Luftfahrt in Deutschland Billigflieger schließen Air-Berlin-Lücke

Quelle: dpa

Im Herbst hatte das Aus von Air Berlin eine Lücke in den Luftverkehr gerissen – im März wird sie geschlossen sein. Das sind die Gründe.

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In Berlin haben sich die Gläubiger von Air Berlin getroffen, um Einblick zu erhalten in das spektakulärste Insolvenzverfahren der vergangenen Jahre. Es ist die große Abrechnung – in kleiner Runde.
von Henryk Hielscher

Die europäischen Fluggesellschaften nehmen Deutschland ins Visier. Das geht aus aktuellen Zahlen hervor, die der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) am Donnerstagvormittag in Berlin vorstellte. Danach haben etwa die Billig-Airlines wie Ryanair, Easyjet oder auch Eurowings ihr Sitzplatzangebot zwischen 2011 und 2017 um satte 187 Prozent ausgebaut. „Diese Entwicklung wird auch im laufenden Jahr voranschreiten“, ist Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des BDL, überzeugt.

Für die Fluggäste sind das gute Nachrichten. Nach der Pleite von Air Berlin und dem Betriebsende der Airline Ende Oktober vergangenen Jahres war das Sitzplatzangebot in Deutschland um 21 Prozent eingebrochen. Die Folgen waren ein Angebotsengpass und deutlich steigende Preise. Nach Berechnungen des BDL wird diese Lücke allerdings im März des laufenden Jahres schon zu 97 Prozent durch die Expansion anderer Airlines wieder geschlossen sein. Da viele Fluggesellschaften für die dann folgenden Monate bereits ein weiteres Kapazitätswachstum angekündigt haben, dürfte das Sitzplatzangebot im Laufe des Jahres über dem Niveau von 2017 liegen, als Air Berlin noch aktiv war. Günstige Preise dürften damit auf vielen Strecken vorerst gesichert sein. „Wir stellen fest, dass der Druck auf die Preise anhält“, so von Randow.

Der Boom hat allerdings Folgen. Da er stark von Airlines mit Sitz außerhalb von Deutschland getrieben wird, verlieren deutsche Fluggesellschaften im Heimatmarkt an Boden. Von 2011 bis 2017 sei ihr Marktanteil von 62 auf 55 Prozent gesunken, so von Randow. Gleichzeitig sei der von den ausländischen Fluggesellschaften von 38 auf 46 Prozent gestiegen. „Das liegt nicht nur aber auch an den Rahmenbedingungen hier in Deutschland“, sagte der Hauptgeschäftsführer mit Blick auf Belastungen wie etwa die Luftverkehrssteuer.

Ein weiteres Problem: Die Infrastruktur folgt dem Wachstum nicht. In München wird seit Jahren über den Bau einer dritten Startbahn diskutiert, es wird aber nichts entschieden, obwohl der Flughafen schon jetzt etwa Billig-Airlines nicht die gewünschten Slot-Paare anbieten kann. Das sind Zeitfenster für Starts und Landungen, die so liegen, dass die Flugzeuge auch effektiv eingesetzt werden können und nicht zu lange am Boden stehen müssen. In Düsseldorf wiederum wird emotional um die Aufhebung von Betriebsbeschränkungen debattiert, damit die vorhandenen Bahnkapazitäten besser ausgenutzt werden können. Auch hier kann der Flughafen den Bedarf kaum noch decken.

Die Folgen lassen sich in den BDL-Statistiken ablesen. Zwar wuchs die Verkehrsleistung der deutschen Airlines im vergangenen Jahr um 3,1 Prozent. Wäre Air Berlin nicht insolvent gegangen, hätte das Plus wohl sogar rund fünf Prozent betragen. Doch das ist immer noch weniger als das Wachstum in Europa. Dort legten die Airlines 2017 um 8,2 Prozent zu, weltweit waren es 7,6 Prozent. „So sehr wir uns über das Wachstum freuen, sind wir doch ernsthaft besorgt, dass deutsche Unternehmen das sechste Jahr in Folge nur unterproportional profitieren“, so von Randow.

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