Hauptversammlung Adidas präsentiert starke Zahlen mit Wehmutstropfen

Große Hoffnung lag auf dem Nordamerika-Geschäft. Ausgerechnet dort kämpft Adidas nun mit Lieferengpässen. Quelle: dpa

Auf der Hauptversammlung präsentiert sich der Sportartikelhersteller mit starken Zahlen. Allerdings machen das Europa-Geschäft und die Tochter Reebok Sorgen. Aktionärsvertreter mahnen außerdem menschenwürdige Löhne bei Zulieferern an.

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Kurz vor dem Firmenjubiläum im August hat sich Adidas seinen Aktionären mit Rekordzahlen präsentiert. „Wir werden 70 Jahre alt, aber keine Angst, wir fühlen uns fit wie ein Turnschuh“, sagte Vorstandschef Kasper Rorsted auf der Hauptversammlung Fürth. „In der Waschküche seiner Mutter fertigte er die ersten Schuhe“, erinnerte Rorsted an den Firmengründer. „Adi Dassler wäre stolz, wenn er sehen könnte, was aus seinem Adidas geworden ist.“

Der Umsatz des Sportartikelherstellers wuchs 2018 um 8 Prozent auf 21,9 Milliarden Euro, der Gewinn um 20 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Der Aktienkurs kletterte auf rund 250 Euro – alles Bestwerte in der Geschichte des Unternehmens mit 57.000 Mitarbeitern. Im laufenden Jahr soll der Erlös um 5 bis 8 Prozent wachsen, der Gewinn um 10 bis 14 Prozent. Aktionäre bekommen für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Dividende von 3,35 Euro je Anteil - 75 Cent mehr als 2017.

Für Ärger bei Investoren sorgte jedoch, dass die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung in der Bilanz den Wert der schwächelnden Adidas-Tochter Reebok als zu hoch bemängelte. Daraufhin musste eine Wertberichtigung von 572 Millionen Euro vorgenommen werden. Kleinaktionärsvertreter warfen dem Vorstand vor, den Buchwert der Fitness-Marke schönzureden. Finanzvorstand Harm Ohlmeyer versicherte, durch den Vorgang sei kein finanzieller Schaden entstanden.

Der Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Erik Besold, hinterfragte das Reebok-Investment insgesamt und fragte, ob für den Vorstand auch eine Trennung von der US-Tochter denkbar sei, die seit Jahren hinter den Erwartungen zurückbleibe. Rorsted, der vor zweieinhalb Jahren den Chefposten bei Adidas übernahm, sagte, er wolle an der Marke festhalten, weil sie Adidas auf dem Fitnessmarkt wichtige Wachstumspotenziale ermögliche. Außerdem sei Reebok 2018 in die Gewinnzone zurückgekehrt.

Indes bremsen Produktionsengpässe das Nordamerikageschäft – dort, wo Rorsted die größten Chancen für Adidas sieht. „Nachfragespitzen konnten nicht vollständig befriedigt werden“, räumte der Däne ein. Man habe aber zusätzliche Kapazitäten geschaffen, außerdem würden Waren per Flugzeug in die USA und nach Kanada transportiert.

Auch das schwache Europageschäft warf Fragen bei Aktionären auf. Hier stagniert der Umsatz, die Konkurrenten Nike und Puma holen auf. „Wir haben neue Produkte nicht sorgfältig genug im Markt platziert und auf Trends nicht schnell genug reagiert“, erklärte Rorsted. Im Heimatmarkt sei nun der Fokus wieder weg von Lifestyle- und hin zu Sportprodukten gelegt worden.

In einem Gegenantrag forderte der Dachverband der kritischen Aktionäre, dem Vorstand die Entlastung zu verweigern. Adidas zahle Beschäftigten in Kambodscha und Indonesien nur Mindestlöhne, die nicht für ein menschenwürdiges Leben reichten. Aus Kambodscha stammten fast 25 Prozent der Bekleidung, die Adidas herstellen lässt.

„Tariflöhne wären für die Beschäftigten in Kambodscha ein wichtiger Schritt hin zu existenzsichernden Löhnen“, sagte Sabine Ferenschild von der „Kampagne für Saubere Kleidung - Südwind“. Adidas weigere sich, sich an einem Textilbündnis in Kambodscha zu beteiligen, wodurch Tarifverhandlungen in dem asiatischen Land scheiterten. Der Antrag fand jedoch keine Mehrheit bei den Aktionären. Rorsted betonte, dass die mit Lieferanten vereinbarten Arbeits- und Vergütungsstandards regelmäßig überprüft würden und im Einklang mit dem Menschenrechtskonzept der Vereinten Nationen stünden.

von Henryk Hielscher, Volker ter Haseborg, Peter Steinkirchner

Die DSW kritisierte ferner das Adidas-Sponsoring von Real Madrid und sprach von „exorbitanten jährlichen Zahlungen“ an den spanischen Spitzenclub. Am Mittwoch gab Adidas die Verlängerung des Vertrags mit den „Königlichen“ bis Juni 2028 bekannt - ohne den finanziellen Rahmen zu nennen. Rorsted betonte, er und seine Vorstandskollegen seien sich jedoch sehr klar darüber, „wo die Obergrenze für unser finanzielles Engagement liegt“. Adidas entwirft und produziert das weiße Trikot mit dem Emblem der spanischen Krone seit 1998.

Neu in den Aufsichtsrat wählten die Anteilseigner neben Bertelsmann-Chef Thomas Rabe Daimler-Finanzvorstand Bodo Uebber und die chinesische Managerin Jing Ulrich. Nicht mehr zur Wahl an traten Deutsche-Post-Chef Frank Appel, die ehemalige Fußball-Nationalspielerin Katja Kraus sowie der Unternehmensberater Willi Schwerdtle. Der 74-jährige Aufsichtsratschef Igor Landau wurde aus Altersgründen nur bis 2020 wiedergewählt.

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