Fahrradverleiher Tier übernimmt Nextbike und wird so zum Partner vieler Kommunen

Der für seine E-Roller bekannte Anbieter kauft das Leipziger Unternehmen. Tier verspricht sich davon unter anderem gute Kontakte in die Stadtverwaltungen.

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Das Unternehmen betreibt seit 2004 stationsbasierte Leihradsysteme in rund 300 Städten und 28 Ländern. Quelle: imago/ZUMA Press

Der traditionsreichste Anbieter von Sharing-Mobilität in Deutschland verliert seine Unabhängigkeit: Das Leipziger Unternehmen Nextbike wird vom Berliner E-Roller-Anbieter Tier Mobility gekauft. Das teilten Tier und der bisheriger Mehrheitseigner von Nextbike, Co-Investor Partners, am Montag mit. Tier bekommt so einerseits viele Tausend Fahrräder in 300 Städten in 28 Ländern hinzu. Andererseits wird Tier auch enger Partner mehrerer Kommunen.

Anders als die Generation der E-Scooter-Anbieter, die in den vergangenen vier Jahren entstanden sind, tritt das 2004 gegründete Nextbike meist als offizieller Partner von Städten oder Verkehrsverbünden auf. So betriebt der Anbieter etwa das Metropolrad Ruhr im Ruhrgebiet oder Potsdam Rad in der brandenburgischen Landeshauptstadt.

Auch im Ausland betreibt Nextbike Kooperationen - beispielsweise in Warschau. Das ermöglicht es dem Anbieter, in vielen Städten feste Stationen anzubieten und sich Fahrten subventionieren zu lassen. Einer der Hauptwettbewerber in dem Modell ist die Deutsche-Bahn-Marke Call a Bike.

Die Übernahme von Nextbike sei eine einzigartige Gelegenheit, sagte Tier-Gründer und -Co-Chef Lawrence Leuschner. Tier hatte vor kurzem 200 Millionen Dollar bei Kapitalgebern eingesammelt und seine Bewertung auf zwei Milliarden Dollar in die Höhe geschraubt. Mit dem frischen Geld werde das Berliner Unternehmen seine Expansion vorantreiben und Zukäufe stemmen, hatte Tier angekündigt.

Die Berliner haben nun einen Vorteil gegenüber ihren direkten Wettbewerbern. Schließlich ist die Branche immer stärker Regulierung in den Städten unterworfen. In Hamburg etwa müssen die Anbieter neuerdings sicherstellen, dass die Nutzer die parkenden Roller fotografieren. Eine eigens eingerichtete Kontrollstreife soll verhindern, dass zu viele Roller wild parken.

Als Partner von Städten könnte Tier nun engere Beziehungen aufbauen – und womöglich Nutzern der subventionierten Fahrradsysteme Kombiangebote mit den frei finanzierten E-Rollern machen.

Den Kaufpreis für die Übernahme nannten die beiden Partner nicht. Die jüngsten Bilanzzahlen im Bundesanzeiger stammen aus dem Jahr 2019, dem Jahr vor der Corona-Pandemie. Damals kam Nextbike auf 29 Millionen Euro Umsatz und knapp 1,5 Millionen Euro Verlust.

Trotz der Pandemie sei Nextbike zuletzt gewachsen, teilte Co-Investor Partners mit. In den vergangenen 18 Monaten seien 60 Projekte in 17 Ländern mit neuen Fahrrädern beliefert worden. So habe Nextbike eine Ausschreibung in Wien gewonnen und sei in Italien und Montenegro neu gestartet. In Köln erneuere der Anbieter die Flotte von Rädern im Auftrag des Verkehrsverbunds KVB.

Der Investor Co-Invest gibt pro Beteiligung 15 bis 30 Millionen Euro aus. Er war auch am Börsengang des Optikers Mister Spex beteiligt.

Bei Nextbike könnte auch einige Auffrischungsarbeit auf Tier warten: In einigen Städten sind die Räder sichtbar in die Jahre gekommen. Zudem ist Nextbike in der Zeit vor dem Aufkommen von Apps gestartet – bis vor einigen Jahren erfolgte der Verleih allein per Telefonanruf. Daher ist die Technik nicht immer ganz so komfortabel wie bei den jüngeren Anbietern, die gleich allein auf Apps bauen konnten.

Mit Agenturmaterial

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