaugerbeutel, die in kein anderes Modell passen. Zocken die Hersteller den Verbraucher wirklich ab?

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Drucker sind billig wie nie. Doch Druckerpatronen kosten fast so viel wie ein neues Gerät. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms

Bei allem was wir kaufen, fragen wir uns: Bekomme ich genug für mein Geld? Wenn das Preis-Leistungsverhältnis für uns nicht mehr stimmt, fühlen wir uns abgezockt. Aber wo beginnt die Abzocke? Wann ist ein Preis zu hoch? Ist das, was wir als „gutes“ Preis-Leistungsverhältnis empfinden, individuell nicht sehr verschieden?

Ist Apples iPhone nicht unverschämt teuer?

Ist es nicht das Recht eines Herstellers wie Siemens, der in Forschung und Entwicklung investiert hat, Garantie und Kundenservice bietet, für jedes seiner Staubsaugermodelle unterschiedliche Beutel anzubieten?

Muss ein Kaffee-Kapsel-Hersteller wie Nespresso, der den Markt überhaupt erst aufgebaut hat und Millionen in Marketing und Werbung investiert hat, seine Kapseln günstiger anbieten, weil Nachahmer plötzlich günstigere Kapseln für sein System anbieten?

Dürfen Markenhersteller wie hp nicht noch an der Druckertinte verdienen, wenn die Preise für die Geräte bereits so niedrig sind, dass die Marge gen Null geht?

Kaffeekapsel, Druckerpatronen, Staubsaugerbeutel – drei Produkte, bei denen der Begriff Abzocke besonders häufig durch die Medien geistert. Aber was ist dran an den Vorwürfen?

Beispiel eins: Drucker

Der Preis für Drucker ist im Keller. Innerhalb der letzten zehn Jahre sind die Preise um 80 Prozent gefallen. Schon ab 60 Euro gibt es Geräte, die gleichzeitig in Farbe drucken, scannen, kopieren und faxen. Dabei ist selbst bei den günstigsten Geräten die Qualität inzwischen so gut, dass es kaum noch Verbesserungspotenzial gebe, erklärt Dirk Lorenz, der seit 13 Jahren bei der Stiftung Warentest Drucker testet. Das Geschäft machen Hersteller wie hp, Canon oder Samsung deshalb schon lange nicht mehr mit den Geräten selbst, sondern mit den Patronen. Die kosten fast genauso viel wie der Drucker selbst – 40 Euro für 200 Seiten ist Usus.

Ist das Abzocke? Wäre es nicht „fairer“ den Drucker wieder für das anzubieten, was er auch wert ist und dafür den Preis der Tinte auf ein für den Verbraucher nachvollziehbares Niveau zu senken? Preis- und Produktmarktforschung sind das Spezialgebiet von Bastian Morasch vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov. Sein Urteil: „Ist in einem Segment wie den Druckern bereits ein Niedrigpreisniveau erreicht, ist es für den einzelnen Hersteller extrem schwer, den Preis wieder anzuheben, solange es immer Mitbewerber gibt, die den alten, günstigen Preis beibehalten.“

Druckkosten Fotodruck: Die Preise für Tintendruck fallen, die für Toner steigen. Quelle: Stiftung Warentest

Vielmehr würde die Preissteigerung wahrscheinlich zu erheblichen Absatzverlusten führen – für die günstige Tinte würde sich keiner mehr interessieren, obwohl das Gerät im Unterhalt und auf längere Sicht gegenüber dem Wettbewerber viel günstiger wäre. Sind wir Verbraucher also zum Teil selbst schuld an der „Abzocke“ mit den Tintenpatronen? Tatsächlich gilt für alle Anschaffungen: Je höher der Preis, desto genauer schauen wir hin, desto preissensibler sind wir. „Das ist so gelernt“, erklärt Martin Fassnacht, Experte für Preismanagement, Dozent an der WHU – Otto Beisheim School of Management und wissenschaftlicher Direktor des Zentrums für Marktorientierte Unternehmensführung. Die Folgekosten habe bei einmaligen Anschaffungen kaum ein Kunde im Blick. Warum uns die teure Tinte so nervt, liegt aber noch an einem zweiten Phänomen. Fassnacht unterscheidet hier zwischen hedonistischen Produkten – also solchen, die uns Freude oder Genuss stiften und uns emotional bewegen - und utilitaristischen Produkten, das sind Produkte wie ein Drucker, der ganz einfach funktionieren soll, der sonst in der Ecke steht, dem wir keine weitere Beachtung schenken und für den wir deshalb nicht einen Cent mehr bezahlen möchten, als unbedingt nötig. Wann wir uns abgezockt fühlen, hängt also auch entscheidend mit dem Produkt zusammen, in das wir investieren.

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