
Ex-Bundespräsident Christian Wulff ist wieder diplomatisch tätig. "Spargelbotschafter" ist der Titel. Er wirbt auf Einladung des Vorsitzenden des Vereins Niedersächsische Spargelstraße ein Jahr lang für die Spargelstangen aus seinem Bundesland. Niedersachsen produzierte im Jahr 2015 mit 25.253 Tonnen mehr als jedes andere Bundesland, rund 7000 Tonnen mehr als Bayern und NRW auf den Plätzen zwei und drei. Wenn es nach den Landwirten entlang des 1000 Kilometer langen "Spargelradwegs" geht, dann sind ihre Stangen natürlich die besten.
Wer nun mit Beginn der Spargelsaison regionalbewusste Gäste aus unterschiedlichen Hochburgen des Spargel bewirtet, sieht sich rasch in einer Diskussion darüber, dass der beste Spargel nun doch nun wirklich nur aus der eigenen Heimat kommen könne. Lokalpatriotismus ausgefochten am Beispiel Gemüse. Walbecker Spargel. Beelitzer Spargel. Schwetzinger Spargel. Keine Region, die nicht ihren Spargel für die wahren "Königinnen des Gemüses" hält.
Eine Bezeichnung, die schon Johann Wolfgang Goethe wählte, der oft zitiert wird mit den Worten "Der Spargel ist wahrlich der König aller Gemüse; bedauerlich nur, dass seine Herrschaft so kurz währt." Er baute ihn gar selber an und sendete angeblich seine ersten Stangen an seine Geliebte.
@LPJofficiel #quiafaitca "Réussir fruits & légumes magazine" nous présente #Darzilla le renouveau de l'asperge pic.twitter.com/Cd98PgqjMB
— qwill01 (@qwill01) 26. November 2013
Im Gegensatz zur Kartoffel, deren Herkunft den meisten Menschen egal ist, solange es eine ihrer Lieblingssorten Linda, Sieglinde oder Nicola ist, definiert sich Spargel über sein Herkunft. Der Stolz über den Boden sprießt mit den Köpfen aus dem Erdreich und der Kunde ist sich sicher: Unserer ist der beste. "Der Geschmack des Spargel ist schon auch abhängig vom Standort – also von der Bodenart. Aber bei Blindverkostungen haben zum Teil die regionalen Verkoster selbst ihren Spargel nicht herausgeschmeckt", sagt Bettina Artelt, Gartenbauingenieurin am Institut für Gartenbau der Hochschule Geisenheim.
Darzilla und der Monsterspargel
Spargel gibt es seit der Antike, doch erst in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts arbeiteten Züchter in den USA und Deutschland daran, den Anbau zu professionalisieren. Die traditionsreichen Sorten wie Ruhm von Braunschweig, Eros, Frühbote oder Mary Washington sind jedoch auf dem Rückzug.
Männliche Hybriden, die kaum oder wenige Samen tragen mit Namen wie Darzilla ("terrifyingly big asparagus"), Guelph Millennium F1 oder Xenolim F1sind heute im Angebot der Pflanzenzüchter zu finden. "Es werden aber nahezu jährlich neue Spargelsorten durch verschiedene Züchter vorgestellt", sagt Simon Schumacher, Geschäftsführer des Verbands Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauern.
Wer baut wie viel Spargel an?
In vielen asiatischen Rezepten werden die dünneren Stangen des Thai-Spargels verlangt. MIt 61.000 Tonnen liegt der südost-asiatische Staat auf Platz 5.
Bekannt ist das Land eigentlich für seine Fleischgerichte - doch Mexiko produzierte 2013 allein 125.000 Tonnen Spargel und liegt damit auf Platz 3.
Deutschland liegt mit etwa 100.000 Tonnen Produktionsmenge auf Platz vier im weltweiten Vergleich.
Auf den zweiten Platz schiebt sich mit 385.000 Tonnen ein Land, das mehr produziert als die fünf folgenden Nationen zusammen: Peru.
Der Abstand zum zweitplatzieren ist so gewaltig, dass es eine eigene Kategorie ist. 7.000.000 Tonnen Spargel produziert das Land. Und man ahnt es fast, wenn etwas sehr groß und viel ist, ist es: China.
Der Kunde kann vielleicht noch zweifelsfrei erkennen, welche Stangen gerade sind – welche Sorte aber zur jeweiligen Bodengattung passt, überfordert bisweilen selbst die Landwirte. "Es gibt dermaßen viele Fehler, die ein Spargelbauer machen kann, dass der Geschmack wirklich kein regionales Problem ist", sagt Jörg Springensguth, der Pflanzen und Zubehör für die Spargel- und Erdbeerernte verkauft. Den Spargelbauern helfen die Landwirtschaftskammern. Hätten deren Berater aber keine Ahnung, so Springensguth, sei die Region benachteiligt.
Für die Produzenten sind zahlreiche Entscheidungen zu treffen. Experimente gehen so zum Beispiel der Frage nach, ob schwarze oder weiße Folie über den Spargelbeeten bessere Ergebnisse zeitigen. Die Liebesmüh ist nicht vergeblich, wie das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, das Julius Kühn-Institut in Quedlinburg, in einem wissenschaftlich ausgeführten Testessen mit Konsumenten ermittelte: "Spargelverbraucher sind in der Lage, Sortenunterschiede zu schmecken."
Passt zum Spargel
Sie zählt zu den technisch schwierigeren Saucen der feinen Küche. Die Bestandteile Eigelb und flüssige Butter ergeben im besten Falle ein schaumiges Wunder, im schlechtesten Fall Rührei. Basis sind Weißwein (Fortgeschrittene reduzieren zuvor Weißwein, Essig, Schalotten und weiße Pfefferkörner), Eigelb und reichlich flüssige Butter, am besten geklärt. Und dann beginnt das Schlagen. In die schaumig gerührten Eigelbe wird über dem Wasserbad in dünnem Strahl die flüssige Butter eingegossen. Wird das Wasserbad zu heißt, stockt das Ei, mit kaltem Wasser lässt sich was retten. Abschmecken mit Zitronensaft, Salz, Pfeffer.
Die Bernaise ist im Grundsatz nichts anderes als die Hollandaise nur mit Estragon. Der kann zu Beginn in der Weißweinreduktion mitgekocht werden und wir vor allem am Ende feingehackt unter die fertige Hollandaise verrührt.
Geduld, Geduld, Geduld. Bei mildester Hitze wird die Butter im Topf geschmolzen und langsam und vorsichtig abgegossen, so dass nur das schiere Fett über den Spargel kommt und die weißen Bestandteile im Topf bleiben.
Zehn bis zwölf Jahre, so Schumacher, benötige eine Neuzüchtung, die dann ihre Qualitäten gegenüber den Platzhirschen beweisen muss. "Neue Sorten schmecken immer besser, kosten aber deutlich mehr. Daher bauen viele die alten Sorten an, aber die schmecken nicht so gut" meint Pflanzenhändler Springensguth.
Dem Kunden bleibt meist eh keine Wahl, es kann nur gekauft werden, was vor Ort zur Verfügung steht. Gerade bei der Lagerung würden mit die meisten Probleme entstehen, sagt Bettina Artelt, umso wichtiger ist für den Kunden, dem Spargel mit dem kürzesten Weg zu wählen. Auch Simon Schumacher sagt: "In jeder Region ist für die jeweiligen Verbraucher der frischeste Spargel der Beste. Und das ist natürlich aufgrund der kurzen Transportwege der Spargel vom Spargelerzeuger vor Ort." Was erklärt, warum alle Menschen immer glauben, der Spargel ihrer Heimat sei der beste: Er ist schlicht der frischeste.